Von ihrer Mutter waren sie damals schon getrennt. Die letzte Nachricht von ihrer Tochter bekam Senada S. am 10. März 2019. „Bei mir ist das Internet schlecht“, schrieb sie. Dann brach der Kontakt ab.
„Meine Tochter wollte mit ihren Kindern weg. Sie ist mit zwei Frauen aus Deutschland und deren Kindern auf der Flucht gewesen“, erzählt Senada S. Plötzlich sei die Gruppe beschossen worden, Sabina wurde am Oberarm getroffen. Sie habe viel Blut verloren, sei bewusstlos geworden. Und irgendwann habe sie ihren Begleiterinnen gesagt: „Bringt wenigstens meine Kinder in Sicherheit und informiert meine Mutter.“
Als Senada S. die Todesnachricht bekam, brach für sie eine Welt zusammen. Außerdem erzählten die deutschen Begleiterinnen, dass Sabina noch in der Nacht davor gesagt habe: „Ich will nicht sterben. Ich will mit meinen Kindern nach Österreich.“ In Senada S. wuchs der Entschluss, zumindest ihre Enkel nach Österreich zu bringen.
Tatsächlich gelang es ihr, in das kurdische Gefangenenlager zu kommen und dort nach ihnen zu suchen – und sie schaffte es (nach einem DNA-Test als Bestätigung) mithilfe der Behörden auch, die Buben im Alter von 2 und 3,5 Jahren nach Österreich zu bringen.
Blickkontakt
Doch auf dieser Reise geschah noch etwas anderes: In einem Krankenhaus will Senada S. ihre totgeglaubte Tochter erkannt haben: „Ich konnte nur ihre Augen sehen. Sie hat mir mit den Händen gedeutet, dass ich nichts sagen soll. Wir haben uns minutenlang nur angeschaut.“
Am folgenden Tag musste Senada S. Syrien verlassen. Und seither sucht sie nach einer Möglichkeit, mit Sabina Kontakt aufzunehmen und auch sie nach Österreich zu bringen.
„Wie ich später erfahren habe, wurde Sabina von zwei kurdischen Männern gerettet. Sie haben sie in ein Krankenhaus gebracht.“ Und sie sei nicht die Einzige, die ihre Tochter gesehen habe, betont sie: „Ich habe auch noch andere gefunden, die mir bestätigt haben, dass es sich um Sabina gehandelt hat. Aber mittlerweile ist sie von den Kurden anderswo hingebracht worden. Es kam die Polizei und hat sie von dort weggebracht. Wohin genau, ist unklar.“ Senada S. vermutet, dass ihre Tochter verkauft wurde und als Geisel gehalten wird.
Die 44-Jährige hat bereits mit mehreren Behörden Kontakt aufgenommen. „Aber keiner sagt mir, wo meine Tochter ist.“
„Frau S. hat uns ihre Vermutungen mitgeteilt. Wir haben die Angaben an den Suchdienst des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz weitergeleitet, der diese bislang nicht bestätigen konnte“, heißt es vonseiten des Außenministeriums. Insgesamt sind dem Außenministerium ein Dutzend österreichische Staatsangehörige in Lagern in Nordostsyrien bekannt. „Etwa die Hälfte davon sind Kinder.“ Konkretere Angaben könne man aber aus „datenschutzrechtlichen Gründen“ nicht tätigen.
Unter diesen Personen dürfte sich die Salzburgerin Maria G. mit ihren Kindern befinden. Nach ihr wird mit Haftbefehl wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation gefahndet.
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