Sabina S.: Lebenszeichen aus der letzten Hochburg des IS

Sabina S.: Lebenszeichen aus der letzten Hochburg des IS
Die junge Wienerin reiste im Jahr 2014 nach Syrien. Sie lebt noch heute dort. Ihre Mutter hofft auf eine Rückkehr.

Senada S. erträgt die Nachrichten nicht. Wenn wieder einmal über Syrien berichtet wird – über die Luftangriffe, oder darüber, dass es nur noch wenige Gebiete gibt, in denen sich der IS behaupten kann. Dann schaut Senada S. weg. Ihre Tochter Sabina ist dort irgendwo. Wo genau, weiß die Wienerin mit bosnischen Wurzeln, nicht. „Da wird mir schlecht“, sagt Senada S. Das wird sie noch öfters sagen, während sie keinen einzigen Schluck von ihrem Tee nimmt.

Vor wenigen Tagen war das Gesicht ihrer Tochter wieder in allen Medien. Da wurde bekannt, dass Senada S.  gemeinsam mit ihrem Rechtsanwalt Clemens Lintschinger die Republik klagt. Denn Sabina war erst 15 Jahre alt, als sie am 10. April 2014  mit ihrer Freundin Samra (damals 16) nach Syrien reiste.  „Das verstehe ich einfach nicht“, meint die Mutter. „Warum hat bei der Grenzkontrolle niemand nachgefragt? Warum konnte sie einfach so ausreisen?“

Sabina S.: Lebenszeichen aus der letzten Hochburg des IS

Senada S. malt sich oft aus, wie es wäre, wenn ihre Tochter wieder hier wäre.

Diese Frage treibt sie an.  Aus zwei Gründen. „Ich habe meine Tochter verloren. Das tut unglaublich weh. Und ich will nicht, dass so etwas wieder passiert."

Die gute Nachricht: Die mittlerweile 19-jährige Sabina lebt. Auf einem aktuellen Foto, dass ihre Mutter zeigt, ist eine junge, hübsche Frau zu sehen. Geschminkt, und ohne Verhüllung. Als würde sie sich gleich mit Freunden treffen. Doch Sabina ist nach wie vor beim IS in Syrien. „Alle drei Tage meldet sie sich“, sagt Senada S. Unter welchen Umständen, darüber will sich ihre Mutter keine Gedanken machen. „Einmal hat ein Mann zum Verfassungsschutz zu mir gesagt ,Sabina hat sehr viel gesehen.'"

Ihre Tochter erzählt nur wenig. Es geht ihr gut, schreibt sie regelmäßig aus einem Internet-Cafe. Sie schreibt nicht, wie es rund um sie aussieht. Sie fragt stattdessen, wie es ihrem Papi und dem Bruder geht. Was Senada S. gekocht hat. „Da gibt es mir immer einen Stich“, erklärt die Frau.  „Dann denke ich daran, dass in Syrien Krieg ist, dass sie sicher nicht genug zu essen hat.“

Senada S. arbeitet Vollzeit. Sie reist viel. Das lenkt sie ab. Die Wohnung, in der die Familie mit Sabina gewohnt hat, hat die Familie verlassen. Es waren zu viele Erinnerungen dort. Außerdem lebte Samras Familie gleich nebenan.

Samra, die Freundin, die die Reise geplant haben soll, die Tickets kaufte. Was mit ihr geschehen ist, ist unklar. Medien berichteten darüber, dass sie als „Sexsklavin“ missbraucht wurde und nach einem gescheiterten Fluchtversuch erschlagen worden sein soll. Bestätigt wurde das nie. Auch Samra könnte noch leben. Sie sei es gewesen, die Sabina angestiftet hat, ist die Mutter überzeugt. „Sie hat vermutlich gedacht, dass sie nach ein paar Tagen wieder nach Hause reisen kann. Sie hat ja auch nichts von zu Hause mitgenommen.“

Außer den Pass, 100 Euro und ein Bild ihres kleinen Bruders.

Oft malt sich Senada S. aus, was wäre, wenn ihre Tochter zurückkehrt. „Am Anfang wäre es schwer“, sagt sie. „Auch deshalb, weil sie dann vor Gericht müsste, wahrscheinlich ins Gefängnis kommen würde. Aber das ist egal. Hauptsache, sie wäre wieder hier.“ Ihre Tochter, mittlerweile eine junge Frau, habe sich kaum verändert, ist sie überzeugt. Früher wollte sie Apothekerin werden, hat deshalb extra das Gymnasium besucht um Latein zu lernen. Jetzt spricht sie fließend arabisch. „Sie hat Angst“, ist ihre Mutter überzeugt. „Wenn ich daran denke, wird mir ganz schlecht.“

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