"Mister Gürtel-Pool": Gerhard Zatlokal tritt mit Ende September zurück
Es dauert, bis Gerhard Zatlokal zum Punkt kommt.
58 Minuten vergehen, bis er Montagvormittag sagt: „Mit 30. September lege ich mein Amt zurück“. 58 Minuten, in denen der langjährige Vorsteher des 15. Bezirks (SPÖ) Bilanz zieht. Und Projekte aufzählt, durch die sich der 15. Bezirk in den vergangenen 14,5 Jahren unter ihm verbessert hat: Der Bezirk war der erste außerhalb des Gürtels, der das Parkpickerl einführte („So haben wir die Überlegungen der Nachbarbezirke angestoßen“), der ein Bildungsgrätzel etablierte („Das hat Stadtrat Czernohorszky übernommen“), der eine Fahrradstraße errichten (Goldschlagstraße) und eine Wohnstraße bemalen ließ (Staglgasse).
Mit der Verkehrsberuhigung rund um den Ikea am Westbahnhof erreichte das Grätzel eine neue Wohnqualität. Und mit dem 2011 gesetzten Ende der Straßenprostitution der Bezirk eine ganz neue Lebensqualität. Als Zatlokal 2008 den 15. Bezirk übernahm, war die Straßenprostitution allgegenwärtig: auf der Wienzeile, der Sechshauser und der Mariahilfer Straße, der Felber- und der Hütteldorfer Straße – also auch im Wohngebiet. „Präservative, Kot – alles mögliche war in den Hauseingängen zu finden“, sagt Zatlokal. Dass die Stadtregierung schlussendlich ein Verbot der Straßenprostitution im Wohngebiet verhängte, erfolgte auf Drängen des Bezirks – und der Anrainerinnen und Anrainer. „Für mich war das ein großer Schritt“, sagt Zatlokal.
Und keiner, wie er betonte, der etwas mit Moral zu tun hätte.
Man sieht Zatlokal am Montag an, dass ihm dieser letzte Auftritt nicht leicht fällt. Man sieht ihm auch an, dass er auf das, was er durchgebracht hat, stolz ist. Zum Gürtel-Pool, seinem „Lieblingsthema“, kommt er in seiner Bilanz erst nach knapp 40 Minuten. Wegen des Pools hat er sich mit seiner Partei und Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) überworfen. „Was ich unterschätzt habe war, dass mir meine Freunde im Rathaus das so übel nehmen.“
Deswegen könnte er sich den Pool „nicht einmal mehr auf ein Privatgrundstück stellen“. Überzeugt von der Idee ist er noch immer: „Die Stadtregierung hätte die Größe haben sollen, den Pool jedes Jahr für vier Wochen aufzustellen.“
Keine Zustimmung vom Bürgermeister
Dass er nun schon mit Ende September – statt wie geplant Ende Dezember – zurücktritt, habe vor allem mit seiner Nachfolge zu tun. „Man sollte eine gerade Linie ziehen“, sagt Zatlokal. Zuletzt sei es vor allem für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Fachdienststellen schwierig gewesen. Sie hätten nicht gewusst, wer Ansprechpartner im Bezirk ist: Noch der aktuelle oder schon der baldige neue Bezirkschef? Bei der 75-Jahr-Feier der Wiener SPÖ-Parteischule am 3. September sei seine Idee aber noch gereift. Dort, wo er in den 1980er-Jahren noch gelernt habe, wie man Politik macht, gehe es jetzt vor allem um Disziplin. "Ich bin ja nicht mehr beim Militär", sagt Zatlokal.
"Für den Bezirk ist es das beste, wenn ich jetzt gehe. Denn das Schlechteste ist der Stillstand", sagt Zatlokal. Er habe "nicht mehr die Zustimmung des Bürgermeisters und der Stadträtin". Gemeint ist Planungsstadträtin Ulli Sima (SPÖ), mit der sich laut Zatlokal die Zusammenarbeit deutlich schwieriger gestaltet als mit Simas grüner Vorgängerin Birgit Hebein.
Zatlokal vergisst an diesem Montag auch nicht, zu erwähnen, woran er gescheitert ist: an der Umgestaltung des Rustenstegs, an der Gestaltung des Westbahngeländes. Um die darf sich nun der designierte neue Bezirksvorsteher – Dietmar Baurecht – kümmern. Binnen eines Monats muss er nun offiziell gewählt werden.
Trotz aller Kritik bleibt Zatlokal SPÖ-Mitglied. Denn die Sozialdemokratie, das seien nicht einzelne Personen. „Es kommt darauf an, ob man sie lebt oder nicht.“
Mit 1. Jänner 2023 kehrt Gerhard Zatlokal in seinen ursprünglichen Job zurück: Er wird wieder Elektroinstallateur bei der Wien Energie.
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