Michael Ludwigs Corona-Wahlkampf
Egal, wie sich die Erkrankungszahlen weiter entwickeln: Wegen der Corona-Pandemie steht Wien dieses Jahr ein Wahlkampf wie noch nie bevor.
So verzichtet die SPÖ heuer auf die traditionellen Großveranstaltungen zu Beginn und am Ende des Wahlkampfes, der erst Mitte September beginnen soll. Das verriet Landesparteisekretärin Barbara Novak am Montag nach dem Beschluss der Kandidatenliste und des Wahlprogramms.
Wien-SPÖ mit Corona-Themen im Wahlprogramm
Anstelle der klassischen roten Events soll der Wahlkampf so weit wie möglich ins Internet verlegt werden – mit eigenen TV-Angeboten und Podcasts. Für Zielgruppen, die weniger Internet-affin sind, wird es laut Novak „sehr kleinteilige“ Veranstaltungen geben.
Etwa Mini-Grillpartys in den Kleingärten oder Spaziergänge auf den Stadtwanderwegen mit einer Handvoll Teilnehmer.
Michael Ludwig, der zum ersten Mal als Bürgermeister in eine Wahl zieht, setzt wie berichtet auf klassische SPÖ-Themen wie Arbeit, Gesundheit und Wohnen. Angepasst an die aktuelle Situation lautet die Botschaft: Es sind gerade die sozialdemokratischen Grundsätze, die Wien die Krise bis dato relativ gut überstehen ließen.
Etwa ein Nein zu Privatisierungen im Spitalsbereich. „Die Krise hat gezeigt: Wir können es, und wir haben Visionen für die Zukunft“, so Ludwig.
Hauptgegner ÖVP
In den vergangenen Wahlkämpfen hat die Wiener SPÖ freilich weniger aufgrund herausragender inhaltlicher Ansagen reüssiert, sondern mit der scharfen Abgrenzung gegenüber dem ideologischen Gegner.
Der Kontrahent im „Kampf um Wien“ wird dieses Mal nicht das implodierende dritte Lager werden, sondern vor allem die Bundes-ÖVP. Mit ihrer gebetsmühlenartigen Kritik an den Corona-Maßnahmen der Stadtregierung gibt sie für die SPÖ den Wahlkampf-Reibebaum ab, der zur Mobilisierung der eigenen Klientel beitragen könnte.
Schon jetzt zeichnet sich in Umfragen ab: Anders als die ÖVP vermag die SPÖ kaum vom Zusammenbruch der FPÖ zu profitieren, der für eine enorme Zahl an heimatlosen Wählern sorgt.
Vielmehr rittert man mit dem grünen Koalitionspartner um eine eher linke, ökologisch sensible Wählerschicht. Das zeigt sich daran, wie stark Ludwig das Thema Umwelt und Klima betont. Dabei kommt er nicht ohne kleine Seitenhiebe auf den Noch-Koalitionspartner aus: „Wir drehen nicht an den kleinen Schauben, uns ist das große Ganze wichtig.“
Grüne sind erste Wahl
Soll heißen: Photovoltaik-Kraftwerke statt Pop-up-Radwege. Derartige Kleinprojekte werden aktuell von den Grünen massiv forciert. Nicht alle verstehen deren Nutzen. Das gilt auch für namhafte SPÖ-Funktionäre, die zuletzt die grünen Projekte massiv kritisierten.
Noch ist es aber zu früh, aus dem rot-grünen Geplänkel ein zwingendes Aus für diese Regierungsform abzuleiten. Im Gegenteil: Nach der Wahl bleiben die Grünen für die SPÖ erster Ansprechpartner, ist aus höchsten Parteikreisen zu vernehmen. Dort geht man davon aus, dass Rot-Grün in der Bevölkerung, aber auch in der SPÖ nach wie vor die beliebteste Regierungsform ist.
Und weiter gelte die Doktrin von Michael Häupl: Man streitet lieber mit den Grünen um Straßen als mit der ÖVP um Bildung.
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