Massive Vorwürfe gegen Wiener Ärzte-Vertreter
Am kommenden Dienstag wird in der Wiener Ärztekammer eine neue Ära eingeläutet. Bei der konstituierenden Vollversammlung nach der Wahl im März soll der ÖVP-nahe Johannes Steinhart zum neuen Wiener Kammerpräsidenten gewählt werden. Er löst damit den SPÖ-nahen Thomas Szekeres ab, der seit 2012 das Amt innehatte.
Im Vorfeld der Vollversammlung kommt es nun aber zu groben Misstönen. Sie betreffen aber nicht Steinhart, sondern einen anderen Spitzenfunktionär: Stefan Ferenci, Kinder- und Jugendpsychiater und unter Szekeres Finanzreferent der Wiener Kammer. Bei der jüngsten Wahl kandidierte er für die Liste „Turnusärzte für Turnusärzte“, die nunmehr Teil jener Koalition ist, die Steinhart unterstützt. Davor waren die Turnusärzte noch Mitglied der Szekeres-Koalition.
Ferenci selbst wurde in jenen Wahlkörper der Kammer gewählt, der die Turnusärzte vertritt. Und genau das empört nun einige seiner Kollegen. Sie wundern sich, wieso jemand, der 2015 bis 2017 bereits als Oberarzt in Hinterbrühl arbeitete und seit 2018 eine Kassenordination in Baden sowie eine Wahlarztpraxis in Wien betreibt, nun plötzlich Ärzte in Ausbildung vertritt.
Zwar ist Ferenci seit Ende des Jahres 2021 offiziell Turnusarzt in einer allgemeinmedizinischen Kassenordination in Wien – in Ärztekreisen wird aber schon seit längerem geunkt, dass die Anmeldung nur erfolgte, um über die Turnusärzte-Liste ins das Ärzteparlament einziehen zu können.
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Nun wurde die Causa sogar zur Anzeige gebracht. Der Vorwurf gegen Ferenci: Wahlbetrug. Gegenüber dem KURIER wehrt sich der Arzt vehement: „Meine Kandidatur wurde sowohl von den zuständigen Stellen in der Kammer als auch extern von der Wiener MA 40 (Gesundheit) geprüft. Dabei gab es keine Beanstandungen.“ Dies bestätigt auch Thomas Holzgruber, Kammeramtsdirektor in der Wiener Ärztekammer, gegenüber dem KURIER. „Es war alles korrekt“, betont er. Seines Wissens nach sei alles in Ordnung, sagt auch Szekeres.
Ferenci erklärt, warum er nun als fertiger Facharzt den Turnus in einer Allgemeinmedizin-Praxis nachholt: „Ich habe 2009 mit meiner Facharzt-Ausbildung am Rosenhügel begonnen und konnte den Turnus daher nicht fertig machen.“ Inzwischen habe sich herausgestellt, dass er in der alltäglichen Praxis sehr wohl erforderlich sei. Oft würden die Eltern seiner jungen Patienten ebenfalls an psychischen Störungen leiden und müssten daher mitbehandelt werden. „Mit meiner Facharzt-Ausbildung würde ich mich strafbar machen, wenn ich ihnen nur ein Antidepressivum verschreibe.“
In Ärztekreisen wird kritisiert, dass man schwerlich eine Ordination betreiben und zugleich eine Turnusarzt-Ausbildung machen könne. „Zeitlich geht sich das aus“, kontert der Mediziner. „Meine Ordination hat 20 Stunden pro Woche offen, in der Lehrpraxis bin ich 15 Stunden.“
Er wundert sich über die Vorgehensweise gegen ihn: „Wenn Wahlbetrug vermutet wird, warum wird dann nicht die Wahl angefochten?“, betont er. Merkwürdig sei auch, dass man mit dieser Aktion bis kurz vor der konstituierenden Sitzung des Ärzte-Parlaments gewartet habe.
Doppelfunktionen
Die Doppelbeschäftigungen von Ärztekammer-Funktionären sorgen immer wieder für Diskussionen. Prominentestes Beispiel ist der künftige Präsident Steinhart selbst. Er war bis 2015 Ärztlicher Leiter des Krankenhauses „Göttlicher Heiland“, jedoch zu diesem Zeitpunkt schon Wiener Kurienobmann der Niedergelassenen Ärzte. Möglich war das, weil Steinhart auch eine Urologie-Ordination in Simmering betreibt.
Die Regel lautet: Bei solchen Doppelfunktionen muss man sich vor der Wahl für eine Ärztegruppe entscheiden, für die man antritt.
Kurioserweise kann man aber gleichzeitig in zwei Länder-Ärztekammer sitzen. Einer, der davon Gebrauch macht, ist Stefan Ferenci. Er ist auch Fachärzte-Vertreter in der nö. Ärztekammer.
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