Bürgerinitiativen machen Stimmung gegen Fuzo

Nun machen die Gegner der Mariahilfer-Straße-Fuzo mobil
"Jeder ist sauer." Bürgerinitiativen schließen sich gegen den Umbau zusammen, Befürworter kontern.

In fünf Tagen beginnt die Abstimmung über die Zukunft der Mariahilfer Straße. Nicht nur Regierung und Opposition laufen für oder gegen den Umbau der Mariahilfer Straße, auch Bürgerinitiativen machen mobil. Vier Plattformen gegen die Fuzo haben sich zusammengeschlossen. Die Initiativen „pro1070“, „Nein zur Umgestaltung der Mariahilfer Straße“, „Rettet die Burggasse und „Agenda-Stadt“ trommelten am Dienstag gemeinsam gegen den Umbau der Einkaufsstraße.

„Es geht uns nicht darum, die grüne Politik in Frage zu stellen, aber hier geht es nicht um Grün, sondern um die Sinnhaftigkeit“, sagt Christian Jirik von der „Initiative pro 1070“. Jirik und seine Mitstreiter hatten sich vor zwei Jahren erfolgreich gegen eine Fußgängerzone in der Gardegasse in Neubau eingesetzt. „Bei der Mariahilfer Straße ist es das selbe Muster wie damals“, sagt Jirik. Es werde einfach über die Köpfe der Bürger hinweg bestimmt, die diesen Umbau gar nicht wünschten. „Egal mit wem ich spreche, jeder ist sauer“, sagt Jirik: „Wenn die Abstimmung für die Fußgängerzone ausgeht, würde ich mich sehr wundern und fragen, ob alles mit rechten Dingen zugegangen ist. “

Die Fragestellung sei bewusst kompliziert gestaltet worden, um die Bürger zu verwirren, sagt sein Mitstreiter Michael Phillips: „Unser Ziel war es, eine verbindliche Ja-oder-Nein-Abstimmung zu bekommen, bei dem natürlich auch die Geschäftsleute eingebunden sind.“

Unterschriften

Dafür hat die Initiative mit Unterstützung der Kaufleute seit Wochen Unterschriften gesammelt. 2824 sind es schlussendlich geworden, sie wurden am Dienstag bei einer Pressekonferenz präsentiert. Zusätzlich wollen die Bürgerinitiativen nun einen Bürgerbrief samt Empfehlung zum „Nein“ an alle Haushalte im sechsten und siebenten Bezirk verschicken. Darin ist – mit Verweis auf das „Labyrinth aus Einbahnen“ inklusive Parkplatzverminderung – zu lesen, dass das Verkehrsberuhigungskonzept gescheitert sei. „Die Mariahilfer Straße war eine funktionierende Einkaufsstraße“, sagt Mandana Alavi Kia von der Initiative „Rettet die Burggasse“. Durch die Verkehrsberuhigung habe man nun den Verkehr in den Nebengassen. Moniert wird außerdem, dass Gewerbetreibende und Arbeitnehmer nicht an der rot-grünen Befragung teilnehmen dürfen.

„Dabei beweist die Bezirksvorsteherin des ersten Bezirks Ursula Stenzel gerade, dass man sehr wohl die Bürger als auch die Geschäftsleute in die Befragung miteinbeziehen kann“, sagt Phillips. Kritik gibt es auch an den hohen Umbaukosten. „Der Stadt fehlt sowieso schon überall das Geld“, sagt Andreas Habicher von der Initiative „agenda-stadt.at“.

Auch an der Planung wird kein gutes Haar gelassen. „Das ist so ein großer Umbau, aber einen städtebaulichen Wettbewerb hat es nicht gegeben“, kritisiert Roswitha Neu. Durch den Umbau werde es kein bisschen grüner werden, da wegen der U-Bahn keine Bäume gepflanzt werden könnten. Neu: „Das Grün auf den Plakaten ist nur aufgemalt.“

Nicht nur Gegner, auch Befürworter der neugestalteten Mariahilfer Straße lassen sich dieser Tage einiges einfallen, um die Anrainer vom neuen Verkehrskonzept zu überzeugen – mit zum Teil sehr kreativen Ideen.

Unter dem Motto „I love Mahü Neu“ werden Aktivisten zum Valentinstag am Freitag um 14 Uhr Blumen an Passanten verteilen. Zusätzlich werden „Free Hugs“ – also Umarmungen – angeboten und Liebeslieder gespielt.

Bürgerinitiativen machen Stimmung gegen Fuzo
„Wir wünschen uns schon lange eine Stadt mit mehr Lebensqualität für die Menschen“, sagt Initiatorin Hanna Schwarz von der Plattform „Autofreie Stadt“. Gerade die Mariahilfer Straße sei innerstädtisch einer der wenigen Freiräume für die Wiener. „Man merkt schon jetzt, dass es auf der Mariahilfer Straße deutlich leiser ist, und man entspannt mit den Kindern auf der Straße flanieren kann“, sagt Schwarz. Also werden am Freitag neben Blumen auch Infofolder verteilt, die dazu aufrufen, über die Zukunft der Mariahilfer Straße abzustimmen. Für Schwarz ist aber schon klar, wie sie abstimmt. „Ich möchte, dass das tolle Ding bleibt.“

Im Internet sorgt unterdessen ein Video von Wiener Filmemachern für Furore, die den Trend der Happy-Videos nach dem Song von Pharrell Williams aufgegriffen haben – der KURIER berichtete. Seit Montag ist das Video unter dem Titel „Happy in Vienna“ auf Youtube zu finden und wird auch eifrig geklickt. Innerhalb von zwei Tagen wurde das Video schon 200.000-mal angesehen.

Ab 17. Februar werden die ersten Fragebögen verschickt. Zweieinhalb Wochen haben die Bürger dann Zeit, zu entscheiden – ob das Projekt Mariahilfer Straße fortgesetzt wird oder nicht. Der KURIER hat die Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Wer darf an der Bürgerbefragung teilnehmen?
Alle Bewohner des sechsten und siebenten Bezirks, die bis zum 7. März das 16. Lebensjahr vollendet haben. Dazu zählen auch knapp 7000 EU-Bürger. Geschäftsleute, die nicht im Bezirk hauptgemeldet sind, dürfen dagegen nicht mitstimmen.

Wann beginnt die Bürgerbefragung?
Die Fragebögen werden, aufgeteilt auf mehrere Tranchen, zwischen 17. und 21. Februar an die Teilnahmeberechtigten verschickt. Schon ab 27. Jänner wurden die ersten Infofolder an die Haushalte geschickt, die den Ablauf der Umfrage erklären sollen.

Wie lange können sich die Bürger mit ihrer Antwort Zeit lassen?
Die Fragebögen müssen bis spätestens 7. März, 10 Uhr retourniert werden. Wer ganz sichergehen will, kann seine Karte auch persönlich in den Amtshäusern im sechsten und siebenten Bezirk abgeben.

Gibt es weitere Möglichkeiten, den Fragebogen abzugeben?
Ja. Im gesamten Befragungszeitraum werden an zehn frequentierten Stellen der Bezirke Mariahilf und Neubau Infotürme mit Postkästen für die Abgabe der Fragebögen aufgebaut.

Wie viel gibt die Stadt für die Befragung aus?
Die Befragung wird aus formalen Gründen von den Bezirken betrieben, ausgeführt wird sie vom Presse- und Informationsdienst der Stadt (MA 53). Jeder Bezirk hat dafür ein Budget von 283.000 Euro beschlossen, insgesamt sind das 566.000 Euro.

Warum ist die Befragung zur Mariahilfer Straße um so vieles teurer als die Pickerlfrage in den VP-Bezirken?
Neben der Abwicklung informiert die Stadt auch mit Inseraten über die Vorgangsweise der Bürgerbefragung.

Wie viel gibt die Stadt also insgesamt aus?
Zu den 566.000 Euro für die Durchführung der Befragung kommen weitere 850.000 Euro, die das Büro der Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou (Grüne) für eine breite Werbekampagne einsetzt. Dabei sollen den Bürgern die Vorzüge einer Verkehrsberuhigung der Mariahilfer Straße präsentiert werden. Insgesamt werden also mehr als 1,4 Millionen Euro in die Umfrage investiert. Zum Vergleich: Die Volksbefragung im Frühjahr 2013 hat die Stadt 7 Millionen Euro gekostet, 4,4 Millionen davon entfielen auf die Infokampagne. Allerdings konnten damals die Bürger aller 23 Bezirke abstimmen.

Ist das Ergebnis der Befragung bindend?
Rein rechtlich ist das nicht der Fall. Rot und Grün versichern allerdings mehrfach, das Ergebnis der Befragung umzusetzen. Dies war auch bei der Wien-weiten Volksbefragung 2013 der Fall.

Wie sieht der weitere Fahrplan aus?
Stimmen die Bürger gegen eine Verkehrsberuhigung, werden die bisherigen Maßnahmen wieder rückgängig gemacht.

Bei einem Ja zur Mariahilfer Straße neu starten im April 2014 die Bauarbeiten zur Umgestaltung. Sie umfassen unter anderem eine Pflasterung der gesamten Verkehrsfläche zwischen Kaiserstraße und Museumsplatz. Auch neue Beleuchtungsanlagen, Sitz- und Spielmöglichkeiten sollen installiert werden. Der Umbau soll in zwei Etappen zu jeweils sieben Monaten erfolgen. Das Projekt wäre somit im Herbst 2015 fertig. Die Baukosten liegen bei rund 25 Millionen Euro.

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