Der Wahlkampf um die Fuzo
Postkarten, Plakate und Postwurfsendungen – nur die Hausbesuche fehlen. Nach den Grünen steigen jetzt auch die anderen Parteien in den Wahlkampf um die Fußgängerzone ein. Nie war der Materialeinsatz für eine Fußgängerzone größer als in der Mariahilfer Straße. Der originellste Beitrag kommt allerdings nicht von einer Partei, sondern von Filmemachern.
Mit dem Song „Happy“, vor allem aber dem Video dazu, hat Sänger Pharrell Williams den Soundtrack zu urbanem Lebensgefühl geschaffen. Bewohner in New York, Tokio oder Paris haben daraufhin eigene Videos gedreht. „Der Song hat mich in den letzten Wochen begleitet“, erzählt die Wienerin Michaela Ehrenhauser. Für Wien gab es aber noch kein Video. „Welcher Drehort wäre besser geeignet als die Mariahilfer Straße“, sagt die Initiatorin. Also wurde einfach drauflos gedreht. „Viele Menschen – von jung bis alt – haben vor Ort spontan mitgemacht“, erzählt Ehrenhauser. Derzeit wird das Video geschnitten, ab Montag soll es unter dem Titel „Happy in Vienna“ online sein.
Altbewährtes
Die politischen Parteien setzen dagegen auf Altbewährtes. Die Grünen schalten seit Wochen Plakate und Inserate für die Fuzo. Bei Hausbesuchen sollen Anrainer von der Verkehrsberuhigung überzeugt werden.
Auch konzentriert man sich bei Inseraten und Plakaten auf den 6. und 7. Bezirk. Die Kosten für die gesamte Kampagne werden unter 50.000 Euro liegen. „Wir sehen das nicht als Zwischenwahlkampf“, sagt SP-Generalsekretär Gerhard Deutsch.
Ähnlich hoch ist das Wahlkampfbudget der Blauen. Die FPÖ lehnt als einzige Partei die Verkehrsberuhigung dezidiert ab. Neben Inseraten verschicken die Blauen eine Broschüre an alle Haushalte in Neubau und Mariahilf. Zusätzlich werde man ab Mittwoch mit Infoständen auf der Mariahilfer Straße vertreten sein, sagt FP-Sprecher Toni Mahdalik. Für seinen Obmann Heinz-Christian Strache kommt nur ein Rückbau in Frage: „Und das so rasch wie möglich, bevor noch mehr Kaufleute zusperren müssen.“
Die ÖVP ist die einzige Partei, die keine Wahlempfehlung für die Befragung abgeben will. Sie kritisiert vor allem die hohen Kosten der Befragung. Auch die Nichtberücksichtigung der Kaufleute bei der Umfrage stößt sauer auf. „Das ist völlig unverständlich, weil die Stadtregierung auch den EU-Bürgern ermöglicht hat, mitzustimmen“, sagt Manfred Juraczka. Die VP wird ihre Kritik neben Plakaten auch in einer achtseitigen Broschüre, die an die Haushalte verschickt wird, erneuern. „Egal wie die Befragung ausgeht. Was entschieden wird, muss auch umgesetzt werden“, sagt VP-Obmann Manfred Juraczka. Auch die Neos beziehen Stellung. Wien-Chefin Beate Meinl-Reisinger: „Wir sind für eine Verkehrsberuhigung – aber die Art der Einführung war einfach hatschert.“ Pro-Fuzo-Plakate gibt es keine. Meinl-Reisinger: „Diese Arbeit nehmen wir den Grünen sicherlich nicht ab.“
Ausstellung
Ein ausführliches Bild von der neuen "Mahü" kann man sich übrigens ab 12. Februar in einer Ausstellung der Stadt Wien machen. Unter dem Titel "Design und Gestaltung: Die neue Mariahilfer Straße" sollen auf Höhe Hausnummer 103 unter anderem Pläne und Abbildungen der geplanten Neugestaltung gezeigt werden - bis ins kleinste Detail. Begleitet wird die Präsentation auch von Geschichte: Fotos zeigen die Verkehrshistorie der Straße seit 1850. Beispiele von Verkehrsberuhigungsprojekten aus anderen Städten sollen gutes Vorbild sein. Mehr Informationen unter www.dialog-mariahilferstrasse.at
Ab 17. Februar werden die ersten Fragebögen verschickt. Zweieinhalb Wochen haben die Bürger dann Zeit, zu entscheiden – ob das Projekt Mariahilfer Straße fortgesetzt wird oder nicht. Der KURIER hat die Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Wer darf an der Bürgerbefragung teilnehmen?
Alle Bewohner des sechsten und siebenten Bezirks, die bis zum 7. März das 16. Lebensjahr vollendet haben. Dazu zählen auch knapp 7000 EU-Bürger. Geschäftsleute, die nicht im Bezirk hauptgemeldet sind, dürfen dagegen nicht mitstimmen.
Wann beginnt die Bürgerbefragung?
Die Fragebögen werden, aufgeteilt auf mehrere Tranchen, zwischen 17. und 21. Februar an die Teilnahmeberechtigten verschickt. Schon ab 27. Jänner werden die ersten Infofolder an die Haushalte geschickt, die den Ablauf der Umfrage erklären sollen.
Wie lange können sich die Bürger mit ihrer Antwort Zeit lassen?
Die Fragebögen müssen bis spätestens 7. März, 10 Uhr retourniert werden. Wer ganz sichergehen will, kann seine Karte auch persönlich in den Amtshäusern im sechsten und siebenten Bezirk abgeben.
Gibt es weitere Möglichkeiten, den Fragebogen abzugeben?
Ja. Im gesamten Befragungszeitraum werden an zehn frequentierten Stellen der Bezirke Mariahilf und Neubau Infotürme mit Postkästen für die Abgabe der Fragebögen aufgebaut.
Wie viel gibt die Stadt für die Befragung aus?
Die Befragung wird aus formalen Gründen von den Bezirken betrieben, ausgeführt wird sie vom Presse- und Informationsdienst der Stadt (MA 53). Jeder Bezirk hat dafür ein Budget von 283.000 Euro beschlossen, insgesamt sind das 566.000 Euro.
Warum ist die Befragung zur Mariahilfer Straße um so vieles teurer als die Pickerlfrage in den VP-Bezirken?
Neben der Abwicklung informiert die Stadt auch mit Inseraten über die Vorgangsweise der Bürgerbefragung.
Wie viel gibt die Stadt also insgesamt aus?
Zu den 566.000 Euro für die Durchführung der Befragung kommen weitere 850.000 Euro, die das Büro der Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou (Grüne) für eine breite Werbekampagne einsetzt. Dabei sollen den Bürgern die Vorzüge einer Verkehrsberuhigung der Mariahilfer Straße präsentiert werden. Insgesamt werden also mehr als 1,4 Millionen Euro in die Umfrage investiert. Zum Vergleich: Die Volksbefragung im Frühjahr 2013 hat die Stadt 7 Millionen Euro gekostet, 4,4 Millionen davon entfielen auf die Infokampagne. Allerdings konnten damals die Bürger aller 23 Bezirke abstimmen.
Ist das Ergebnis der Befragung bindend?
Rein rechtlich ist das nicht der Fall. Rot und Grün versichern allerdings mehrfach, das Ergebnis der Befragung umzusetzen. Dies war auch bei der Wien-weiten Volksbefragung 2013 der Fall.
Wie sieht der weitere Fahrplan aus?
Stimmen die Bürger gegen eine Verkehrsberuhigung, werden die bisherigen Maßnahmen wieder rückgängig gemacht.
Bei einem Ja zur Mariahilfer Straße neu starten im April 2014 die Bauarbeiten zur Umgestaltung. Sie umfassen unter anderem eine Pflasterung der gesamten Verkehrsfläche zwischen Kaiserstraße und Museumsplatz. Auch neue Beleuchtungsanlagen, Sitz- und Spielmöglichkeiten sollen installiert werden. Der Umbau soll in zwei Etappen zu jeweils sieben Monaten erfolgen. Das Projekt wäre somit im Herbst 2015 fertig. Die Baukosten liegen bei rund 25 Millionen Euro.
Die geplanten Neuerungen auf der Mahü:
Kommentare