Auf Wiens Straßen herrscht Manieren-Mangel wegen Taxi-Mangel
Wer in Wien ein Taxi ruft, der muss sich seit Wochen auf deutlich längere Wartezeiten gefasst machen – wenn er denn überhaupt einen Wagen findet. (Der KURIER hat berichtet.) Speziell in den späten Abend- und Nachtstunden sorgt der Taxi-Mangel mittlerweile für Probleme.
Das liegt auch an einigen schwarzen Schafen unter den Fahrern, die in der jetzigen Situation die Chance wittern, mit unlauteren Mitteln Geld zu verdienen.
So wie jener Lenker, der in der Nacht auf Freitag in der Wiener Innenstadt versuchte, seine eigenen Tarife zu machen: Von Kunden herangewunken, wollte der Mann die Fahrgäste nur einsteigen lassen, wenn sie eine von ihm festgelegte Pauschale bezahlen.
Eine Fantasiesumme, die deutlich über dem eigentlichen Preis für die Fahrtstrecke lag. Den Taxameter einzuschalten, verweigerte er – und fuhr schließlich davon.
Doppelt verboten
Tatsächlich ist das verboten – und zwar in gleich mehrerlei Hinsicht: Taxilenker haben, wenn sie im Dienst sind und die Taxileuchte eingeschaltet ist, eine Beförderungspflicht. Auch das in jüngster Zeit gerne genutzte Argument, dass man kurze Fahrten – also solche, an denen man keine großen Beträge verdient – nicht annehmen müsse, ist falsch.
Hinzu kommt, dass Taxilenker, wenn sie an der Straße herangewunken werden oder der Gast am Standplatz zusteigt, immer mit Taxameter fahren müssen. Nur bei vorbestellten Fahren ist eine Pauschale möglich – aber auch hier gibt es (siehe Infobox weiter unten) Grenzen.
Was Kunden tun können? Die Taxifunkzentrale 40100, für die besagter Fahrer in der Nacht auf Freitag unterwegs war, kündigt an, den Fall zu prüfen: „Wir werden mit dem Taxiunternehmen, bei dem der Fahrer beschäftigt ist, das Gespräch suchen“, sagt eine Sprecherin auf KURIER-Anfrage. Sie spricht von einem Einzelfall.
Aber: „Wenn sich Beschwerden über einzelne Fahrer häufen, behalten wir uns vor, klare Konsequenzen zu ziehen.“ Diese Fahrer würden von der Vermittlung ausgeschlossen. Auch Kontrollteams seien regelmäßig unterwegs, um die Qualität der Wagen zu überprüfen. Werden Mängel festgestellt, lädt man die Fahrer zu einem Gespräch in die Zentrale.
Dass sie weiter unterwegs sind, kann die Funkzentrale nicht verhindern: Sie ist nur für die Vermittlung zuständig, verantwortlich ist der Taxiunternehmer.
Verlust der Konzession
Bei der Wiener Taxi-Innung kommt es momentan nicht zu vermehrten Kundenbeschwerden, heißt es auf Anfrage. Grundsätzlich werde solchen aber immer nachgegangen. Sollte sich die Beschwerde als berechtigt erweisen, wird der entsprechende Fahrer zum Disziplinargespräch in die Innung geladen.
Bei der Häufung von schwerwiegenden Vergehen kann es sogar zu rechtlichen Schritten kommen. Im schlimmsten Fall führt das zum Konzessionsverlust.
Taxitarif
Für Fahrten, bei denen ein Taxi auf der Straße herangewunken oder am Standplatz genommen wird, gilt ein Grundtarif von 3,40 Euro am Tag und 3,80 Euro in der Nacht. Dazu kommt ein Streckentarif für 1 bis 5 Kilometer von 0,80 Euro sowie 0,50 Euro ab 5 Kilometern. Der Zeittarif für Standzeiten beträgt 0,50 Euro Cent pro Minute. Zuschläge sind jedoch möglich
Pauschalen
Vorbestellte Fahrten können mit einer Preisspanne von 20 Prozent nach unten wie nach oben vorausberechnet werden. Der Taxameter kommt dann nicht zum Einsatz, der Kunde
zahlt den vorab vereinbarten Betrag. Nutzen können diese Möglichkeit alle Anbieter – von klassischen Taxis bis Dienstleistern wie Uber oder Bolt.
Letztere haben seit der Gesetzesänderung nicht mehr die Möglichkeit, ihre Preise völlig frei zu bestimmen
Erst Kampf, dann Flaute
Der Taxi-Mangel ist ein relativ junges Phänomen. Bisher sprach man eher von einem Kampf auf Wiens Straßen. Durch herkömmliche Taxis und immer mehr Fahrern bei Digital-Plattformen wie Uber und Bolt herrschte eine Überangebot. Dass sich das nun gedreht hat, dürfte zum einen an Unternehmen liegen, die die Krise wirtschaftlich nicht überlebt haben.
Zum anderen hat die Anfang des Jahres in Kraft getretene Novelle des Gelegenheitsverkehrsgesetzes für eine Ausdünnung gesorgt. Denn auch Uber-Fahrer müssen nun eine Taxiprüfung ablegen.
Laut Uber-Chef Martin Essl könnten rund 90 Prozent der Fahrer nicht mehr aktiv sein, weil sie an der schwierigen Prüfung scheitern. Tatsächlich liegt laut Innung die Erfolgsquote bei den Prüfungen bei rund 34 Prozent.
Im Sommer fahren zudem viele Fahrer in ihre Heimat, heißt es in der Branche. Ob der Taxi-Mangel nach der Urlaubszeit endet, wird sich weisen.
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