"Aufklärungskampagne für Radler, die sich an keine Regeln halten"

Interview mit Manfred Juraczka in seinem Büro im Rathaus am 05.06.2013.
VP-Chef Manfred Juraczka über rasende Radler, die Verjüngung der ÖVP und Wiens Schulden.

KURIER: Radfahren ist gesund und umweltfreundlich. Warum ist die ÖVP so strikt gegen den Radverkehr?
Manfred Juraczka:
Die ÖVP ist nicht gegen den Radverkehr. Es ist die Verkehrspolitik der Stadträtin Maria Vassilakou, die es geschafft hat, dass sich Radfahrer, Autofahrer und Fußgänger feindlich gegenüberstehen. Es kommt ja tagtäglich zu Handgreiflichkeiten. Aber die Stadt gibt zehn Millionen Euro für Werbemaßnahmen aus, ohne einen Meter Radweg zu bauen. Sogar die Radlobby Argus bestätigt, dass unter Vassilakou für Radfahrer sehr wenig weitergegangen ist.

Wie sieht Ihre Lösung aus?
Es muss ein Miteinander geben. Wir brauchen aber auch eine Aufklärungskampagne für jene Radler, die sich an keinerlei Verkehrsregeln halten.

Zugleich hat Wien so hohe Schulden wie nie zuvor. Finanzstadträtin Brauner sagt, sie mache lieber Schulden und investiere in die Bildung Junger, anstatt ihnen keine Perspektiven zu geben. Der richtige Weg?
Da flüchtet sich Stadträtin Brauner in Bruno-Kreisky-Nostalgie. Dass nicht nachhaltig investiert wird, zeigen aber allein die Arbeitslosenzahlen, die in Wien mit Abstand am höchsten sind. Dazu wird viel Einsparungspotenzial der Stadt nicht genutzt. Gleichzeitig werden die Menschen mit einer Gebührenlawine belastet. Wo könnte man Ihrer Meinung nach einsparen?

Etwa bei den Wiener Linien. Die bekommen 730 Millionen Euro Betriebskostenzuschuss, ohne eine Qualitätsverbesserung. Da könnte man sicher einiges finden. Nach wie vor gehen Menschen im öffentlichen Dienst in Wien mit 53 Jahren in Frühpension. Das kostet uns jedes Jahr 200 Millionen Euro. Insgesamt könnte man Hunderte Millionen einsparen.

Stichwort Wiener Wohnen. Hier wurde die Stadt über Jahre betrogen. Fehlt es an Kontrolle?
Das ist ja ein Problem bei vielen Wiener Skandalen. Es kommt ein Bericht des Kontrollamtes. Die zuständigen Stadträte sind tief betroffen. Dann hört man nie wieder etwas. Ein fundamentales Problem ist, dass wir als Opposition nicht in ausgelagerte Bereiche wie die Wien Holding schauen können. In einer Zeit, wo alle von Transparenz reden, ist das reichlich anachronistisch.

Sie haben gesagt, die Partei müsse jünger und weiblicher werden. In Hietzing wird nun wohl eine junge Frau Bezirksvorsteherin. In anderen schwarzen Bezirken sind einige Herren als Bezirksvorsteher alt geworden. Wird weiter verjüngt?
Zuerst sei gesagt: Alter ist weder Tugend noch Makel. Aber wir haben in den Bezirken durchaus darüber gesprochen, wie wir den Nachwuchs gezielt fördern.

Mit dem Parkpickerl haben Sie die ÖVP aus dem Tiefschlaf geholt. Glauben Sie, dass das Thema Parkpickerl bis zu den Wahlen noch zieht?
Man kann die ÖVP nicht auf das Parkpickerl reduzieren. Es hat der Partei aber wieder Selbstvertrauen gegeben. Bis zur Wahl wird das nicht ziehen, aber es gibt viele Themen, wo man den Finger in die Wunde legen kann.

Welches Ergebnis will die Wiener ÖVP bei der Nationalratswahl erzielen?
Wir gehen davon aus, dass wir die fünf Mandate halten.

In Prozenten?
Es fällt mir schwer das festzumachen – aber so viel wie möglich.

Sie haben kürzlich eine Aufreger-App gestartet. Wie viel Aufreger haben Sie gesammelt?
Knapp 2000 Menschen haben die App downgeloadet. Wie viele Aufreger es sind, müssten wir zählen.

Es scheint, als würden viele Aufreger von der ÖVP selbst kommen. Wer postet sonst ein Foto aus dem Gemeinderat?
Das ist gut möglich. Wir haben nämlich kein ausdrückliches Verbot für Mandatare, diese App zu nutzen.

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Die Planungen für die Fußgängerzone in der Mariahilfer Straße gehen in die heiße Phase: Nächste Woche präsentiert Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou (Grüne) das Ergebnis des Bürgerbeteiligungsverfahrens, das im April gestartet wurde.

In den vergangenen Wochen konnten die Wiener in der Dialogbox auf der Mariahilfer Straße sowie via Internet ihre Wünsche für die geplante Neugestaltung der Einkaufsmeile deponieren. Mehr als 2100 Bürger nutzten diese Gelegenheit. Ihre Ideen sollen in die weitere Planung einfließen.

Pläne gekippt

Erste Details liegen jetzt vor. Beispiel Verkehr: Im Zuge der Errichtung der Fußgängerzone war ursprünglich eine neue Einbahnregelung in der Schottenfeldgasse und ein Linksabbiegeverbot an der Kreuzung Gumpendorfer Straße/Getreidemarkt geplant. Beide Vorhaben stießen im Dialogverfahren auf breite Ablehnung und werden jetzt doch nicht umgesetzt.

Zurück zur Mariahilfer Straße selbst: Ganz oben auf der Wunschliste stehen mehr Sitzgelegenheiten, auf denen man ohne Konsumzwang eine Pause einlegen kann. „Weiters soll es mehr Grünflächen und Spielmöglichkeiten für Kinder geben“, sagt Herbert Bork, vom Büro stadtland, das das Beteiligungsverfahren abwickelte.

Wie stark das Projekt polarisiert, bekam auch er vor Ort mit: „Es bildeten sich ganz klar zwei Fronten. Vor allem am Anfang kamen sehr viele Menschen in die Dialogbox, die sich über die geplante Umgestaltung beschwert haben. Andere wiederum hätten am liebsten, wenn man gleich aus der gesamten Mariahilfer Straße eine Fußgängerzone machen würde.“

Dazu wird es freilich nicht kommen. Im August startet der mehrmonatige Probebetrieb der Fuzo zwischen Andreas- und Kirchengasse sowie der beiden daran anschließenden verkehrsberuhigten Zonen. Nach einer Befragung der Bürger soll die endgültige Umgestaltung 2014 starten.

KURIER-Stadtgespräch

Konfliktzone Mariahilfer Straße. Do., 13. Juni (18 Uhr) im Plutzer Bräu (7., Schrankgasse 2). Am Podium: Thomas Blimlinger (Bezirksvorsteher Neubau), Renate Kaufmann (BV Mariahilf), Maria Elisabeth Smodics-Neumann (Wirtschaftskammer Wien).

Mehr dazu unter www.kurier.at/stadtgespraeche

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