Es hätte alles so einfach sein können. Die Funktionärinnen und Funktionäre der Wiener ÖVP sind Karl Mahrer weitgehend wohlgesonnen – und die Partei ist darauf eingeschworen, ihrem neuen Obmann heute, Freitag, beim Landesparteitag ein herzeigbares Wahlergebnis zu verschaffen. Alles schien in trockenen Tüchern.
Dann erreichte Karl Mahrer das Kuchen-Gate.
Was passiert ist?
Mahrer gab der Krone ein Interview, in dem er mit kantigen Aussagen – etwa zur Integration – seine internen Kritiker überzeugen wollte. Doch Tagesgespräch war schließlich ein anderes Thema.
Zitiert wird Mahrer im Interview mit folgender Aussage: „Homeoffice wird nach Corona bleiben. Einfach ist das nicht, daheim sind die Kinder, daheim ist die Frau, manchmal ist der Wohnzimmertisch voll, weil dort der Kuchen gebacken wird. Da kann man nicht arbeiten.“
Die Aufmerksamkeit in den sozialen Netzwerken ist ihm seither sicher. Kritik kam auch von den Grünen. Der Mann arbeitet, die Frau backt daheim den Kuchen – solche Bilder stehen auch einem ÖVP-Chef im Jahr 2022 nicht mehr gut.
"Männer können ebenso Kuchen backen"
Mahrer fühlt sich von der Krone falsch zitiert: Er habe immer von „Ehepartnern“ gesprochen, von denen einer arbeiten müsse, während der andere vielleicht einen Kuchen backe, erklärt der ÖVP-Chef auf KURIER-Nachfrage. „Männer können ebenso Kuchen backen wie Frauen“, so Mahrer. Das wisse er nicht zuletzt aus eigener Erfahrung: „Meine Frau backt gar keinen Kuchen, das mag sie nicht. Bei uns backe ich.“ Nachsatz: Auch Geschirr wasche er ab. Und: Er habe bewusst von „Partnern“ gesprochen. „Das können auch zwei Männer oder zwei Frauen sein.“
Darüber hinaus sei es ihm, sagt Mahrer, um etwas ganz anderes gegangen: Um die Herausforderungen des Homeoffice in kleinen Wohnungen und kreative Lösungen für leer stehende Erdgeschoßzonen, die man in Kurzzeit-Büros umwandeln könne.
Bezirke gestärkt
Wie sieht das seine Partei? „Ich bin überzeugt, dass Karl Mahrer weiß, dass Männer backen können“, sagt Sabine Keri, Chefin der Wiener ÖVP-Frauen. Sie habe ein klärendes Gespräch mit ihm geführt.
Auch sonst erhält Mahrer (nach der jüngsten internen Kritik an seiner Abkehr vom harten türkisen Oppositionskurs) Rückenwind aus der Partei. Vor allem in den Bezirksparteien kommt Mahrers neuer Stil gut an.
Die Bezirke sollen in der ÖVP künftig eine wichtigere Rolle spielen. So sind alle Bezirksvorsteher, die die ÖVP stellt, ab sofort im Parteipräsidium vertreten. Derzeit sind es drei – in den Bezirken 1, 13 und 19.
Präsenter als Blümel
Auch sonst sei Mahrer in den Bezirken präsenter als sein Vorgänger Gernot Blümel, sagt etwa Veronika Mickel-Göttfert, die zehn Jahre lang in der Josefstadt regierte, bevor sie – aufgrund des türkisen Anti-Ausländer-Kurses – die Mehrheit an die Grünen verlor: „Mahrer ist den Bezirken zugewandt. Er ist vor Ort, hört zu, da ist er glaubwürdig“, sagt sie. Ob das zuvor anders war? „Ich habe noch nie einen Parteiobmann erlebt, der so um jeden Einzelnen in der Partei bemüht war. Das ist keine Selbstverständlichkeit.“ Blümel sei in erster Linie Finanzminister gewesen. „Mahrer ist freigespielt, um sich um Stadtpolitik und um kommunale Fragen zu kümmern.“
Offiziell zum Wiener Parteichef gekürt werden soll Mahrer heute am späten Nachmittag. Zu Gast beim Landesparteitag im 22. Bezirk, bei dem mehr als 1.000 Teilnehmer angekündigt sind, werden unter anderem Gernot Blümel und Bundeskanzler Karl Nehammer sein, Letzterer hält auch eine Rede. Ob Mahrer zur After-Party selbst gemachten Kuchen mitbringt, ist nicht überliefert.
Neue Vorwürfe
Neue Vorwürfe gegen Mahrer veröffentlichte dann gestern am Abend die Krone: In der Causa Wienwert (der KURIER hat berichtet) wird der ÖVP-Chef von der WKStA als Beschuldigter geführt. Im Juni muss er zur Einvernahme. Angeblich sollen monatlich 10.000 Euro von Wienwert an die Agentur von Mahrers Ehe frau geflossen sein – ohne konkrete Gegenleistung.
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