Am Dienstag begrüßte er den Regierungsbildungsauftrag an Karl Nehammer (ÖVP) und die kommenden Verhandlungen mit der SPÖ mit den Worten, dass es eine neue Bundesregierung brauche, um das Gesundheitssystem und den Wirtschaftsstandort zu stärken.
Wenige Stunden zuvor war er vor die Presse getreten, um über die postakuten Infektionskrankheiten Longcovid und ME/CFS zu sprechen. Sieben Projekte werden von der Stadt mit 700.000 Euro gefördert, um ab Jänner 2025 „wichtige Fragen zu genetischen Faktoren und Biomarkern zu klären.“
Wien zeige einmal mehr, dass es als Gesundheitsmetropole international an vorderster Front mitwirke, so der Bürgermeister.
Wien-Wahl steht an
Die Positionierung Ludwigs hat mehrere Gründe. In rund einem Jahr wird in Wien gewählt. Whrend der Corona-Pandemie hatte der Stadtchef wegen seines strengen, aber klaren Kurses sehr gute Werte in der Bevölkerung. Bei der Wien-Wahl 2020 konnten die Roten sogar zulegen und wieder die 40-Prozent-Marke knacken.
Plakatiert wurde damals unter anderem mit „Unsere Gesundheit in sicheren Händen.“ Dass man die Wählerinnen und Wähler subtil an Ludwigs damalige Rolle erinnern will, liegt nahe.
Rot-Schwarze Achse
Gleichzeitig kann Ludwig auf Rückenwind aus mächtigen Institutionen bauen. Ärztekammer-Präsident Johannes Steinhart, der als ÖVP-nahe gilt, hat bereits erklärt, Ludwigs Gesundheitspakt-Vorstoß zu unterstützen. In der Vergangenheit habe man mehrfach bewiesen, mit der Stadt Wien innovative Projekte umsetzen zu können, so Steinhart, etwa Erstversorgungsambulanzen. Und: „Wir stehen mit unserer Expertise bereit und freuen uns auf eine weitere konstruktive Zusammenarbeit.“ Diese Expertise will Ludwig auch von den Krankenkassen haben, kündigte er an.
Andreas Huss, roter Gewerkschafter und Obmann der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), scharrt schon in den Startlöchern. „Ohne eine gemeinsame Planung wird es nicht gehen“, sagt er zum KURIER, „Mittlerweile gibt es so hochkomplexe, spezialisierte Anwendungen, dass man sie nicht in jeder Gemeinde, nicht einmal mehr in jedem Bundesland anbieten kann. Eine übergeordnete Steuerung ist darum unerlässlich.“
Bei der Sozialversicherung der Selbständigen (SVS) ist seit Juli Alexander Biach als Generaldirektor tätig. Mit dem ÖVP-Politiker hat Ludwig schon mehrmals Projekte umgesetzt. Biach war zuvor stellvertretender Direktor der Wirtschaftskammer Wien, die traditionell ein mehr als gutes Auskommen mit Ludwig hat und als solcher mit der Gurgeltest-Strategie betraut.
Die Einbindung von roten und schwarzen Akteuren wird einer Annäherung bei den Regierungsverhandlungen wohl zuträglich sein.
Dass die Finanzierung von Gast-Patienten aus anderen Bundesländern auch kein unerheblicher Faktor für die Stadt ist, ist auch nicht zu vernachlässigen.
Migration
Auch ein wichtiger Aspekt: Werden tatsächlich Verbesserungen im Gesundheitswesen erwirkt, sind diese für die Bevölkerung schneller spürbar, als beim ebenfalls brennenden Thema Migration – wo erschwerend hinzukommt, dass es noch schwieriger ist, Lösungen zu finden.
Ludwig hält sich bei dem Thema in der Öffentlichkeit darum meist zurück. Die Positionierung im Gesundheitsbereich ist (auch wegen des größeren Gestaltungsspielraums) lohnender.
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