Lehrerinnen werden entlassen: Eltern proben den Aufstand
Wiens kleinste Volksschule könnte bald ohne Lehrerinnen dastehen. Drei der vier Pädagoginnen droht nach einem „völlig missglückten Schulausflug“ (wie es betroffene Eltern in einem eMail an den Stadtschulrat ausdrückten) die Entlassung. Gegen eine weitere wird ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Und gegen alle Beteiligten wird wegen des Verdachts der fahrlässigen Gemeingefährdung ermittelt.
Der Grund: im Rahmen eines Schulausflugs Ende Juni hatten die vier Lehrerinnen am Bahnhof Leobendorf (Bezirk Korneuburg) 83 Kinder unter einem geschlossenen Bahnschranken durchgelotst, um einen Zug zu erwischen. Sieben Eltern waren zwar als Begleitpersonen dabei, nahmen an der Aktion aber keinen Anstoß. Augenzeugen meinten jedoch eine Gefährdung der Schüler zu erkennen und alarmierten die Polizei. Die leitete eine Fahndung ein.
„Einmaliger Fauxpas“
Nach einer Evaluierung stehe nämlich fest, „dass die überwiegende Mehrheit aller Eltern den vier Lehrkräften weiterhin das pädagogische Vertrauen entgegenbringt“, sagt die Vorsitzende des Elternvereins, Julia Köberl. Man sei überzeugt, „dass es sich bei diesem Vorfall um ein einmaliges Fehlverhalten gehandelt“ habe und schätze die vier Pädagoginnen ansonsten „als verantwortungsbewusste, hervorragende Lehrerinnen“.
In dieselbe Kerbe schlägt Zeit-im-Bild-Moderator Stefan Gehrer, der ebenfalls ein Kind in der Volksschule hat. Zwar hätten die Lehrerinnen „einen gravierenden Fehler“ gemacht – der Journalist spricht von einer „Kurzschlusshandlung“ –, seiner Ansicht nach hätten die Frauen aber eine zweite Chance verdient. Die langfristige Qualität der pädagogischen Betreuung wäre wichtiger als ein einmaliger Fauxpas.
In einem eMail an den Stadtschulrat appellierte Gehrer: „Bitte bestrafen Sie nicht unsere Kinder für die Dummheit der Erwachsenen.“ In der Klasse seines Kindes würden hundert Prozent der Eltern diese Bitte unterstützen, sagt er.
Weder Gehrer noch Köberl hätten Bedenken, den betreffenden Lehrerinnen ihre Kinder für einen Schulausflug erneut anzuvertrauen: „So etwas würde ihnen sicher nie wieder passieren“, meint die Mutter.
Resoluter Stadtschulrat
Der Vorfall in Leobendorf habe „viele Eltern betroffen gemacht“, schreibt dagegen Stadtschulratspräsident Jürgen Czernohorszky an jene Eltern, die sich mit den Lehrerinnen solidarisch zeigen. Da bei Ausflügen die körperliche Sicherheit der Schüler gewährleistet und Gefahren abgewehrt werden müssten, liege eine schwerwiegende Dienstpflichtverletzung vor. Aufgrund der Faktenlage müsse der Stadtschulrat daher seinen Verpflichtungen nachkommen. „Wir werden aber alles unternehmen, damit im September ein reibungsloser Schulbetrieb aufgenommen werden kann“, heißt es dort.
„Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen“, sagt Gerold Beneder, der Anwalt einer Lehrerin. Er meint, nachweisen zu können, dass kein Entlassungsgrund vorliegt.
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