Lehrerinnen werden entlassen: Eltern proben den Aufstand

Die Eltern - im Bild Stefan Gehrer und Julia Köberl - stehen hinter den Lehrerinnen.
Weil sie 83 Schüler unter einem Bahnschranken durchlotsten, sollen drei Pädagoginnen ihren Job verlieren.

Wiens kleinste Volksschule könnte bald ohne Lehrerinnen dastehen. Drei der vier Pädagoginnen droht nach einem „völlig missglückten Schulausflug“ (wie es betroffene Eltern in einem eMail an den Stadtschulrat ausdrückten) die Entlassung. Gegen eine weitere wird ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Und gegen alle Beteiligten wird wegen des Verdachts der fahrlässigen Gemeingefährdung ermittelt.

Der Grund: im Rahmen eines Schulausflugs Ende Juni hatten die vier Lehrerinnen am Bahnhof Leobendorf (Bezirk Korneuburg) 83 Kinder unter einem geschlossenen Bahnschranken durchgelotst, um einen Zug zu erwischen. Sieben Eltern waren zwar als Begleitpersonen dabei, nahmen an der Aktion aber keinen Anstoß. Augenzeugen meinten jedoch eine Gefährdung der Schüler zu erkennen und alarmierten die Polizei. Die leitete eine Fahndung ein.

Lehrerinnen werden entlassen: Eltern proben den Aufstand
ABD0059_20160711 - LEOBENDORF - ÖSTERREICH: ZU APA0330 VOM 11.7.2016 - Drei Lehrerinnen einer Wiener Volksschule, die bei einem Ausflug mehr als 80 Kinder über einen bereits geschlossenen Bahnübergang in Leobendorf (Bezirk Korneuburg) gelotst haben, werden wegen "schwerwiegender Dienstpflichtverletzungen" entlassen. Gegen eine vierte Lehrerin wird ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Im Bild der Bahnübergang im Bahnhof Leobendorf, aufgenommen am Montag, 11. Juli 2016. - FOTO: APA/HERBERT-PFARRHOFER
Weil der Stadtschulrat umgehenddienstrechtliche Schrittegegen die Lehrerinnen ankündigte und gestern, Montag,in drei Fällen Entlassungen ankündigte, ist die Aufregung an der Schule nun groß. Die Eltern stärken den Lehrerinnen mehrheitlich den Rücken und fordern ihren Verbleib an der Schule.

„Einmaliger Fauxpas“

Nach einer Evaluierung stehe nämlich fest, „dass die überwiegende Mehrheit aller Eltern den vier Lehrkräften weiterhin das pädagogische Vertrauen entgegenbringt“, sagt die Vorsitzende des Elternvereins, Julia Köberl. Man sei überzeugt, „dass es sich bei diesem Vorfall um ein einmaliges Fehlverhalten gehandelt“ habe und schätze die vier Pädagoginnen ansonsten „als verantwortungsbewusste, hervorragende Lehrerinnen“.

In dieselbe Kerbe schlägt Zeit-im-Bild-Moderator Stefan Gehrer, der ebenfalls ein Kind in der Volksschule hat. Zwar hätten die Lehrerinnen „einen gravierenden Fehler“ gemacht – der Journalist spricht von einer „Kurzschlusshandlung“ –, seiner Ansicht nach hätten die Frauen aber eine zweite Chance verdient. Die langfristige Qualität der pädagogischen Betreuung wäre wichtiger als ein einmaliger Fauxpas.

In einem eMail an den Stadtschulrat appellierte Gehrer: „Bitte bestrafen Sie nicht unsere Kinder für die Dummheit der Erwachsenen.“ In der Klasse seines Kindes würden hundert Prozent der Eltern diese Bitte unterstützen, sagt er.

Weder Gehrer noch Köberl hätten Bedenken, den betreffenden Lehrerinnen ihre Kinder für einen Schulausflug erneut anzuvertrauen: „So etwas würde ihnen sicher nie wieder passieren“, meint die Mutter.

Resoluter Stadtschulrat

Der Vorfall in Leobendorf habe „viele Eltern betroffen gemacht“, schreibt dagegen Stadtschulratspräsident Jürgen Czernohorszky an jene Eltern, die sich mit den Lehrerinnen solidarisch zeigen. Da bei Ausflügen die körperliche Sicherheit der Schüler gewährleistet und Gefahren abgewehrt werden müssten, liege eine schwerwiegende Dienstpflichtverletzung vor. Aufgrund der Faktenlage müsse der Stadtschulrat daher seinen Verpflichtungen nachkommen. „Wir werden aber alles unternehmen, damit im September ein reibungsloser Schulbetrieb aufgenommen werden kann“, heißt es dort.

„Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen“, sagt Gerold Beneder, der Anwalt einer Lehrerin. Er meint, nachweisen zu können, dass kein Entlassungsgrund vorliegt.

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