"Lahmes Programm": Experte kritisiert rot-pinke Gesundheitsvorhaben
Um satte 223 Millionen Euro wird Corona-bedingt das Gesundheitsbudget der Stadt Wien für 2021 aufgestockt. Das gab erst vor Kurzem Finanzstadtrat Peter Hanke (SPÖ) bekannt. Mit insgesamt 2,54 Milliarden Euro ist es der größte Posten in der Wiener Finanzplanung.
Großen Raum nimmt das Thema auch im aktuellen Regierungsprogramm ein, wobei hier die Neos-Handschrift eher blasspink geblieben ist. Zu großen Teilen besteht das Programm aus SPÖ-Ankündigungen aus dem Wahlkampf und aus Vorhaben, die bereits in der abgelaufenen Legislaturperiode, also noch von der rot-grünen Regierung, fixiert wurden.
Dazu zählt zum Beispiel die bereits länger geplante Investition von fünf Milliarden Euro in die bauliche Erneuerung der Wiener Spitäler bis 2040, wobei die konkreten Details erst im kommenden Jahr vorgestellt werden.
Auslagerung
Etwas länger wird man sich noch bei der geplanten Auslagerung der Spitäler gedulden müssen, die eine eigene Finanz- und Personalhoheit bekommen sollen. Wurde die letzten Jahre der Eindruck vermittelt, sie stehe unmittelbar bevor, gibt sich die Regierung nun bis 2025 Zeit. „Die Verzögerung hat mit der Corona-Krise zu tun, aber auch damit, dass die Fertigstellung des Krankenhaus Nord Priorität hatte“, sagt ein Sprecher von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ).
Deutlicher spürbar für die Patienten sollen die bis 2025 geplanten 36 Primärversorgungseinheiten, die 16 medizinischen Fachzentren und die Erstversorgungsambulanzen in den Spitälern sein. Oder die Pflegeoffensive: Allein im Bereich Diplomierte Gesundheits- und Krankenpflege sollen die Ausbildungsplätze von derzeit 1.300 auf 2.300 aufgestockt werden.
„Copy and Paste“
Den Wiener Gesundheitsökonomen Ernest Pichlbauer kann all das nur wenig begeistern. Er spricht von einem „echt lahmen“ Programm, einem „Copy and Paste der letzten 20 Jahre“. Statt auf Prozessebene Innovationen zu schaffen , würde man mit den geplanten neuen Versorgungszentren die Strukturen nur weiter aufblähen, „wobei unklar ist, wie sie aufeinander abgestimmt sind“, sagt er gegenüber dem KURIER.
Für den Experten ist auch die geplante Aufstockung des Pflegepersonals nur auf den ersten Blick eine sinnvolle Maßnahme. „Laut Pflegeregister sind wir europaweit nach Norwegen das Land mit den meisten Pflegekräften. Allerdings besteht das Problem, sie dazu zu motivieren, im öffentlichen Gesundheitsbereich zu arbeiten.“ Somit sei die Situation ähnlich wie beim vermeintlichen Ärztemangel. Ob der Ausbau der Ausbildungsplätze mehr Personal ins System bringen werde, sei daher fraglich. „Davon abgesehen braucht es keine Pflegeoffensive, sondern eher Maßnahmen, mit denen Patienten so lange wie möglich selbstständig bleiben“, sagt der Experte.
Gute Ansätze sieht Pichlbauer eigentlich nur in der geplanten Digitalisierung der Versorgung, etwa im geplanten Wiener Gesundheitsportal. Dieses soll allen Wienern einen zentralen Einstieg zu ihren Gesundheitsdaten bieten. Auch das Service-Angebot der Gesundheitshotline 1450 soll erweitert werden. „Ob das auf Initiative der Neos passierte oder aufgrund der Lehren aus der Corona-Pandemie, bleibt aber unklar.“
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