Fahrradpolizei: Schikane für Radfahrer oder Polizisten zum Anfassen?
Eine junge Frau auf einem blitzblauen Fahrrad ist den Tränen nahe. Ihr Fahrrad ist nagelneu, entspricht aber nicht der Straßenverkehrsordnung. Das teilt ihr der erfahrene Fahrradpolizist Peter Skala bei einer Schwerpunktkontrolle am Wiener Ring mit. Der Fahrradhändler hat ihr das nicht gesagt. Der Polizist hat sogar eine Infobroschüre dabei, denn viele wissen gar nicht, wie ein Fahrrad ausgestattet sein muss.
Es fehlen die vorgeschriebenen Reflektoren auf den Rädern sowie Rückstrahler hinten und vorne. „Wie viel Geld haben Sie denn dabei?“, fragt der Polizist und schickt die Dame dann zum nächsten Bankomaten.
80 Euro beträgt die Strafe eigentlich – 20 Euro pro fehlendem Teil. „Heben Sie 40 Euro ab und mit dem Rest gehen Sie morgen zum Baumarkt und kaufen die fehlende Ausstattung“, zeigt sich Skala kulant. Es sei eben wichtiger, zu informieren, als abzukassieren.
Die Fahrradfahrerin sieht das etwas anders: „Ich denke schon, dass das Geldmacherei ist“, sagt sie, „ich wusste einfach nicht, dass das auch tagsüber vorgeschrieben ist“. Der Fahrradpolizei ist es wichtig, zu betonen, dass man auch Autofahrer und den Verkehr generell kontrollieren würde.
Viele Radfahrer sehen solche Schwerpunkte als Schikanen – nach nur kurzer Zeit wurde in Facebook-Gruppen schon vor der Kontrolle am Ring gewarnt.
112 Fahrradpolizisten
Während der geltenden Ausgangsbeschränkungen sah man die Fahrradpolizei vor allem in den Wiener Parks, mit Beginn der Fahrradsaison starten aber auch wieder die Schwerpunktkontrollen.
Seit 2008 gibt es die Fahrradpolizei in Wien bereits, 112 Beamte sind derzeit aktiv. Dennoch ist der Anblick ungewöhnlich: Sie fahren auf Mountainbikes, tragen kurze Hemden, kurze Hosen und natürlich einen Fahrradhelm. „Das ist unser großer Vorteil“, schildert Skala.
5 Tage
dauert die Zusatzausbildung für Fahrradpolizisten, im praktischen Teil wird unter anderem Springen und Downhillfahren trainiert
112 Fahrradpolizisten
gibt es derzeit in Wien, sie nutzen den Vorteil des Rads vor allem in der Innenstadt, auf der Donauinsel und in Parks
267 Strafen
(Anzeigen und Organmandate) gab es bei der Kontrolle am 8. Juni gegen Radfahrer
Denn viele würden die Fahrradpolizisten, die sonst auch normale Streifendienste absolvieren oder etwa gegen Drogendealer auf der Donauinsel ermitteln, nicht auf den ersten Blick als Exekutivbeamte erkennen. Viele würden erst reagieren, wenn sie das Abzeichen oder die Dienstwaffe erblicken.
Weniger ernst würden die Beamten aber nicht genommen, meint Skala: „Wir sind Polizisten zum Anfassen“. Ein Dienstwagen könne „wie ein Käfig“ wirken, so sei man näher bei den Bürgern. Vor allem von Radlern würde man so eher Anerkennung bekommen.
Am Ende des Tages sollten es bei der Kontrolle doch vor allem Radfahrer gewesen sein, die bestraft wurden: 267 Anzeigen und Organmandate gingen gegen Radler, 150 betrafen Kraftfahrzeuge. 46 Personen wurden nur abgemahnt. Die häufigsten Gründe waren bei den Rädern das Missachten von Rotlicht, fehlende Ausrüstung und das Fahren am Gehsteig.
Doch die Radschwerpunkte kommen nicht nur schlecht an: Als Skala in etwa hundert Metern Entfernung einen Mann sieht, der bei Rot über Kreuzungen fährt, und sich auf sein Rad schwingt, um die Verfolgung aufzunehmen, flüstert eine ältere Anrainerin: „Ist schon gut, dass gegen diese Rowdys vorgegangen wird“.
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