Videoüberwachung in Wien-Favoriten geplant

Videoüberwachung in Wien-Favoriten geplant
Nach den Ausschreitungen zu Silvester und nach dem Terroranschlag in der Innenstadt werden die Rufe nach mehr Kameras immer lauter: Die Politik ist dafür, die Polizei will erst prüfen

Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) ist dafür, Bezirksvorsteher Marcus Franz (SPÖ) ebenfalls. Und auch die Polizei ist nicht abgeneigt, sie möchte aber noch prüfen: Am Reumannplatz in Favoriten könnten demnach bald Kameras zur Videoüberwachung aufgebaut werden.

Das ist das Ergebnis des gestrigen Sicherheitsgipfels, der anlässlich der Randale am Reumannplatz in der Silvesternacht stattgefunden hat. Dabei beschädigten vor allem Migranten mehrere Geschäfte schwer.

Der Reumannplatz ist aber nicht erst seit  dem 31. Dezember Gegenstand von Sicherheitsdebatten.Erst im November sollen sich dort radikalisierte Jugendliche formiert haben, um in der  nahen Antonskirche zu randalieren: Bänke wurden umgeworfen, man hörte Allahu-Akbar-Rufe.

Straftaten wird durch die Präsenz der Videoüberwachung vorgebeugt

von Marco Jammer

Sprecher, Wiener Polizei

Bürgermeister Ludwig verweist auf gute Erfahrungen mit der Videoüberwachung am Praterstern oder am Schwarzenbergplatz. Auf Letzterem wurden im Jahr 2019 nach Spray-Aktionen Kameras installiert, seither gab es dort keine Beschmierungen mehr. Am Praterstern gibt es keine fixen Kameras, der Bereich wird von Polizisten überwacht – und zwar über einen Wagen, auf dem Kameras angebracht sind. Dort sei es laut Polizei zu einem spürbaren Rückgang der Kriminalität gekommen.

Randale in Favoriten

Mehrere Schaufenster wurden zu Silvester eingeschlagen

Man dürfe daher nicht außer Acht lassen, dass sichtbare Videoüberwachung präventiv wirke: „Straftaten wird schon alleine durch die  Präsenz der Videoüberwachung vorgebeugt“, sagt Marco Jammer von der Wiener Polizei.

20.000 Euro pro Kamera

Im Jahr 2013 gab es schon einmal den Trend zur großflächigen Videoüberwachung in Wien, aber auch in anderen Teilen Österreichs (siehe Zusatzbericht). Der Erfolg war aber nicht so groß wie erhofft. Vor allem die hohen Kosten sorgten für Ärger bei der Polizei: Derartige Kameras müssen sogar beheizt werden, außerdem muss Personal abgestellt werden, um die Bilder in Echtzeit zu beobachten. Eine Kamera kostete 20.000 Euro. Dazu kamen die monatlichen Betriebskosten, sie  betrugen  je nach Standort 1.200 bis 4.000 Euro. 

Karlsplatz, Schwedenplatz oder Westbahnhof – das waren nur einige der Gegenden, die mit Kameras kontrolliert wurden. Bereits nach drei Jahren mussten die Kameras erneuert werden, deshalb prüfte die Polizei damals auch den Nutzen. Das Ergebnis: Nur jene (damals fixen Kameras) am Praterstern hatten einen messbaren Effekt.  An den anderen Standorten wurde daraufhin auf Videoüberwachung verzichtet. 

Kameras verdrängen die Kriminalität, sie wird aber nicht wirklich dadurch gesenkt.

von Norbert Leonhardmair

Kriminalsoziologe

Der Kriminalsoziologe Norbert Leonhardmair zweifelt den Nutzen von Videoüberwachung an. Er sieht eine „Beschaffungspolitik für die Sicherheitsindustrie“. Kameras würden an bestimmten Plätzen die Kriminalität verdrängen, aber insgesamt nicht wirklich senken. Dazu komme, dass die Exekutive bei gravierenden Vorfällen oft nicht auf die Bilder aus Überwachungskameras angewiesen sei. Vom  Terroranschlag oder den Krawallen zu Silvester  etwa gebe es viele Handyvideos. Und dieses Material sei ohnehin in den sozialen Medien aufzufinden – oder werde der Polizei zur Verfügung gestellt. 

Beweis aufwendig

Dazu kommt, dass eine Videoaufnahme nur unter großem Aufwand als Beweis verwendet werden kann, weil Betroffene oft leugnen, die Personen auf dem Video zu sein. Abhilfe würden hier nur Systeme mit Erkennungssoftware bieten, die einerseits teuer und andererseits durchaus umstritten sind. 

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