Kindergarten-Affäre: Zwei Verdächtige, fünf mutmaßliche Opfer
Vorwürfe von sexuellem Missbrauch und "pädagogischem Fehlverhalten", langsame Ermittlungen, unzureichende Information. In der Causa um einen städtischen Kindergarten in Penzing tun sich einige Fragen auf. Der KURIER hat die Antworten auf die wichtigsten Fragen.
In welchem Kindergarten ist etwas passiert?
Es geht um einen städtischen Kindergarten im 14. Bezirk. Mitte Mai wurde bekannt, dass ein Pädagoge verdächtigt wird, ein Kind sexuell missbraucht zu haben. Im Zuge der Ermittlungen wurden drei weitere Kinder als mutmaßliche Opfer identifiziert. Die Staatsanwaltschaft ermittelt nun in vier Fällen wegen des Verdachts auf zum Teil schweren sexuellen Missbrauch.
Sind das alle Fälle, in denen die Staatsanwaltschaft ermittelt?
Nein. Wie berichtet wurde am Dienstag ein weiterer Verdachtsfall bekannt. Ein Pädagoge desselben Kindergartens soll ein Kind ins WC gesperrt haben, weil es nicht schlafen wollte. Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr (Neos) sprach in dem Zusammenhang von "pädagogischem Fehlverhalten". Die Staatsanwaltschaft ermittelt nun wegen des Verdachts auf Freiheitsentziehung.
Manche Medien berichteten, dass auch der zweite Pädagoge im Verdacht steht, Kinder sexuell missbraucht zu haben. Stimmt das?
Laut Auskunft der zuständigen Aufsichtsbehörde MA 11 (Kinder- und Jugendhilfe) sowie Bildungsstadtrat Wiederkehr gibt es – nach derzeitigem Stand – keinen Hinweis auf sexuelle Übergriffe durch den zweiten Pädagogen.
Sind die beiden Pädagogen nun noch in dem Kindergarten im Dienst?
Nein. Beide männlichen Pädagogen wurden wegen der Schwere der Vorwürfe vom Dienst an den Kindern (wie das im Fachjargon heißt) abgezogen und versehen nun Innendienst. Suspendiert wurden sie aber nicht. Denn für beide gilt – wie für alle, die einer Straftat verdächtigt werden – bis zu einer etwaigen Verurteilung die Unschuldsvermutung.
Ein Gutachten verzögert aktuell die Ermittlungen. Stimmt das?
Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Wien, die in den fünf genannten Fällen ermittelt, ja. Denn: Als der erste Verdacht eines sexuellen Missbrauchs aufkam, gab die Staatsanwaltschaft laut deren Sprecherin Nina Bussek ein Gutachten bei Psychiaterin und Psychotherapeutin Gabriele Wörgötter in Auftrag. Die Gerichtssachverständige sollte das erste mutmaßliche Opfer befragen. Die Befragung fand statt, allerdings soll Wörgötter die Einschätzung als verschriftlichtes Gutachten erst vor Kurzem an die Staatsanwaltschaft übermittelt haben. Also mehr als ein Jahr nach Bekanntwerden der Fälle. Warum ist unklar, Wörgötter war für den KURIER nicht erreichbar.
Wie geht es nun weiter?
Die Staatsanwaltschaft muss zunächst einmal fertig ermitteln. Derzeit eben in fünf Fällen: vier wegen Verdachts auf (schweren) sexuellen Missbrauchs, in einem Fall wegen Verdachts auf Freiheitsentziehung. Erhärten sich die Verdachtsmomente, werden die Pädagogen angeklagt. Erhärten sie sich nicht, werden die Ermittlungen eingestellt. Und die Pädagogen könnten rein rechtlich zurück in den Kindergarten.
Warum wurde Daniela Cochlar, Leiterin der MA 10 (Kindergärten), abgesetzt?
Weil es zwischen ihr und Wiederkehr „unterschiedliche Auffassungen“ hinsichtlich des Krisenmanagements gab – sagt Wiederkehr. Konkret wirft er ihr vor, ihn und die Eltern der übrigen Kindergartenkinder zu spät informiert zu haben. Deshalb bat er Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) um die Absetzung, der Bürgermeister kam dieser Bitte nach.
Werden die Eltern nun besser informiert?
Die Stadt probiert das, aber die Elternvertreter des betroffenen Kindergartens kritisieren auch nach den neuesten Entwicklungen noch unzureichend informiert worden zu sein.
Und gab es nicht auch Vorfälle an einem anderen Kindergarten und einer Schule?
Ende Mai berichtete Der Standard, dass der Lehrer einer Wiener Mittelschule über Jahre hinweg Kinder sexuell missbraucht haben soll. Mittlerweile soll es mehr als 25 Opfer geben. Eine Untersuchungskommission wurde eingerichtet, ermittelt wird nicht mehr – der Lehrer beging Suizid. Die Krone berichtete zuletzt von möglichen sexuellen Übergriffen in einem privaten Kindergarten in Liesing. Die Staatsanwaltschaft wurde verständigt.
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