Eine Krebspatientin, deren Zustand sich verschlechterte, weil ihre Onkologie-Ambulanz geschlossen war, ein 14-Jähriger mit Verdacht auf akuter Angina, der vom Hausarzt nicht behandelt wurde, ein Patient mit starken Zahnschmerzen, der im Kreis geschickt wurde – zahlreiche Beschwerden dieser Art langten vor allem zu Beginn der Corona-Krise bei der Wiener Patientenanwaltschaft ein. Im nun vorliegenden Jahresbericht 2020 ist daher den Auswirkungen der Pandemie auf die Gesundheitsversorgung ein eigenes Kapitel gewidmet.
Scharf fällt vor allem das Urteil über die Arztordinationen aus: Im Bericht ist von „unkoordinierten und medizinisch nicht begründbaren“ Schließungen und einer massiven Reduzierung des Leistungsangebots die Rede, welche zu einer „besorgniserregenden Fehl-, Unter- und Nichtversorgung“ geführt hätten. Wobei Patientenanwältin Sigrid Pilz gegenüber dem KURIER auch die großflächige Verschiebung von Behandlungen in den Spitälern als problematisch bezeichnet.
Aus Fehlern gelernt
„In der zweiten Welle im Herbst hat dann das System besser funktioniert – sowohl im niedergelassenen Bereich als auch in den Krankenhäusern“, schildert Pilz. Jedenfalls sei die Zahl der Beschwerden deutlich zurückgegangen.
Die Patientenanwältin ortet aber auch positive Nebeneffekte, die die Krise bei allen Problemen mit sich gebracht habe. Sie habe telemedizinischen Anwendungen zum Durchbruch verholfen – etwa die Rezept-Verordnung oder die Krankschreibung via Telefon. „Dinge also, die schon seit Langem gefordert wurden“, sagt die Patientenanwältin.
Mittlerweile entspannt habe sich laut Pilz auch die Lage in den Pflege- und Seniorenwohnheimen. Hier sorgten vor allem die Einschränkungen für Bewohner wie Besucher für Kontroversen, die bis hin zu juristischen Auseinandersetzungen führten.
Ungeimpftes Personal
„Ein Problem ist aber weiterhin, dass in manchen dieser Einrichtungen die Durchimpfungsrate beim Personal unterdurchschnittlich ist“, kritisiert die Patientenanwältin. „Dabei gibt es Bewohner, die aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden können. Wie kommen sie dazu, dass sie womöglich vom ungeimpften Personal angesteckt werden?“
Pilz bekräftigt daher ihre Forderung nach einer Impfpflicht für alle Berufsgruppen, die mit vulnerablen Personen zu tun haben.
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