Die Wienerwaldbäche, die Wien durchfließen, sind großteils in Vergessenheit geraten. Kein Wunder – die meisten der rund 50 Gewässer sieht man nicht mehr. Sie wurden im Lauf der Zeit in die Kanalisation eingegliedert und verlaufen unter den Straßen der Großstadt.
Dabei geht, gerade in Zeiten des Klimawandels, einiges an Potenzial verloren. Potenzial, das die Initiative „ProBach“ schon länger erforschen will.
Testbach gesucht
„Bachwasser ist zwar kein Trinkwasser, aber es ist sauber. Man könnte es also zur Bewässerung oder für oberflächliche Wasserläufe nutzen“, erklärt Projektleiter Philipp Stern vom privaten Forschungsinstitut „Building Research & Innovation“ im Gespräch mit dem KURIER.
Hitzeinseln im dicht verbauten und versiegelten Gebiet könnten so entschärft werden. Um die Auswirkungen eines städtischen Wasserlaufs zu untersuchen, braucht es jedoch zunächst einen „Testbach“. Ein solcher könnte schon bald am Vorplatz des Wiener Museumsquartiers vor sich hin plätschern.
Das Mikroklima vor dem MQ
„Es gab positive Vorgespräche mit dem Museumsquartier. Auch dort denkt man, dass er sich auf das Mikroklima vor Ort positiv auswirken könnte und zudem ein zusätzlicher Begegnungs- und Erholungsraum geschaffen wird. Es wurde aber noch keine endgültige Entscheidung getroffen“, sagt Stern.
Mangelnde Finanzierung
Bereits im Vorjahr war eine Demostrecke geplant, damals noch entlang des alten Ottakringer Bachs an einem großen, versiegelten Platz in Alt-Ottakring. „Der Bezirk hatte großes Interesse und hätte auch im Rahmen des Bezirksbudgets Geld zur Verfügung gestellt. Leider hat das nicht ausgereicht und wir aus dem Forschungsprojekt können das nicht alleine stemmen.“
So habe man sich nach alternativen Plätzen in der Stadt umgesehen und sei über die Begrünungsaktion „MQ goes Green“ auf das Museumsquartier aufmerksam geworden. „Wir untersuchen gerade die Machbarkeit und haben das Projekt um ein Jahr verlängert.“ So könne man es 2024 umsetzen und im kommenden Sommer die nötigen Messungen vornehmen.
Was man dabei messen würde? „Wir machen ein mikroklimatisches Monitoring“, erklärt Stern, „wir messen die Lufttemperatur und -feuchtigkeit sowie die Strahlungsintensität. So ein Wasserlauf braucht ja auch immer eine Beschattung.“ Zusätzlich würde man sich mit den Menschen vor Ort unterhalten, um Bedenken und Verbesserungsvorschläge zu erheben.
Vergessene Bäche
„Wir wollen mit dem Projekt auch aufzeigen, dass diese vergessenen Wienerwaldbäche Wasser in die Stadt bringen, das nicht in die Kläranlage muss. Man könnte es alternativ nutzen und an manchen Stellen auch oberflächlich führen. An der Alszeile etwa – wo auch Platz ist“, erklärt Stern die Vision des Projektes.
Dass das kein einfacher Prozess wird, ist ihm bewusst. „Wir sind nun einmal in der Stadt, wo öffentlicher Platz großer Konkurrenz ausgesetzt ist.“ Wichtig sei, dass man das Potenzial erkenne. So wie etwa in Zürich, das bereits in den 1980er-Jahren ein erfolgreiches Bachkonzept ins Stadtbild integriert hat. Oder auch in Darmstadt, wo es Bestrebungen gebe, den Darmbach wieder an die Oberfläche zu bringen.
Ungewisse Studie
Bei Oppositionsparteien ist die Idee, Bäche wieder an die Oberfläche zu holen, jedenfalls beliebt. Im Wahlkampf 2020 forderte Christoph Wiederkehr (Neos), inzwischen Vizebürgermeister, dass bis 2025 in jedem Bezirk eine neue Wasserfläche entsteht.
Im Koalitionsabkommen mit der SPÖ wurde schließlich eine Machbarkeitsstudie vereinbart, um zu untersuchen, wo neue Gewässer an der Oberfläche umsetzbar wären. Durchgeführt wird diese seit 2021 vom Büro der roten Planungsstadträtin Ulli Sima und der MA 45 (Wiener Gewässer).
Auf KURIER-Anfrage geben sich Magistrat und Stadt zur Projektdauer und Studienpräsentation zurückhaltend. Man werde die Ergebnisse gemeinsam mit dem Koalitionspartner präsentieren und dazu breit einladen.
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