Schuldig: 15 Monate bedingte Haft für Ex-Ministerin Karmasin

Vier Tage lang wurde verhandelt, wurde jeder Vorwurf akribisch aufgearbeitet. Am Dienstag um 17.25 Uhr kam das Schöffengericht in Wien zu einem Urteil: Ex-Familienministerin Sophie Karmasin ist schuldig. Sie hat illegale Wettbewerbsabsprachen getätigt; nicht rechtskräftig. Vom Vorwurf des schweren Betrugs wurde Karmasin allerdings freigesprochen. Die Ex-Politikerin nahm das Urteil mit starrem Blick auf den Boden zur Kenntnis.
Richter Patrick Aulebauer stellte klar, dass Karmasins Verantwortung im Prozess als nicht glaubwürdig einzustufen war. Konkret war ihr vorgeworfen worden, bei Studien für das Sportministerium zwei Scheinangebote (unter anderem von ihrer Ex-Mitarbeiterin Sabine Beinschab, Anm.) einreichen zu lassen – um selbst den Zuschlag zu bekommen.
Sie habe zuvor schon fixe Zusagen vom Ministerium bekommen, hatte Karmasin beteuert. „Zum Teil ist sicher schlampig gearbeitet worden. Aber mehrere Zeugen haben geschildert, dass es keine Beauftragung davor gegeben hat“, sagte Aulebauer. Diese Absprachen waren rechtswidrig. „Es ist auch nicht glaubwürdig, dass Sie das nicht erkannt haben.“
"Keinen Anspruch"
Auch beim zweiten Faktum, dem Betrugsvorwurf, sah das Gericht eigentlich keinen Zweifel. Karmasin hatte nach ihrer Ministerzeit Entgeltfortzahlung vom Bund bekommen, obwohl sie bereits wieder verdiente. „Darauf hatten Sie keinen Anspruch. Das war nicht unbedacht, das war zweifellos ein Betrug.“ Dennoch: Einen Tag, bevor die Korruptionsjäger ihre Ermittlungen dazu aufnahmen, zahlte Karmasin den Betrag zurück. Wohl wissend, dass es bereits Presseanfragen zu dem Thema gab. Dennoch: Sie zahlte zuvor, somit bleibt sie straffrei.
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Immer wieder ging der Richter auf die Rolle von Kronzeugin Sabine Beinschab ein. Denn die sei „äußerst glaubwürdig“ gewesen. „Sie hat nicht den Eindruck gemacht, dass Sie Ihnen schaden will. Sie wollte reinen Tisch machen. Anders hat das bei Ihnen ausgeschaut. Sie haben immer versucht, Ihre Handlungen schön zu reden.“
Karmasin (vertreten von Norbert Wess und Philipp Wolm) hatte kurz vor der Urteilsverkündung noch die Gelegenheit genutzt, selbst das Wort zu ergreifen. Das Wort „naiv“ sparte sie diesmal aus. „Ich bin kein Opfer. Ich habe Fehler gemacht. Dafür stehe ich ein. Aber ich kann nicht für alles Verantwortung übernehmen“, erklärte Karmasin.
Attacke gegen Beinschab
Und sie attackierte die Kronzeugin – ihre ehemalige Mitarbeiterin Beinschab: „Ich habe sie immer unterstützt, habe ihr beigestanden, als sie aus guten Gründen entlassen wurde. Ich habe ihr dann auch noch Aufträge organisiert – die hätte sie nie alleine erhalten. Sie braucht nicht die Arme zu spielen. Sie hat gut damit verdient. Sie ist eine toughe Geschäftsfrau, kein armes Opfer.“
Sie selbst habe nie die Absicht gehabt, die Republik zu schädigen. „Ich war in einer Ausnahmesituation. Ich stand vor dem Trümmerhaufen meiner Karriere.“ Und auch die Zeit in Untersuchungshaft habe sie als sehr prägend erlebt. „Wenn man vier Mal in der Nacht das Licht in der Zelle aufgedreht bekommt, dann ist das keine allzu gute Erfahrung.“
Sebastian Kurz
wurde im Juni 2020, damals noch als Kanzler, im U-Ausschuss zur Bestellung von Thomas Schmid als ÖBAG-Chef befragt. Zuletzt wurde spekuliert, dass die WKStA ihn wegen Falschaussage anklagen will, der Antrag lässt aber auf sich warten
Heinz-Christian Strache
Der Ex-FPÖ-Vizekanzler wurde bereits in zwei Causen rechtskräftig freigesprochen, offen sind noch Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Wien zu Spesen-abrechnungen
Peter Sidlo
soll 2019 dank eines türkis-blauen Deals als Finanzvorstand der Casinos bestellt worden sein. Beschuldigt sind in der Causa u. a. auch Ex-FPÖ-Klubchef Johann Gudenus, Ex-FPÖ-Staatssekretär Hubert Fuchs, Ex-ÖVP-Finanzminister Hartwig Löger, Ex-Casinos-Aufsichtsratspräsident Walter Rothensteiner und Ex-AufsichtsratJosef Pröll
Ende 2022 wurden angeblich noch einmal Zeugen befragt – bis dato gibt es aber weder Anklagen noch Einstellungen. In der Warteschleife hängen in dieser Causa auch Johann Graf und Harald Neumann vom Glücksspielkonzern Novomatic
Gernot Blümel
Die WKStA hat bereits einige Anzeigen bzw. Verfahren gegen den Ex-ÖVP-Finanzminister eingestellt, offen ist aber immer noch der Vorwurf der Intervention in einer Steuercausa für Neumann von Novomatic
Der ebenfalls angeklagte Mitarbeiter des Sportministeriums wurde vom Vorwurf der Wettbewerbsabsprachen übrigens freigesprochen. „Er ist kein Spitzenbeamter. Es sitzt der Falsche hier“, hatte sein Anwalt Thomas Krankl zuvor beteuert.
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