Belastete Namen: Es ist noch viel zu tun
Vergangene Woche war es soweit: der Kulturausschuss der Stadt Wien beschloss die Umbenennung des Richard-Kuhn-Wegs. Auf Engagement des 14. Bezirks soll dieser Straßenzug in Stadt-des-Kindes-Weg umbenannt werden.
Zur Erinnerung: Historiker Oliver Rathkolb hatte im Auftrag der Stadt zwei Jahre lang mit einem Team die personenbezogenen Verkehrsflächen auf historisch problematische Persönlichkeiten untersucht.
Das Ergebnis wurde 2013 präsentiert: 159 heikle Straßennamen. Bei 28 von ihnen sahen Rathkolb und sein Team „intensiven Diskussionsbedarf“, bei weiteren 56 „Diskussionsbedarf“ und die verbleibenden 75 waren „Fälle mit demokratiepolitisch relevanten biografischen Lücken“.
Beim Richard-Kuhn-Weg handelt es sich um einen Straßennamen „mit intensivem Diskussionsbedarf“. Diese Umbenennung wird nach der Änderung des Wilhelm-Neusser-Parks („intensiver Diskussionsbedarf“) in Wanda-Lanzer-Park im Oktober 2018 im vierten Bezirk die zweite Umbenennung sein.
Was ist seit Veröffentlichung dieses Berichts eigentlich geschehen?
Schwierigkeiten für Bezirke
„Die Stadt hat bei allen 28 ,Fällen mit intensivem Diskussionsbedarf’ Zusatztafeln veranlasst“, heißt es aus dem Büro von Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ). Nachsatz Nummer eins: Man finde Zusatztafeln sinnvoller als Umbenennungen, man wolle die Geschichte der Stadt nicht auslöschen.
Diesen Zugang befürwortet Oliver Rathkolb. Straßen umzutaufen, würde bedeuten, eine „klinisch reine Geschichte“ zu kreieren. Zweiter Nachsatz der Stadt: Straßenbenennungen seien Bezirksangelegenheit. Mit 28 Tafeln sei man also in Vorlage gegangen.
So einfach ist das für die Bezirke offenbar nicht.
Die Penzinger Bezirksvorstehung hat nämlich den Antrag auf Umbenennung des Richard-Kuhn-Wegs im Jahr 2014 eingebracht. Wieso der Antrag erst vier Jahre später im Kulturausschuss war? So eine Maßnahme müsse genau geprüft werden, heißt es aus der Stadt.
Fehlende Tafel
Interessant ist ein Fall im 17. Bezirk. 2017 wurde von den Grünen ein Antrag für eine Zusatztafel beim Leopold-Kunschak-Platzes beschlossen. Diese Tafel hängt bis heute nicht. Der Entwurf liegt derzeit bei der MA 7 (Kulturabteilung).
Kurios: Leopold Kunschak fällt in die Kategorie „intensiver Diskussionsbedarf“ (christlich-sozialer Politiker, bekannter Antisemit). Damit müsste hier eigentlich bereits eine Zusatztafel der Stadt hängen.
Die näheren Umstände konnte das Büro der Kulturstadträtin am Montag nicht erläutern. Es werde auch keine Liste geführt, wie viele von den 28 Namenstafeln tatsächlich hängen würden.
Zusätzlich weiß Historiker Peter Autengruber (Teil des Forschungsteams von Oliver Rathkolb, Mitautor des Buchs „Umstrittene Wiener Straßennamen, Anm.), dass die Ottakringer Bezirksvertretung beim Weinheberplatz („Diskussionsbedarf“) eine Zusatztafel errichten ließ und die Meidlinger Bezirksvertretung beschloss, dass die Arndtstraße nicht mehr nur nach Ernst-Moritz-Arndt („Diskussionsbedarf“), sondern auch nach der Widerstandskämpferin Ilse Arndt benannt sein soll.
Vorreiter Wien
Von 159 heiklen Straßennamen wurden also 30 Fälle bearbeitet. Ist das zu wenig? Wien sei im Umgang mit bedenklichen Straßennamen seit der Diskussion um den Karl-Lueger-Ring (er wurde 2012 in Universitätsring umbenannt) Vorreiter, meint Rathkolb. „Es gibt keine andere Großstadt, die alle personenbezogenen Namen untersucht hat.“
Aufholbedarf sieht er aber – bei den 56 Benennungen mit Diskussionsbedarf. „Ich würde es begrüßen, wenn Stadträtin Kaup-Hasler die Kulturausschüsse motivieren könnte, diese auf Bezirksebene zu diskutieren.“
Außerdem könnte sich die Stadt Alternativen zu den blauen Zusatzschildern überlegen, findet Rathkolb. Zum Beispiel größere Tafeln wie in Berlin. „Da kann man gut Informationen unterbringen.“
Kommentare