Frauen in Wiener Straßennamen: Auf der Strecke geblieben

Die Romy-Schneider-Gasse in Liesing ist einer der wenigen Straßen, die nach einer Frau benannt ist.
Nur elf Prozent der Wiener Straßen sind derzeit nach Frauen benannt, die Stadt bemüht sich um ein ausgeglicheneres Verhältnis.

Rosa Tree lebte um 1900 in Wien-Liesing.  In einer Zeit, in der es kaum Unternehmerinnen gab, eröffnete die  alleinerziehende Mutter von zwei Buben einen Kohlenhandel, brachte ihren Mann und ihren Bruder im Geschäft unter, schaffte es, ihr Unternehmen stetig zu vergrößern.

Seit Kurzem ist Rosa Tree eine Straße in Wien-Liesing gewidmet. Eine bis dato namenlose Quergasse zwischen Breitenfurter Straße und Fröhlichgasse wurde  in Rosa-Tree-Gasse umbenannt.

Eingebracht hatten den Antrag ihr Enkel, August Tree,  der das Familienunternehmen führt. Die Verdienste seiner Großmutter  haben  die politischen Gremien überzeugt.

Frauen in Wiener Straßennamen: Auf der Strecke geblieben

Die Unternehmerin Rosa Tree.

Gleichzeitig sind die Bezirke derzeit angehalten, bei Verkehrsflächenbenennungen vorrangig auf Frauennamen zurückzugreifen.

Wie der GenderAtlas (Forschungsprojekt von  TU Wien und Uni Wien) 2016 aufzeigt hat,  stehen in Wien 1541 Kilometer  männlich benannter Straßen nur 109  Kilometern weiblich benannter Straßen gegenüber.

„Historisch gewachsen“

„Dieses Ungleichgewicht ist historisch gewachsen“, heißt es aus dem Büro von Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ). Man arbeite daran, das auszugleichen. 2018 wurden  39 Benennungen nach Frauen   und 15 nach Männern vorgenommen.

In der Seestadt Aspern  – einem Pionierprojekt in puncto weiblicher Straßennamen – gibt es nun  die Barbara-Prammer- sowie die Doris-Lessing-Allee und auch den Pippi-Langstrumpf-Park.

Frauen in Wiener Straßennamen: Auf der Strecke geblieben

Nöstlinger-Park?

In die Straßenkarte eingeschrieben werden soll auch die kürzlich verstorbene Kinderbuchautorin Christine Nöstlinger – wofür sich allen voran die  Hernalser Grünen stark machen. Im Gespräch war,  eine bisher namenlose Fläche an der Ecke Rötzergasse/Hormayrgasse Nöstlinger-Platz zu taufen, eine Einigung fehlt bisher.

Nun schlagen die Grünen eine weitere Variante vor: Einer der Parks im Bezirk, zu dem eine gleichnamige Gasse existiert, könnte umgetauft werden. Etwa der Lidl-, Ortlieb-, oder  Pezzlpark.

Letzterer wäre aus Sicht von Klubchef Sepp Neustifter am geeignetsten: „Möglicherweise hat sie dort als Kind gespielt, der Park liegt nahe ihres Wohnhauses.“  Der Platz wird frühestens  kommenden Sommer Realität. Denn nach dem Tod einer Person gibt es ein Trauerjahr.

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Christine Nöstlinger soll in die Hernalser Straßenkarte eingeschrieben werden.

„Noch 100 Jahre“

Das aktuelle Bestreben, mehr Plätze und Gassen nach Frauen zu benennen, begrüßt Petra Unger, Expertin für Gender Studies und Begründerin der Wiener Frauen*Spaziergänge. Allein: „Wir können wohl die nächsten 100 Jahre so  fortfahren. Derzeit liegt der Anteil der nach Frauen benannten Straßen bei elf Prozent.“

Warum ein Engagement wichtig ist: „Öffentliche Ehrungen sind identitätsstiftend. Wenn ich Personen im Stadtbild finde – das betrifft nicht nur Straßennamen, sondern auch Denkmäler  – mit denen ich mich identifiziere, fühle ich mich  mehr zugehörig“, sagt Unger.  „Wichtig wäre es noch, Frauen mit möglichst unterschiedlichem Hintergrund auszuwählen.

Umstrittenes Trümmerfrauen-Denkmal

Besonders negativ findet sie  übrigens das neue Denkmal der Trümmerfrauen auf der Mölker Bastei. Waren unter den ihnen doch  vielfach zur Zwangsarbeit verpflichtende Nationalsozialistinnen. „Die Stadt sollte das nicht unkommentiert stehenlassen.  Sie könnten eine Zusatztafel   errichten. Oder ein anderes Kunstwerk.“

 

Eine Zusatztafel braucht es aus Sicht von Oliver Rathkolb, Vorstand des Instituts für Zeitgeschichte an der Uni Wien, nicht. Das Trümmerfrauen-Denkmal werde ohnehin kaum wahrgenommen.

Inhaltlich behandle es auch lediglich einen kleinen Teil der Rolle von Frauen beim Wiederaufbau. „Die Bedeutung der Frauen lag vielmehr darin, das Überleben zu sichern“, sagt der Historiker. „Dafür wäre ein Denkmal angebracht.“

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