Wien will für Bewerbung 100 Millionen ausgeben

Wien will für Bewerbung 100 Millionen ausgeben
Wiener entscheiden über Olympia: Vor der Volksbefragung macht Bürgermeister Häupl Stimmung für die Sommerspiele.

Die Erfolge der Wintersportler in Schladming spornen auch die Wiener in Sachen Olympia-Bewerbung an. „Wir nehmen diese Bewerbung beide sehr ernst. Wenn uns die Wiener ihre Stimme geben, werden wir unsere ganze Organisationskraft hineinlegen“, erklärten Bürgermeister Michael Häupl und der ÖOC-Präsident Karl Stoss am Montag im Blitzlichtgewitter.

Ein kleiner Vorgeschmack auf das, was medial 2028 auf Wien zukommen könnte: Hunderte Fernsehsender würden die sportlichen Bewerbe aus Wien weltweit übertragen, und zum Image Wiens eine neue Facette hinzufügen. Aus einer Musik- und Kulturstadt könnte, so Häupl, eine echte Sportmetropole werden.

Bis dahin ist ein weiter Weg. Bei der Volksbefragung vom 7. bis 9. März entscheiden die Wiener, ob sie das überhaupt wollen. Große Unschärfen gibt es im Vorfeld zu den Kosten. 20 Mio. € hat London vor 10 Jahren für die Olympia-Bewerbung ausgegeben, 11,5 Milliarden € für die Spiele. In Wien rechnet SP-Klubobmann Rudolf Schicker mit 80 bis 100 Mio.€ für die Bewerbung. Franz Stoss spricht von 40 Millionen, die reichen könnten. Ähnlich hohe Geldmittel wie in London wären in Wien für neue Sportstätten, U-Bahnen und für das Olympische Dorf notwendig. Kritiker sprechen von einem finanziellen Abenteuer.

Für Michael Häupl geht es aber um mehr: „Es geht um die Zukunft Wiens, um Wissenschaft und Forschung aber auch um ein neues Image für die Stadt.“ Mit der Fußball-EM habe Wien der Welt gezeigt, was es kann. Viele der neuen Sportstätten und Infrastruktur-Bauten würde Wien ohnehin bald in Angriff nehmen müssen (siehe auch Video unten).

Wer soll das bezahlen? Neben der Kostenbeteiligung des Bundes und privater Sponsoren könnten PPP-Modelle entwickelt werden. Häupl spricht auch davon, temporäre Sportstätten zu errichten, die man nach den Spielen wieder verkleinern könnte.

Stimmen die Wiener zu, dann wird das ÖOC 2019 zu einer Bewerbung eingeladen, 2020 würden drei „Candiate Citys“ ausgewählt und unter Beobachtung gestellt. 2021 würde eine Entscheidung fallen. Bürgermeister Häupl ist bereits davon überzeugt: „Wenn wir uns bewerben, werden wir auch gewinnen.“ Und: „Das ist mir jedenfalls lieber, als wir geben das Geld einer Kärntner Bank.“

Wolfgang Rosam, Werbeprofi aus Wien und politischer Berater diverser Kampagnen, wie etwa auch jener zur Abstimmung über den EU-Beitritt, denkt im KURIER über die Olympischen Spiele in Wien laut nach.

KURIER: Was bedeuten für einen Werbeprofi 80 bis 100 Millionen Bewerbungskosten für die von Wien angestrebten Spiele im Jahr 2028?

Wolfgang Rosam: Das ist sicher eine kostspielige Angelegenheit, aber man darf die Vorteile dabei nicht übersehen. Allein schon die Bewerbung rückt Wien weltweit in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Für ein solches Megaprojekt sind auch 100 Millionen Euro nicht zu viel.

Wofür wird das viele Geld denn dann tatsächlich ausgegeben?

Die Imagekampagne ist dabei noch der geringere Aufwand. Die teuren Dinge sind die Machbarkeits-Studien für Projekte und die Planungsleistungen selbst, die in diesen Kosten ja bereits enthalten sein müssen.

Dennoch ein sehr hohes Risiko für die Wiener?

Was mich daran stört, ist schon wieder die negative Grundstimmung. Man darf das Kind doch nicht mit dem Bade ausgießen. Man muss die Chancen einer solchen Bewerbung wahrnehmen.

Aber da kommen ja auch noch die Kosten für die Stadien und Schwimmhallen hinzu.

Der Zustand der Wiener Sportstätten ist sehr schlecht. Die müssen demnächst fast alle saniert werden und auch in die Infrastruktur muss man viel investieren. Das kostet auch ohne Spiele einen Haufen Geld.

Wie würden Sie sich selbst entscheiden?

Ich bin absolut für eine Bewerbung. Man muss sich nur die Erfolge von London anschauen.

Hurra, wir holen die Olympischen Spiele nach Wien. Da kann man nur begeistert zustimmen, ja, geradezu in fröhlichen Jubel ausbrechen. Wer will schon ein Spielverderber von olympischer Dimension sein? Den Kalauer mit dem Stadthallenbad, das wahrscheinlich auch 2028 noch tröpfeln wird, wollen wir einmal beiseite lassen. Aber ein paar Fragen darf man schon stellen, oder?

Steht hinter der Olympia-Euphorie irgendein städtebauliches Konzept? Abgesehen von den Sportstätten für 26 unterschiedliche Sportarten von Badminton bis Volleyball verändert ein derartiger Riesenevent eine Stadt ganz grundsätzlich.

Dazu kommt, dass die Stadt Wien alleine die rund 300 Wettbewerbe nicht wird austragen können. Für die Segler etwa wird die alte Donau nicht reichen, den Attersee lassen wir als Wiener Vorort gelten. Wenn aber ganz Österreich davon betroffen ist und alle Österreicher dafür zahlen, warum werden dann nur die Wiener befragt?

Apropos Geld: London hat rund vier Milliarden Euro für Olympia geplant und mehr als zwölf Milliarden ausgegeben, wobei London mehr Einwohner hat als ganz Österreich. Alleine für die Bewerbung müssten 80 bis 100 Millionen Euro vorgesehen werden, hat SPÖ-Klubobmann Schicker berechnet. Nehmen wir dafür einen Franken-Kredit auf?

Nun hat die EURO 2008 Wien ja einiges gebracht, wird im Rathaus argumentiert. Schon, aber da hatten wir sieben Spiele in der Stadt, nicht 300 Bewerbe.

Große Projekte können durchaus Sinn haben, aber den muss die Politik einmal erklären. Erst dann hat es Sinn, die Bürger zu fragen, ob sie diesen auch erkennen.

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