Gastpatienten-Gipfel: Gute Gespräche zwischen harten Fronten

Zuletzt hat die Frage um Gastpatienten für viele Debatten und viel Emotion gesorgt. Wien fühlt sich, wie berichtet, benachteiligt, weil in der Hauptstadt viele Personen aus anderen Bundesländern behandelt werden, wodurch sich ein finanzieller Nachteil ergebe. In Niederösterreich und Burgenland wiederum bezweifelt man den von Wien genannten Wert, nämlich 610 Millionen Euro.
Zudem spricht man sich in beiden Bundesländern vehement gegen getrennte Wartelisten aus, die Wiener bevorzugen und Niederösterreicher und Burgenländer benachteiligen würden.
Am Montag kam es zu einer ersten Annäherung. Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) traf sich mit Niederösterreichs Gesundheitslandesrat Anton Kasser (ÖVP).
Vorsichtige Zuversicht für eine Lösung
Auf niederösterreichischer Seite stufte man das Gespräch in einer ersten Reaktion gegenüber dem KURIER als harmonisch ein. Allerdings dürften die Fronten auf beiden Seiten weiterhin klar abgesteckt sein.
"Es ist ein Startschuss gewesen und wir sind zuversichtlich, dass ein Ergebnis erreicht werden kann. Bis 2028 werden wir dafür nicht brauchen", versicherten beide Gesundheitspolitiker.

Gesundheitslandesräte Anton Kasser (ÖVP) aus Niederösterreich und Peter Hacker (SPÖ) aus Wien
„Wir haben uns gegenseitig zugehört, wir haben Argumente ausgetauscht“, sagte Hacker. „Wir sind die Vorbereitenden“, ergänzte Kasser.
Was man auch hört: Wien soll in den Gesprächen vor allem auf eine Lösung des Finanzierungsproblems schon vor dem nächsten Finanzausgleichspakt im Jahr 2028 erpicht sein.
Ein nächsten Treffen wurde in zwei Wochen angesetzt. Es werde mit Hochdruck weiter daran gearbeitet, dass dieser heutige erste Schritt auch zu einer Lösung führt, so die Landesgesundheitsräte.
Ludwig: "Erster gemeinsamer Erfolg"
Bereits am Vormittag sickerte ein Vorschlag aus Niederösterreich durch: Kasser (ÖVP) stellt sich demnach eine "Kommission" vor, die auch den neuen Finanzausgleich verhandeln soll.
In Wien wurde betonte, dass es sich um ein Vorgespräch für einen etwaigen Gesundheitsgipfel handle. Einen solchen fordert Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) schon länger – und pocht gleichzeitig auf eine gemeinsame Steuerung und die Schaffung einer „Gesundheitsregion Ost“, die auch als Vorbild für den Westen dienen könnte.
Ludwig nannte das Treffen am Nachmittag einen „ersten gemeinsamen Erfolg“. Er brachte erneut die Schaffung einer gemeinsamen Gesundheitsregion ins Spiel. Jetzt sei es wichtig, sich aufeinander zuzubewegen, hieß es.
Ablehnung für Kompetenzverschiebung
Erneute Ablehnung kam von Ludwig in der Diskussion um eine Verlagerung der Kompetenzen für die Spitäler von den Ländern hin zum Bund: Mit der gemeinsame Gesundheitsregion solle man lieber „auf realistisch umsetzbare Lösungen setzen sollten und nicht auf Luftschlösser, die keine rasche Verbesserung der Gesundheitsversorgung bringen können“.
Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) forderte am Montag, dass Gesundheit keine Frage des Hauptwohnsitzes sein darf: „Wir müssen wieder davon wegkommen, dass nach dem Hauptwohnsitz gefragt wird, wenn man eine Behandlung braucht. In Niederösterreich fragen wir weiterhin, was den Patienten fehlt und wie wir helfen können – und nicht nach dem Meldezettel." Das solle in ganz Österreich gelten.
Burgenlands Landeschef Hans-Peter Doskozil (SPÖ) erklärte, es sei eine „Selbstverständlichkeit“, dass komplexe Angebote überregional geplant und bundesländerübergreifende Zusammenarbeit vertieft werden müssen. „Dass es falsch ist, bei der Gesundheitsversorgung regionale Grenzen hochzuziehen, zeigt ja die derzeitige Gastpatienten-Diskussion.“
Eine Zentralisierung würde drastische Verschlechterungen für Patienten und einen Kahlschlag in der derzeitigen Spitalslandschaft bringen.
Landeshauptmann Burgenland
Natürlich brauche es eine Zusammenarbeit: „Aber die Instrumente dafür sind bereits vorhanden und die Spielregeln mit einer geltenden 15a-Vereinbarung klar definiert“, betonte der Landeshauptmann.
Edtstadler will Zuständigkeiten ändern
Die von Salzburgs Landeshauptfrau Karoline Edtstadler (ÖVP) angestoßene Diskussion über eine Verlagerung der Gesundheits- und Spitalskompetenzen von den Ländern hin zum Bund lehnt Doskozil vehement ab. Eine Zentralisierung würde „drastische Verschlechterungen für Patienten und einen Kahlschlag in der derzeitigen Spitalslandschaft“ bringen, warnte er.
Edtstadler hatte sich am Wochenende, unter anderem im KURIER-Interview, dafür ausgesprochen, die Gesundheit in die Zuständigkeit des Bundes zu geben. „Natürlich mit der gesamten Budgetverantwortung, um hier besser koordinieren zu können.
Wir brauchen die Spitäler in den Bezirken, wir brauchen eine Basisversorgung“, führte Edtstadler aus. „ Es kann aber besser zentral gesteuert werden, wo teure medizinische Instrumente stehen, wo es Qualitätszentren für die Behandlung der verschiedensten Krankheiten gibt. Es kann nicht in jedem Bundesland alles geben.“
Auch in Tirol, wo unter anderem viele Gastpatienten aus Vorarlberg versorgt werden, plädiert man auf neue Lösungen. Ob weitere Schritte folgen könnten, wird sich am Montag noch weisen.
Dass es Verbesserungen brauche, war auch die vorherrschende Meinung der Patientenanwälte auf einer Tagung am Donnerstag in St. Pölten. „Die Gesundheitsversorgung wird aus verschiedenen Töpfen finanziert. Hier braucht es eine bessere Koordinierung“, sagte der niederösterreichische Patientenanwalt Michael Prunbauer zum ORF.
Auf die Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten müsse eingegangen werden und diese könnten nicht an der Bundesländergrenze enden. Eindringliche Worte fand auch Wiens Patientenanwalt Gerhard Jelinek: „Wenn man sich schon nicht dazu durchringen kann, das gesamte Gesundheitswesen in Österreich in eine Hand zu legen, muss zumindest die Ostregion gemeinsam geplant und finanziert werden.“
Auf eine "Gesundheitsregion Ost" drängte am Montag auch die SPÖ Niederösterreich. „Alle Patientinnen und Patienten haben ein Recht auf rasche und bestmögliche Behandlung“, betont Klubobmann Hannes Weninger in einer Aussendung an.
Eine solche könne in einer gemeinsamen Spitalsplanung besser gewährleistet werden als weiter auf starren Landesgrenzen zu beharren, so Weninger. Und weiter: „Niederösterreich, Wien und Burgenland sind längst ein gemeinsamer Lebens- und Wirtschaftsraum, das soll sich auch in der Spitals- und Ärzteplanung widerspiegeln.“
"Leistungen dort bezahlen, wo sie erbracht werden"
Ein gemeinsames Finanzierungssystem soll künftig „sicherstellen, dass Leistungen dort bezahlt werden, wo sie erbracht werden.“ Der Klubobmann kündigte zudem an, dass das Nachtragsbudget für 2025 und 2026 von der SPÖ NÖ mitgetragen wird.
Behandelt werde das Thema am Donnerstag auch in einer Aktuellen Stunde („Gesundheit darf keine Frage der Postleitzahl sein“) im Landtag in St. Pölten, kündigt er an. Das Nachtragsbudget steht ebenfalls in der Donnerstag-Sitzung des Landtags an.
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