Edtstadler: "Spitäler in die Kompetenz des Bundes"

Die Salzburgerin Karoline Edtstadler (ÖVP) ist die erste Landeshauptfrau, die offen eine Verschiebung der Gesundheitskompetenzen in Richtung Bund anspricht.
KURIER: Frau Edtstadler, Sie waren lange in der Bundespolitik, seit 2. Juli sind Sie Landeshauptfrau von Salzburg. Was ist der große Unterschied, ob man für das Land oder den Bund politisch tätig ist?
Karoline Edtstadler: Es gibt viele Unterschiede. Die Schönsten davon sind, dass man viel direkter bei den Menschen ist, dass man Probleme schneller und besser lösen kann und dass man auch direkter kommunizieren muss, wenn es einmal keine schnelle oder gar keine Lösung gibt. Ein Unterschied ist natürlich auch der Weg zur Arbeit. Ich fahre mit dem Bus drei Stationen oder gehe zu Fuß an der Salzach mit dem Hund. Ich bin einfach in der schönsten Landeshauptstadt Österreichs und freue mich, dass ich diese Aufgabe übernehmen durfte.
Als Sie Ministerin waren, hat niemand damit gerechnet, dass Sie einmal in der Landespolitik landen werden.
Ich habe es damals selbst nicht geglaubt. Aber wie sagt man: Der Mensch denkt und Gott lenkt. Ich war selbst davon überrascht, aber ich muss sagen, es hat überhaupt nicht lange gedauert und ich bin voll angekommen.
Jetzt sind die Zeiten derzeit nicht einfach. Sie mussten vor wenigen Tagen ein großes Sparpaket verkünden. Wie schwierig war es, dieses in der schwarz-blauen Landesregierung durchzubringen?
Der Weg zur Konsolidierung war in Salzburg ja schon beschlossene Sache, bevor ich Landeshauptfrau geworden bin. Ich bin auch überzeugt davon, dass es der richtige Weg ist. Wir wollen bis 2030 bei einem ausgeglichenen Budget sein. Wenn wir das nicht machen, würden wir 2030 bei 4,4 Milliarden Euro Schulden liegen. Das entspricht dem gesamten Haushalt des Bundeslandes. Es waren schwierige Entscheidungen, aber das Verhandlungsklima war immer auf Augenhöhe und von Fairness geprägt.
Zum ausführlichen Interview mit Landeshauptfrau Karoline Edtstadler
Wie schwierig waren da die Gespräche mit dem Koalitionspartner FPÖ?
Wir haben insgesamt 13 Stunden verhandelt. Davor gab es natürlich zahlreiche Einzelgespräche. Am Schluss ist es um jede einzelne Million gegangen, ob etwa ein Familienpaket eingestellt wird oder nicht. Das ist nicht leicht und da musste jeder noch einmal in sich gehen. Da hat es auch Vieraugengespräche zwischen mir und Landeshauptfraustellvertreterin Marlene Svazek gegeben. Die waren fair und wir haben das Gesamtziel, 2030 ein ausgeglichenes Budget zu erreichen, immer vor Augen gehabt.
Dann war der Wirbel zwischen Ihnen und Marlene Svazek, als Sie als Nachfolgerin von Wilfried Haslauer präsentiert wurden, nur von kurzer Dauer gewesen.
Ich habe von Anfang an gesagt, dass wir uns im Sinne Salzburgs gut verstehen werden. Wir haben eine sehr professionelle Zusammenarbeit. Ich schätze, dass sie auch Verantwortung übernimmt und zu ihrem Wort steht.
Wenn es in den Bundesländern um Sparpakete geht, dann sind sehr oft die Landeskliniken ein schwerer Brocken. Wie sieht es da aus?
Gesundheit, Soziales und Wohnbauförderung sind mehr als 50 Prozent des Salzburger Budgets. Das sind dynamische Bereiche wie die medizinische Versorgung, die sich Gott sei Dank forschungsmäßig schnell weiterentwickeln, wo aber bei den Medizinprodukten, der Technik etc. hohe Kosten anfallen. Gleichzeitig gibt es eine dynamische Entwicklung bei der Lohnsteigerung. Bei den Ärzten um mehr als 24 Millionen Euro, bei der Pflege um 30 Millionen Euro in den vergangenen drei Jahren. Da muss man dann einmal auch sagen, dass etwas verschoben wird oder gar nicht kommt, wenn man ausgabenseitig ein Budget sanieren will. Deshalb haben wir ein Ärztepaket um 10 Millionen Euro gestrichen und zahlen den Corona-Bonus bei der Pflege nicht mehr aus.
Die Kliniken sind auch ein Teil der Strukturreformen, die derzeit zwischen Bund und Ländern verhandelt werden. Diese könnten vom Bund übernommen werden, dafür übernehmen die Länder den Bildungsbereich. Wie stehen Sie dazu?
Wenn wir Änderungen herbeiführen wollen, dann müssen wir auch einmal mutige, große Entscheidungen fällen. Und so eine Entscheidung wäre, die Gesundheit in die Zuständigkeit des Bundes zu geben. Natürlich mit der gesamten Budgetverantwortung, um hier besser koordinieren zu können. Wir brauchen die Spitäler in den Bezirken, wir brauchen eine Basisversorgung. Es kann aber besser zentral gesteuert werden, wo teure medizinische Instrumente stehen, wo es Qualitätszentren für die Behandlung der verschiedensten Krankheiten gibt. Es kann nicht in jedem Bundesland alles geben.
Und wie sieht es bei der Bildung aus?
Da ist es meiner Meinung nach umgekehrt. Die wäre bei den Ländern besser aufgehoben. Junge Menschen gehen in der Regel in der Nähe ihres Wohnortes in die Schule. Da kann von der Landespolitik besser beurteilt werden, wie viele Standorte es benötigt und wie diese Schulen ausgestattet sein sollen. Wenn wir schon über Kompetenzverteilung sprechen, dann nicht nur in Richtung Bund, sondern auch zu den Ländern.
Es sollte also bei diesen Gesprächen keine Tabus geben.
Wenn wir etwas erreichen wollen, dann müssen wir die großen Dinge angehen. Eine Kompetenzverschiebung der Gesundheit zum Bund wäre so eine große Entscheidung. Wer zahlt, soll auch koordinieren. Dann braucht man auch keine Ausgleichszahlungen für Patienten, die in anderen Bundesländern ins Krankenhaus gehen. Das ist in Salzburg eine große Diskussion, vielmehr aber noch zwischen Wien und Niederösterreich. Und bei der Bildung könnte man das Kompetenz-Wirrwarr entflechten.
Karoline Edtstadler (44)
Die Salzburgerin war auf bundespolitischer Ebene für die ÖVP Staatssekretärin im Innenministerium sowie Kanzleramtsministerin unter drei Kanzlern. Seit 2. Juli ist sie Landeshauptfrau von Salzburg.
Was im Kulturbereich besonders beobachtet wird: Wie sehr trifft das Sparpaket die Salzburger Festspiele?
Wir haben ein großes Investitionsvolumen vor uns, wenn es um die Salzburger Festspiele geht. Da gibt es eine paktierte Drittelfinanzierung zwischen Bund, Land und der Stadt Salzburg. Das ist viel Geld, das da in die Hand genommen wird. Man muss aber auch sagen, dass es da viele behördliche Auflagen zu erfüllen gibt. Deswegen hat man auch lange verhandelt. Die Frage ist, wie können wir die Übergangszeit gut bewältigen, wenn das große Festspielhaus über Jahre nicht zur Verfügung stehen wird. Wo sind die Interims-Spielstätten, wie kann man das ausgestalten, dass das Flair der Festspiele nicht verloren geht. Die Besucher wollen in der Stadt das Erlebnis mit den Festspielen haben und nicht auf einem Messegelände. Da gibt es noch viel zu diskutieren.
Salzburgs Bürgermeister Bernhard Auinger hat sich nun an die Öffentlichkeit gewandt und gefordert, dass das nicht aus den Rudern laufen darf.
Ich bin sehr überrascht und ich halte es für einen schlechten Stil, dass man einfach aus vertraulichen Kuratoriumssitzungen zitiert. Wir haben kommende Woche eine große Kuratoriumssitzung, wo es für das Land Salzburg aber auch für die Stadt um sehr viel geht. Ich kann seine Vorgangsweise eigentlich nicht einordnen. Ist es naiv gewesen oder Absicht? Da hätte ich mehr Vertraulichkeit erwartet.
Das Land Salzburg bleibt bei den Festspielen aber einer der Subventionsgeber wie bisher?
Na selbstverständlich. Die Salzburger Festspiele sind für die Wirtschaft extrem wichtig, da gibt es sehr viel Umwegrentabilität. Und die Salzburgerinnen und Salzburger lieben die Festspiele. Deswegen ist es auch so wichtig, welche Entscheidungen bezüglich der Interimsspielstätten getroffen werden. Ein Jedermann, der nicht am Domplatz stattfindet, ist kein Jedermann.
Wichtig sind auch die Personalentscheidungen. Es geht um die Schauspielchefin oder den Schauspielchef. Es geht auch um die Ausschreibung für die Präsidentschaft. Bürgermeister Auinger hofft, dass sich die derzeitige Präsidentin Kristina Hammer wieder bewirbt. Wie sieht es da aus?
Das ist etwas, worüber wir in der Sitzung am Dienstag beraten werden. Ich werde mich zum Unterschied vom Bürgermeister der Stadt Salzburg vorab öffentlich nicht äußern.
Noch eine persönliche Frage. Salzburg ist jetzt Ihre politische Heimat. Dennoch werden Sie in Wien in der ÖVP noch immer als politische Reserve gehandelt, die auf die auf die Bundesebene zurückkehren wird.
Ich bin in Salzburg angekommen, ich bin voll in meinen Aufgaben drinnen, ich genieße die Nähe zu den Bürgerinnen und Bürgern. Es ist meine Heimat, ich komme von dort her und bin dort einfach wahnsinnig gerne. Ich bin heute für das Interview zu Ihnen nach Wien gekommen. Aber ehrlicherweise, in Salzburg sind die Leute freundlicher auf der Straße als in Wien.
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