Salzburger Festspiele: Störaktion wird zur Staatsaffäre

SALZBURGER FESTSPIELE 2025: ERÖFFNUNG - STÖRAKTION
Bundespolizeidirektion leitete eine „umfassende Analyse“ ein. Im Vorfeld war vor Pro-Palästina-Demos gewarnt worden. Am Dienstag um 13.15 Uhr soll der "aktuelle Stand der Aufarbeitung" präsentiert werden.

Die Frage, wie sechs Aktivisten es geschafft haben, am Samstag den Festakt der Salzburger Festspiele zu stören, beschäftigt die höchste Ebene des Sicherheitsapparats. „Die Bundespolizeidirektion hat noch am Samstag eine umfassende Analyse des Einsatzes eingeleitet“, heißt es am Montag aus dem Innenministerium von Gerhard Karner (ÖVP).

Untersucht werden soll, wie die Pro-Palästina-Aktivisten in die Felsenreitschule hineingekommen sind, wo genau die privaten Sicherheits- und die Polizeikräfte postiert waren, wie schnell sie eingeschritten sind – und welche Fehler die Veranstalterseite gemacht haben könnte.

Kurzum: Der gesamte Einsatz aller Beteiligten soll durchleuchtet werden – auch, um Lehren für künftige Veranstaltungen zu ziehen. Die Ergebnisse aus den Einvernahmen der sechs Aktivisten, denen Verwaltungsübertretungen und Urkundenfälschung vorgeworfen wird, sollen dabei einfließen.

Gab es ortskundige Komplizen?

Heute, Dienstag, werden neue Erkenntnisse aus den Ermittlungen erwartet. Für 13.15 Uhr ist eine Pressekonferenz zum "aktuellen Stand der Aufarbeitung, ergriffene Sofortmaßnahmen und weitere Maßnahmen" angekündigt. 

Dabei könnte es auch um mögliche Komplizen gehen. Wer die Felsenreitschule kennt, der weiß: Die Arkaden, wo drei Aktivisten Transparente abgerollt haben (siehe Bild oben), sind gar nicht so einfach zu erreichen. Die Polizei geht dem Vernehmen nach davon aus, dass eine „ortskundige Person“ die Aktivisten instruiert hat.

Vorwarnung der DSN

Pikant ist an der Causa auch, dass die Veranstalter im Vorfeld auf das Risiko von Pro-Palästina- bzw. Links-Demos hingewiesen wurden, wie der KURIER erfuhr. Die Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienste (DSN) hat ein „Gefährdungsgutachten“ gemacht. Das ist Standard bei Großveranstaltungen, und bei den Salzburger Festspielen befanden sich immerhin die Staatsspitze – Bundespräsident, Kanzler, Vizekanzler – und internationale Gäste im Publikum.

In dem DSN-Gutachten heißt es, es lägen zwar „keine konkreten Hinweise auf koordinierte Störaktionen“ vor, die öffentliche Sichtbarkeit der Veranstaltung und die Anwesenheit prominenter Akteure könnte aber eine „Motivation für eine Intervention“ sein. Denkbar seien „spontane Demonstrationen, performative Einzelaktionen oder medienwirksame Störversuche“.

Von personellen Konsequenzen geht man laut internen Quellen derzeit nicht aus. Jetzt werde erst einmal das Ergebnis der „umfassenden Analyse“ abgewartet.

Falsche Ausweise

Bei einer Pressekonferenz am Samstagnachmittag erklärte der kaufmännische Direktor Lukas Crepaz, dass die Sicherheitsmaßnahmen verschärft worden seien. Taschenkontrollen und käuferpersonalisierte Karten gab es schon vorher, jetzt würden zusätzlich die Lichtbildausweise der Besucher kontrolliert.

Die Maßnahmen gelten – und das ist an dieser Stelle wichtig – für Besucher. Bei den Mitarbeitern dürfte es einen blinden Fleck geben. 

Das geht schon aus den Schilderungen zweier Aktivisten hervor: Mit schwarzer Kleidung und falschen Mitarbeiterausweisen spazierten David Sonnenbaum und Dalia Sarig unbehelligt zum Bühneneingang. 

Niemand habe ihre Taschen kontrolliert oder ihre falschen Ausweise (auf denen „Salzburger Festspeiben“ statt „Festspiele“ und ein Fantasiename standen) genauer angeschaut, so Sonnenbaum (der KURIER berichtete). 

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Letzteres gestand Crepaz beim Pressestatement am Samstag ein. Bei rund 6.000 Mitarbeiterkarten, die ausgegeben worden seien, könne man „nicht jeden detailliert kontrollieren“, sagte er.

Darüber hinaus hat der KURIER am Sonntag schriftlich noch einige Fragen an die Festspieldirektion gerichtet. Etwa, wie Sicherheitsleute und Mitarbeiter konkret kontrolliert werden, ob es vorab „Hintergrund-Checks“ gebe. 

Als Antwort kam nur zurück: „Es gibt unterschiedliche Mitarbeiterzugänge, bei denen technische oder personelle Zutrittskontrollen stattfinden.“ Bezüglich weiterer Details wird auf die Pressekonferenz am Dienstag verwiesen. 

Türkis-Grün konnte sich nicht auf Gesetz einigen

Die Problematik, dass zwar die Gäste von Großveranstaltungen kontrolliert werden, beim Personal aber weniger genau geschaut wird, ist nicht neu. Nach einem vereitelten Terroranschlag auf ein Taylor-Swift-Konzerte im August wurde bekannt, dass ein Bursch, der mit dem Attentäter in Kontakt stand und IS-Propaganda im Internet teilte, beim Bühnenaufbau im Ernst-Happel-Stadion beschäftigt war.

Wirtschafts- und Innenministerium legten kurz darauf einen Gesetzesentwurf vor, der strengere Kontrollen und einheitliche Qualitätsstandards bei Mitarbeitern im Bewachungsgewerbe  vorsah. Die damalige Koalition aus ÖVP und Grünen konnte sich aber nicht darauf einigen.

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