Essen im Museum als künstlicher Tabubruch

Regina Picker beim Tabubrechen im Volkskundemuseum.
Manchmal – oder auch immer öfter – muss man mit Tabus brechen.
Das findet die Künstlerin Regina Picker. Die Oberösterreicherin, deren Arbeiten auch in Großbritannien oder Belgien gezeigt wurden, hat sich einen Namen gemacht – unter anderem mit Tanztheater. Am Wochenende residiert ihr seit 2014 erfolgreiches Kunstformat „Performance Brunch“ im Volkskundemuseum.
„Dabei ist endlich auch Essen im Museum erlaubt“, sagt sie. Der Performancebrunch ist ein Hybrid: Theater, dialogische Performance, Lesung und Brunch in einem. Zwischen den Performances wird Essen serviert – ein viergängiges Menü. Diesmal kocht Peter Koblhirt. In dreieinhalb Stunden gibt es vier Performances.
Folklore mal anders
Heimat, Erbe, Herkunft und Erinnerung steht immer auf der Speisekarte des Performance Brunch.Mit dem Format hat Picker eine neue Auseinandersetzung des Heimatbegriffs gesucht und gefunden. Sie entscheidet sich gegen die Spaltung von Hoch- und Volkskultur. Klischees von Jodeln, Dirndl oder Schuhplatteln waren für sie früher befremdlich. Jetzt hat sie zeitgenössische Wege einer Konfrontation gefunden: Tabubrüche und die Verknüpfung von Kunstraum und Kunstpraktiken. „In Schweden kann man Volksmusik studieren, bei uns nicht“, sagt Picker.
In der aktuellen Ausgabe des Brunchs – sie trägt den Titel „Spiagln“ (wie die Spiegelung der Identität) – gibt es zu Beginn ein Quinoa-Frühstück im Hinterhof des Museums. Dann singt Sigrid Horn Chansonlieder im Dialekt. Die Gewinnerin des Hubert-von-Goisern-Kulturpreises gilt als eine der besten Singer- und Songwriterinnen des Landes.
Für die erste Performance muss man durch das Museum. Hier bekommt man Kunst im Vorbeigehen, quasi gratis dazu. Bei der zweiten Performance erzählt Julia Höfler von dem schwierigen Erbe ihres Großvaters, der mit der Erfindung einer Handgranate im Krieg reich wurde. Ganz bewusst wird nach den einzelnen Performances gegessen. Auch die Künstler sitzen mit am Tisch. „Es gibt Zeit, das Gesehene zu gemeinsam zu reflektieren.“ Und im Museum zu speisen habe einen anderen Effekt.
Postsparkasse
Aggys Café (Neu) Kaffee und Sandwich
1., Georg-Coch-Pl. 2
Weltmuseum
Cook Café & Bistro Tägliche Mittagsmenüs
1., Heldenplatz
Dorotheum
Café Dorotheum Köstliche Mehlspeisen, verstecktes Café
1., Dorotheerg. 17 (2. Stock)
Kunsthistorisches Museum
Café-Restaurant
Nur mit Ticket: Donnerstag Dinnerabend mit verpflichtender Anmeldung, exklusives Frühstück buchbar auch ohne Ticket.
1., Maria-Ther.-Pl.
Naturhistorisches Museum
Café-Restaurant
Nur mit Ticket. Mittwoch Dinnerabend mit wechselnden Themen: Spargel, Muschel, Hering. Ab 8. Juni Brasilien.
1., Burgring 7
MAK
Salonplafond
Versteckter Garten: Österreichische Küche mit internationalem Flais
1., Stubenring 5
Kunsthaus Wien
Buntes Ambiente von Hundertwasser: Burger und Mehr.
3., Weißgerberl. 14
Leopold Museum
Kiosk „Zur Libelle“
Drinks & Fingerfood: Champagner und Trüffel-Leberkäse
7., Museumspl. 1/5
Hermes-Villa
Labstelle
Picknick im Grünen ist das spezielle Angebot.
13., Lainzer Tierg.
Klimtvilla
Café im Garten Landtmann-Gugelhupf oder Sacher-Würstel
13., Feldmühlg. 11
Der Museumseffekt
Von diesem Effekt – historische Räume gefüllt mit Kunst – bedienen sich Cafés und Restaurants in Museen schon lange (siehe Tipps). Oft sind es die schönsten Räumlichkeiten der Stadt, bekannt ist das aber längst nicht jedem.

Bei Schönwetter findet das Essen im Hinterhof des Volkskundemuseums statt.
Im Naturhistorischen Museum etwa gibt es jeden Mittwoch saisonale Dinner. Derzeit ist es ein Spargeldinner (ab 72 Euro), ab Juni gibt es passend zur Brasilien-Ausstellung ein Brasilien-Dinner. Man wolle so ein anderes Publikum ansprechen. Neugierde auf Kunst und Kultur wecken, heißt es aus dem Museum.
Neues Kunstformat
2014 wurde das Kunstformat über das Thema Heimat, Herkunft, Erbe und Erinnerung entwickelt. Seit 2017 ist es in allen Bundesländern unterwegs. Serviert werden Lesungen, Performance, Schauspiel sowie Vier-Gänge-Menüs im Museum
Termine
Aktuelle Ausgabe: „Spiagln“ Samstag, 20. Mai und Sonntag, 21. Mai 2022 von
11 bis 14.30 Uhr im Volkskundemuseum,
Tickets ab 28 Euro
Termine in Oberösterreich, Kärnten oder Vorarlberg unter
performancebrunch.at
„Nutze dein Museum“
Im Weltmuseum kann man auch ohne Ticket ins Café. In der Klimtvilla gibt es Gugelhupf (4,20 Euro) im Garten, im Kiosk der Libelle auf dem Leopold-Museum Trüffel-Leberkäse (4,50 Euro). Im MAK gibt es ein Restaurant samt verstecktem Garten, im Dorotheum ein Café mit fantastischer Kardinalschnitte (4 Euro) und Blick auf die zu versteigernden Gemälde. Und im Kuppelsaal des Kunsthistorischen Museums kann man donnerstags ein Fünf-Gänge-Dinner buchen (59 Euro).
Die Museen werden zur kulinarischen Muse. „Es ist wichtig, zu wissen, dass die Museen der Gesellschaft gehören“, sagt Volkskundemuseumsdirektor Matthias Beitl. Ganz nach dem Motto: Nutze dein Museum. „Immerhin werden sie großteils von den Steuerzahlern finanziert.“
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