Methoden wie in Konzentrations-Lagern
In Erziehungsheimen waren keine schwer erziehbaren Kinder“, sagt der Sozialhistoriker Reinhard Sieder. „Die Eltern haben versagt, teils aus wirtschaftlichen Gründen.“ Vor allem alleinerziehenden Müttern, meist aus bildungsferner Schicht, wurden Kinder von der Fürsorge abgenommen.
Dem Versagen der Eltern folgt, das wird in Sieders Buch deutlich, ein Versagen des gesamten Systems. Verwaltung, Politik, Ärzteschaft, Justiz, Polizei ... Die Heime wurden so gut wie nicht kontrolliert.
Sadisten
Einen Teil der Erzieherinnen und Erzieher beschreibt Sieder als „Sadisten“. Der Historiker erwähnt „Kollektivstrafen, erniedrigende Einzelstrafen vor allen anderen und das Capo-System. Das alles kennen wir aus Gefängnissen und Konzentrationslagern.“
Gewalt, sexualisierte Gewalt und sexueller Missbrauch seien in vielen Wiener Heimen an der Tagesordnung gestanden. Bei der Buchpräsentation schilderte eine Frau, wie sie als junges Mädchen im Kinderheim Wilhelminenberg von einem Hausarbeiter sexuell missbraucht worden sei: „Ich musste mich danach immer übergeben.“
Auch Kinderprostitution in Wiener Heimen ist wieder ein Thema. Erstmals berichtete der KURIER am 16. Oktober 2011 über Serienvergewaltigungen, die in den 1970er-Jahren auf dem Wilhelminenberg stattgefunden haben sollen. Zwei Schwestern berichteten über Missbrauch durch unbekannte Männer.
Nicht entkräftet
Die Untersuchungskommission von Barbara Helige, die die Vorkommnisse in diesem Heim durchleuchtet, kann die Vorwürfe bisher nicht entkräften. Beim KURIER haben sich mehrere Frauen gemeldet, die ebenfalls von fremden Männern berichten, die sie im Heim vergewaltigt haben sollen. Nach wie vor gibt es „nur“ Aussagen von Opfern, die den sexuellen Missbrauch untermauern. Beweise, wie Kollegen von anderen Medien oft einfordern, sind 40 Jahre nach den geschilderten Vorfällen nahezu unmöglich zu erbringen.
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