Wien wird roter, ÖVP legt stark zu, Strache zittert um Einzug
42,1 Prozent der Stimmen bedeuten für die Wiener SPÖ den Wahlsieg und damit wohl eine Fortsetzung für Michael Ludwig im Amt des Bürgermeisters. Das Ergebnis, das bei einem Auszählungsgrad von 97,2 Prozent und einer Hochrechnung der Briefwähler berücksichtigt, ist wenig überraschend, wenngleich sehr erfreulich für die SPÖ, die in den vergangenen Jahren eher eine Durstrecke erlebt hatte. Insgesamt dürften sich die Roten um 2,51 Prozentpunkte verbessert haben.
Was den künftigen Koalitionspartner angeht, gibt man sich bei der SPÖ noch bedeckt. Derzeit könnte man weiter mit den Grünen regieren, oder auch mit der ÖVP, die uneinholbar an zweiter Stelle hinter den Roten liegt. Laut Hochrechnung erreichten die Türkisen mit Gernot Blümel 18,8 Prozent der Stimmen und fuhr damit ein Ergebnis ein, dass man in Wien schon lange nicht mehr erreichte.
Blümel würde in Wien bleiben
ÖVP-Spitzenkandidat Gernot Blümel sagte, er stehe „selbstverständlich für Koalitionsverhandlungen“ bereit. Er sei angetreten, um mitzuregieren, und wolle im Falle einer Regierungsbeteiligung in Wien zu bleiben. Gratulationen kamen auch schnell von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Er sieht mit dem Ergebnis den türkischen Weg bestätigt.
Bernadette Arnoldner (ÖVP)
Knapp hinter der ÖVP liegen mit 14,1 Prozent der Stimmen die Grünen. Es könnte das beste Ergebnis sein, das die Partei jemals erreichte. Der Wiener Grünen-Klubchef David Ellensohn deutet es als ein Zeichen der Wiener, dass man die "erfolgreiche Koalition fortsetzen" sollte. Und auch die Grüne Vizebürgermeisterin Birgit Hebein sieht in dem Ergebnis einen „ganz klaren Auftrag“ für eine Fortsetzung der Rot-Grünen Koalition. Sowohl der große als auch der kleine Koalitionspartner hätten gewonnen, nach zehn Jahren Koalition sei beiden Parteien der Rücken gestärkt worden, sagte Hebein. Koalitionsbedingungen wollte sie nicht nennen, der Ball liege jetzt bei Bürgermeister Michael Ludwig. Der könnte aber auch auf eine Dritte Option zurückgreifen, nämlich eine Regierung mit den Neos.
Die Neos können sich über 1,7 Prozentpunkte mehr freuen als 2015 und kommen insgesamt auf 7,8 Prozent der Stimmen. Auch sie zeigten sich für eine Koalition aufgeschlossen. Laut Spitzenkandidat Christoph Wiederkehr würde man gerne mitgestalten. Er kündigte aber an ein "unangenehmer" Koalitionspartner sein zu wollen.
"Schlechte" Rechte
Einen herben Verlust muss hingegen Dominik Nepp mit seiner FPÖ einstecken. Nur 7,7 Prozent der Wähler gaben der FPÖ laut erster Hochrechnung nach Heinz-Christian Straches Ausstieg ihre Stimme. Das würde ein Minus von mehr als 23,9 Prozentpunkten bedeuten. Der Wiener FPÖ-Klubchef Anton Mahdalik sieht die Schuld für den massiven Absturz seiner Partei vor allem beim früheren Parteichef Heinz-Christian Strache: „Da wurde viel Vertrauen verspielt.“
Apropos Strache: Laut der aktuellen Hochrechnung wird der ehemalige FP-Chef und Vizekanzler mit seinem Team HC wohl nicht ins Wiener Rathaus einziehen. Nur 3,6 Prozent der Wähler kreuzten laut der ersten Hochrechnung "THC" an. Der Spitzenkandidat sagte, die neue FP-Spitze hätte herzlos die Partei gespalten. Ob er sich bei einem Scheitern aus der Politik zurückziehen werde, kommentierte Strache nicht, sondern zeigte sich weiter optimistisch, die fünf Prozent-Hürde zu schaffen. Zum Vergleich: Die Bierpartei erreichte beim ersten Versuch zwei Prozent der Wählerstimmen.
Plus 14 Mandate für die ÖVP
Rechnet man vorläufigen Ergebnisse in Mandate um, würde die SPÖ auf 47 (+3) kommen. Die FPÖ hat nur noch acht Mandate im Gemeinderat, was einen Verlust von 26 Sitzen bedeutet. Die Grünen kommen auf 15 (+5) Mandate. Die ÖVP hätte mit einem Plus von 14 Sitzen nun 21 Mandate und die Neos kommen auch 9 (+4) Mandate.
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