Zudem fordern die Liberalen ein Ende der „Freunderlwirtschaft“ und mehr Aufmerksamkeit für die Außenbezirke. Jetzt liege der Ball bei Bürgermeister Ludwig, sagte Wiederkehr: „Für Wien wäre es gut, eine Reformkoalition einzugehen.“
Lob von der Chefin
Während Wiederkehr den Abend im Rathaus verbrachte, fanden sich in der Parteizentrale einige Mitarbeiter und Abgeordnete ein. War die Erleichterung schon nach der Trendprognose um 17 Uhr spürbar, gab es nach der ersten Hochrechnung kein Halten mehr. „Stärker als die FPÖ“, konnten es einige kaum fassen.
Der Spitzenkandidat wurde allseits gelobt, auch Bundesparteichefin Beate Meinl-Reisinger verneigte sich bei ihrem Eintreffen nicht nur real vor den Anwesenden, sondern auch verbal vor ihrem Nachfolger als Wien-Chef, der einen „sensationellen Wahlkampf“ abgeliefert habe.
Und tatsächlich können die Neos nicht nur aufgrund des Ergebnisses zufrieden sein. Nicht zuletzt Wiederkehr selbst lieferte eine starke Performance ab – insbesondere in den TV-Duellen, in denen er in den sozialen Medien auch Beobachtern, denen beim besten Willen keine Neos-Nähe nachgesagt werden kann, wiederholt Respekt abnötigte.
Dass sich 13 Prozent derjenigen, die sich erst spät für eine Partei entschieden, die Neos wählten, stützt diese These. Dabei hatte Wiederkehr von Beginn an einen schweren Stand: Zwar ist der 30-Jährige mit der Klassensprecher-Aura ein politischer Profi durch und durch, dennoch war und ist er der unbekannteste aller Spitzenkandidaten.
Bildung und Transparenz
Die Neos versuchten aber auch vehement, inhaltliche Treffer zu landen. Die Themen Bildung und Transparenz sind ohnehin tief in der pinken DNA verankert, doch auch das – verhältnismäßig – jüngste Neos-Steckenpferd Klimaschutz bildete da keine Ausnahme.
Manche der liberalen Vorschläge (Rad-Highways, Innere Stadt als verkehrsfreie Zone) könnten auch aus dem Grünen Wahlprogramm stammen. Andere, wie die Stadtseilbahn zwischen Hütteldorf und Ottakring, muten auf den ersten Blick etwas skurril an. Eine klare Positionierung in der Klimafrage war es allemal – und das können nicht alle Parteien von sich behaupten. Dass sich
30 Prozent der Neos-Wähler aufgrund ihrer Themen für die Liberalen entschieden, bestätigt den eingeschlagenen Kurs.
Ob sich der Traum von der Stadtregierung erfüllt, liegt nun, wie Wiederkehr richtig anmerkte, in der Hand von Michael Ludwig. Die Neos seien jedenfalls nach „fünf Jahren harter, konstruktiver Opposition“ bereit für die Koalition, sagte er. „Wir stehen bereit, wenn sich Ludwig traut“, betonte auch die Listenzweite Bettina Emmerling.
Christoph Wiederkehr, der 30-Jährige gebürtige Salzburger, wurde offensichtlich von seinen Kritikern unterschätzt. Der jüngste Kandidat, den keiner kannte, hat mit 7,8 Prozent und einem Plus von vier Mandaten mehr erreicht, als gedacht. Wie viele Stimmen die Partei für sich gewinnen konnte, wird sich jedoch erst mit den ausgezählten Wahlkarten wirklich zeigen.
Und sollte es am Ende doch nicht für die Stadtregierung reichen, werden die Neos weiterhin aus der Opposition Druck machen. Das kündigten die Liberalen bereits am Wahlabend an.
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