Endlich Platz am Reumannplatz

Auf dem neuen Reumannplatz sind zusätzliche 13 Prozent Grünfläche entstanden.
Nach 40 Jahren wurde der Wiener Reumannplatz nun umgestaltet. Was das fürs Grätzel bedeutet - und warum nicht alle zufrieden sind.

von Adrian Zerlauth

Die ersten sitzen schon auf den neuen Holzbänken. Zwei ältere Damen trinken dort Kaffee, essen Eis vom Tichy und unterhalten sich darüber, wie schön es jetzt in Favoritens Zentrum ist. Ein paar pubertierende Burschen machen daneben Klimmzüge am neuen Klettergerüst.

Wenige Meter weiter schneidet die grüne Vizebürgermeisterin Birgit Hebein eine rot-weißes Absperrband durch: Es ist die offizielle Eröffnung des "neu gestalteten" Reumannplatzes, wie es in der Einladung zu dem Termin hieß. 

Wobei "neu gestaltet" fast untertrieben ist: Der 18.000 Quadratmeter große Platz wurde im vergangenen Jahr komplett umgebaut. 13 Prozent mehr Grünfläche gibt es dort jetzt: Denn die Stadt ließ 109 Bäume und 78.300 Sträucher sowie Gräser pflanzen. 

Endlich Platz am Reumannplatz

von links nach rechts: Stadtgartendirektor Rainer Weisgram, Frauenstadträtin Kathrin Gaal (SPÖ), Öffi- und Umweltstadträtin Ulli Sima (SPÖ), Vizebürgermeisterin Birgit Hebein (Grüne), Bezirksvorsteher Marcus Franz (SPÖ) und Dienststellenleiter Straßenverwaltung und Straßenbau Stadt Wien, Thomas Keller.

Zudem wurden 17 neue Spiel- und Sportgeräte aufgestellt. Und es gibt jetzt zusätzliche Bänke, einen Wassersprühbogen und eine Pergola. 

Gleise sind weg

Am Eröffnungstag wurde all das gleich genutzt: Ein Mann mit nacktem Oberkörper sitzt mitten auf dem Platz am Boden spielt ein Lied auf seiner Gitarre. Daneben: ein junges Paar. Es isst "Tichy"-Eis, genießt die Spätsommer-Sonne und lauscht der Musik.

Vor der Umgestaltung des Platzes war das nicht möglich. Denn die Fläche war durch Straßenbahngleise geteilt. Nach der Verlängerung der U1 nach Oberlaa konnten die Schienen entfernt werden.

Jetzt wirkt der Reumannplatz mehr wie eine zusammengehörende Fläche. Darüber freut sich Bezirkschef Marcus Franz (SPÖ): Für ihn ist der Eröffnungstag der "Tag, an dem der Reumannplatz endlich zusammenwächst".

Bühne für Mädchen

Gekostet hat der Umbau knapp acht Millionen Euro, bezahlt haben ihn die Stadt und der Bezirk. Im Budget mitinbegriffen ist die sogenannte Mädchenbühne. Das ist eine treppenartige Konstruktion im hinteren Teil des Platzes. 

Dort sollen in Zukunft Auftritte, Konzerte, Lesungen und vieles mehr stattfinden. "Die Bühne soll Mädchen und Frauen in der Stadt sichtbar machen und ihnen einen Platz im öffentlichen Raum bieten", sagt Frauenstadträtin Kathrin Gaal (SPÖ).

Endlich Platz am Reumannplatz

Die Mädchenbühne am Reumannplatz soll Mädchen "Mut machen und ihr Selbstbewusstsein stärken", sagt Stadträtin Gaal. 

Wenn man mit den Menschen redet, die rund um den Reumannplatz leben, hört man geteilte Meinungen zum neuen Erscheinungsbild. Viele finden es grundsätzlich gut, dass sich der Platz verändert hat. 

Aber es gibt auch andere Standpunkte: Obwohl die Anrainer in einem Bürgerbeteiligungsverfahren in die Umgestaltung eingebunden wurden, finden so manche von ihnen immer noch Kritikpunkte.

Unzufriedene Anrainer

Christina zum Beispiel findet, dass - trotz der Begrünung - noch zu viele versiegelte Flächen vorhanden ist. "Es ist noch zu viel Asphalt da", sagt die 23-Jährige. 

Der 55-jährige Adnan wohnt seit rund 30 Jahren am Reumannplatz. Er kritisiert, dass es viel zu lange gedauert habe, bis die Neugestaltung des Platzes in Angriff genommen wurde.

Auch Christine ist nur teilweise zufrieden: "Der vordere Teil des Platzes wurde kaum verändert, da hätte man ruhig mutiger und kreativer gestalten können". Trotz Pergola fehlt es ihrer Meinung nach an Schatten.

Konsumfreie

Unzufriedenheit herrschte zuletzt auch bei Wirtschaftstreibenden: Sie forderten um Vorfeld des Umbaus einen Gastro-Pavillon auf dem Reumannplatz. Doch die Stadt hat letztlich eine konsumfreie Neugestaltung durchgesetzt. 

Und so sind es vor allem die Tichy-Kunden, die den neuen Reumannplatz in Beschlag nehmen - wie könnte es im 10. Bezirk auch anders sein. Oder, wie es Bezirkschef Marcus Franz formuliert: "Wenn es den neuen Platz nicht geben würde, wo sollten die Favoritner dann ihr Eis essen?". 

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