So auch bei ihm. Er ist 1990 geboren und im Weinviertel in Niederösterreich aufgewachsen. Als er zwölf war, starb seine Mutter. Er absolviert seine Lehre zum Installateur, dann zog er zu seinem Bruder in die „große Stadt“ nach Wien.
Auf Drogen und Partys folgte die Delogierung
Dort habe er „das Partyleben“ kennengelernt. Also Alkohol und Drogen, Benzodiazepine (synthetisches Beruhigungsmittel, Anm.) und Opiate, durchfeierte Nächte, falsche Freunde. Irgendwann, sagt er, seien sein Bruder und er nicht mehr zur Arbeit gegangen. „Wir haben die Miete nicht mehr bezahlen können. Aber man nimmt Drogen und schiebt diese Probleme irgendwie weg“, erzählt Kallaus. Bis sie 2008 delogiert wurden und beide auf der Straße landeten.
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Das Leben wurde ein ständiges Durchlavieren: Schlafen bei einem Freund, in der Gruft, oder „bei irgendeinem Dealer“. „Man wacht auf, holt sich Drogen. Dann bist du sechs Stunden gut drauf, die folgenden zwölf sind wieder furchtbar.“
"Du kommst Dir vor, wie der letzte Dreck"
Das Schamgefühl, keine saubere Kleidung zu haben oder um Geld betteln zu müssen: „Du kommst dir vor, wie der letzte Dreck, der keinen Beitrag zur Gesellschaft leistet“, sagt er.
Doch Kallaus hatte Glück, denn 2009 kam es zu einem Wendepunkt in seinem Leben: Er lernte seine Lebensgefährtin kennen, die in einer ähnlichen Situation steckte. „Aber wir haben einander gehabt, das hat uns Kraft gegeben.“ Gemeinsam bekamen sie eine Startwohnung der Stadt Wien, sie fanden auch wieder eine Arbeit.
Kallaus hörte auf, Drogen zu nehmen, und lebte mit dem Ersatzstoff Substitol. 2017 macht er einen Entzug und konnte auch damit aufhören.
Ein weiterer Wendepunkt kam 2021, als er im Internet auf die Ausbildung zum Peer stieß. „Da hab’ ich mir gedacht: Das ist doch genau das Puzzleteil, das in der Sozialarbeit noch fehlt.“
Neunerhaus bietet siebenmonatige Ausbildung
Die siebenmonatige Ausbildung besteht aus Theorie, Praxis und Selbstreflexion. Die Ausbildung habe ihm Selbstvertrauen gegeben: „Du zählst wieder etwas, auch mit deinen Fehlern.“
Mittlerweile ist Kallaus Mitarbeiter von Neunerhaus, er betreibt das Café in einem Wohnheim für Obdachlose in der Hagenmüllergasse. Ein paar Bewohner helfen mit: „Die Regelmäßigkeit ist wichtig für sie: aufstehen, etwas Sauberes anziehen, den Tag bewältigen.“
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Außerdem begleitet er Klienten zum Einkaufen, zur Bank, zur Versicherung. Das Wichtigste ist aber wohl das Zuhören: „Die Menschen müssen sich viel von der Seele reden. Und sie vertrauen mir, weil sie wissen, dass ich das selbst durchgemacht habe.“ Wichtig sei aber, sich abzugrenzen und auch „Nein“ zu sagen, um sich nicht ausnutzen zu lassen.
„Ich habe mich noch nie so wohlgefühlt wie jetzt“, resümiert er. Wie er seinen Job als Peer anderen erklären würde? Er sei ein Vermittler, ein Dolmetscher, sagt Kallaus. „Einfach Mensch sein – mit Ausbildung.“
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