Ein Minimarkt zum Mitmachen in Ottakring
Zwei Speckstangerl, vier Semmeln und drei große Nussbrote. Was klingt wie die Einkaufsliste einer vierköpfigen Familie für ein verlängertes Wochenende, ist in Wahrheit der Inhalt des Lieferscheins eines Bäckers an einen Supermarkt. In der Haberlgasse in Ottakring hat Anfang Mai aber nicht etwa eine neue Filiale einer großen Kette eröffnet, sondern der „Mila-Minimarkt“. Pro Woche wandern hier etwa 30 Kilo Brot über die Theke.
Bei Mila sind Kunden nicht nur Kunden, sondern auch Mitarbeiter. Die Vision dahinter ist ein von einer Genossenschaft getragener Supermarkt mit hochwertigen, fair gehandelten und trotzdem günstigen Produkten. „Der Minimarkt ist ein Zwischenschritt, der uns zu einem großen Supermarkt bringen soll“, sagt Vereinsobfrau Julianna Fehlinger.
Mitarbeit im Markt
Aktuell wird Mila noch vom gleichnamigen Verein getragen und umfasst 500 Mitglieder, die neben Kunden auch Arbeitskraft und Miteigentümer sind. Wer hier einkaufen will, muss nämlich drei Stunden im Monat Regale einschlichten, kassieren, putzen oder andere Tätigkeiten übernehmen. Auch die Buchhaltung, die Pressearbeit und die IT werden ehrenamtlich von den Mitgliedern übernommen.
Derzeit laufe die Arbeit rund, sagt Fehlinger. Alle Schichten seien abgedeckt. Das hänge auch damit zusammen, dass der Minimarkt nur freitags und samstags geöffnet ist. Mit steigender Mitgliederzahl sei die Ausweitung der Öffnungszeiten aber nicht ausgeschlossen.
Apropos steigende Mitglieder: Eine reguläre Mitgliedschaft im Markt kostet 24 Euro (ermäßigt 12 Euro) im Jahr. Eine Probemitgliedschaft für den ersten Monat gibt es bereits um zwei Euro. Neben dem Privileg, im Minimarkt einkaufen zu können, bringe eine Mitgliedschaft aber weitere Vorteile, sagt Fehlinger. „Demokratische Teilhabe bedeutet nämlich nicht nur Arbeit, sondern auch, dass die Mitglieder entscheiden dürfen, was im Regal steht.“
Außerdem seien die zumeist biologischen Produkte günstiger als anderswo. „Herkömmliche Supermärkte kennzeichnen ihre günstigen Produkte besonders markant. Das bedeutet aber nur, dass sie dort weniger draufschlagen. Das rechnen sie dann bei anderen Produkten gegen.“ Bei Mila betrage der Aufschlagspreis immer 30 Prozent. Das sei auch der Grund, warum Mitglieder manche Produkte als besonders günstig und andere als etwas teurer als anderswo empfinden, sagt Fehlinger.
Im großen Supermarkt – der voraussichtlich in zwei Jahren und mit 2.000 Mitgliedern eröffnet werden soll – soll der Aufschlagspreis weiter sinken. Möglich machen sollen das die niedrigeren Betriebskosten. „Unsere Vorbilder in Berlin und Paris schlagen zirka 23 Prozent drauf. Da wollen wir hin.“
Wien als idealer Ort
Der erste Schritt zum Supermarkt sei mit dem Minimarkt nun bereits getan. Der Nächste soll im Winter folgen: Da soll die Genossenschaft gegründet werden. „Wien ist die richtige Stadt für so ein Projekt. Den Menschen hier sind Lebensmittel und Kulinarik wichtig.“ Der große Supermarkt brauche aber auch den richtigen Standort, sagt Fehlinger. Ein Ort, an dem sowohl besser situierte Menschen leben, die Zeit für das Projekt aufbringen können, als auch Menschen, die noch keine Bio-Lebensmittel einkaufen. Genügend Platz sei ebenfalls wichtig.
Gefunden ist der ideale Standort noch nicht. Derzeit ist man bei Mila aber sowieso mit dem Testbetrieb im Minimarkt beschäftigt – und mit der Kontrolle der Lieferscheine.
Minimarkt
Seit Mai kann im Minimarkt in der Haberlgasse 58/4-5 in Ottakring eingekauft werden. Geöffnet ist Freitag 9-19 Uhr und Samstag 8-18 Uhr
Supermarkt
Im Winter steht die Genossenschaftsgründung an. Derzeit wird ein Standort gesucht, um in zwei Jahren einen großen Mitmach-Supermarkt zu eröffnen
500 Mitglieder
zählt der Verein derzeit. 25 Euro kostet die Mitgliedschaft im Monat. Das Ziel sind 2.000 Mitglieder
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