Eiernockerl um 8,80 Euro an Hitlers Geburtstag: "Daran hat keiner gedacht"
Insel die aus Träumen geboren. Ich hab meine Sinne verloren.“
Aus der Stereoanlage tönt „Santa Maria“, ein Schlagerhit von Roland Kaiser aus dem Jahr 1980. Auch in dem kleinen Wirtshaus in Wien-Josefstadt ist die Zeit ein wenig stehen geblieben. Die Schank ist dunkel vertäfelt, das Maggi-Flascherl steht neben Keramikfiguren in einem Regal. Der Weihnachtsstern am Fenster ist aus Plastik. Die Gäste blättern in der Zeitung. Am Handy spielt hier niemand.
Doch am Mittwoch hat es das kleine Wirtshaus in die sozialen Medien geschafft. Just am 20. April – also am Geburtstag von Adolf Hitler – hatte man Eiernockerl (angeblich Hitlers Lieblingsspeise, Anm.) auf die Tageskarte geschrieben. Die Speisekarte schaffte es auf Twitter. Dort sorgte auch der angegebene Preis für Empörung: Die Eiernockerl waren mit 8,80 angeschrieben. „88“ ist auch ein Code für den achten Buchstaben im Alphabet. „HH“ steht für „Heil Hitler“.
Eiernockerl zu Mittag gestrichen
Kurz nach 12 Uhr mittags sind die Tische im Wirtshaus zur Hälfte besetzt. Doch die Tageskarte beim Eingang ins Lokal ist verändert. Wo noch wenige Stunden zuvor Eiernockerl standen, ist jetzt ein dicker, schwarzer Strich.
Der Grund ist rasch geklärt. „Eiernockerl gibt’s nicht“, erklärt der Wirt. „Wir hom an Shitstorm gekriegt, deshalb haben wir sie jetzt weggenommen. Das brauchen wir net, das ist ein Wahnsinn“, ereifert er sich. „Die Leute haben ja nix anderes zu tun.“
Dass er die Eiernockerl ausgerechnet an einem einschlägigen Tag angeboten hatte, sei ihm nicht bewusst gewesen. „Wir haben grad privat Probleme. An so was hat keiner von uns gedacht. Hand aufs Herz. Wir sind weder ...“ Dann hält er kurz inne, atmet durch. „Es sind furchtbare Zeiten.“
Auf der Tageskarte stehen sie dann doch. „Die Eiernockerl nicht, bitte“, sagt der Wirt beim Überreichen.
Die Gäste an den Tischen sind erstaunt. „Darfst jetzt keine Eiernockerl mehr verkaufen? Was essen die Vegetarier?“ Das Problem stellt sich aktuell nicht. An die Tische werden Schulterscherzl und Würstel serviert. „Das kann ja nicht sein, dass der (Hitler) noch immer die Welt regiert“, ist ein anderer Besucher fassungslos.
Einige unfreundliche Anrufe habe es schon gegeben, sagt der Wirt. „Aber ich kann ja nicht von jedem den Geburtstag auswendig lernen.“
"Trend" auf Twitter
Das Lokal in der Josefstadt ist mit seiner Speisewahl aber nicht allein. Auf Twitter kursiert eine ganze Liste mit Wiener Gasthäusern mit entsprechendem Essensangebot an diesem Tag, landet sogar vor Xavier Naidoo auf Platz 1 bei den Twitter Trends, es werden auch Seiten gepostet, auf denen Eiernockerl-Poster gemeldet werden können.
Rechtlich problematisch
Rechtlich gesehen, sind Eiernockerl schwere Kost. Zumindest rund um den 20. April. Im Vorjahr wurde ein burgenländischer Polizist zu zehn Monaten bedingt und 6.300 Euro Strafe verurteilt, nachdem er ein Foto von Eiernockerl mit grünem Salat auf Facebook gepostet hatte.
In St. Pölten wurde ein Maurer ebenfalls genau deswegen zu neun Monaten bedingt verurteilt. „Ich habe mir nichts dabei gedacht“, erklärte er im Gericht.
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