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Als Hausverwalter weiß man nie, welche Überraschungen ein Tag bringen wird: Ein verstopftes Klo, eine geflutete Wohnung, eine Leiche im Keller – praktisch alles ist möglich. „Ich liebe so G’schichteln und Anekdoten“, sagt Immobilienentwickler Clemens Riha. Gemeinsam mit seinem Bruder Bernhard interviewte er 45 Hausverwalter, die besten „G’schichteln“ haben sie nun in Buchform veröffentlicht.
Was man früher als "Sperrsechserl" bezeichnete
So erinnerten sich ein paar der Interviewpartner, dass es in Wien einst das „Sperrsechserl“ gab: Das Recht auf einen eigenen Haustorschlüssel hatten Mieter nämlich erst ab 1922. Davor war das Haustor in der Regel ab 22 Uhr versperrt. Wer später kam, musste den Hausmeister fürs Öffnen bezahlen, zumeist sechs Kreuzer – daher der Begriff Sperrsechserl. „Solche Geschichten sollen nicht in Vergessenheit geraten“, sagt Riha und lacht.
Ein Bewohner eines Zinshauses in Favoriten (bei der Hausverwaltung als „Gschaftlhuber“ bekannt) schaffte es übrigens, auch in neuerer Zeit eine Art Sperrsechserl einzuführen: Vermeintlich selbstlos bot er an, das Putzen der Toiletten am Gang zu übernehmen, um Kosten für eine Reinigungsfirma zu sparen. Allerdings brachte er an den WC-Türen Schlösser an und kassierte für jeden Klogang Geld. Erst eine Rüge des Hausverwalters setzte dem Treiben ein Ende.
Eine Tierzucht am Dachboden
Punkto Verhaltensoriginalität haben manche Mieter einiges zu bieten: Da gibt es die, die bei der Hausverwaltung anrufen, weil ihr Radio schlechten Empfang hat. Oder die, die am Dachboden heimlich Tauben und Kaninchen züchten. Oder demente, ältere Menschen, die fürchten, jemand blase ihnen Ruß durchs Schlüsselloch in die Wohnung. Oder Pianisten und Heavy-Metal-Musiker, die bevorzugt nächtens üben.
Aus Rache die Reifen abmontiert
Und muss jemand delogiert werden, kann das Racheakte nach sich ziehen: So erzählte ein Verwalter eines Hauses in der Lerchenfelder Straße, dass er in den 1980er-Jahren seinen Citroën 2CV ohne Reifen, aufgebockt auf Ziegelsteinen, wiederfand.
Angebot an Punks ging nach hinten los
Freilich gibt es umgekehrt auch unter den Hausverwaltern schwarze Schafe: Rund um das Jahr 2000 träumte ein Verwalter in Graz davon, sein Zinshaus zu sanieren und den Dachboden auszubauen. Um ein älteres Ehepaar zu vergraulen, quartierte er Punks im Haus ein. Das Ergebnis: Das Paar und die Punks wurden Freunde, die Punks „ersaßen“ sich ein Wohnrecht und wurden mit 400.000 Euro ausgezahlt. Ähnliches ereignete sich 2015 in Wien, als Punks in der Leopoldstadt ein Haus besetzten und dort die „Pizzeria Anarchia“ gründeten.
"Im Hof liegt eine Leiche"
Doch nicht alle Probleme sind so gravierend, wie sie scheinen. Einst rief eine Mieterin aus der Einsiedlergasse im 5. Bezirk bei der Hausverwaltung an: Im Hof liege eine Leiche. Rasch stellte sich heraus: Es handelte sich bloß um ein Mäuschen. Die Frau wollte wissen, was zu tun sei. Der Hausverwalter: „Hauen S’ die Maus in den Restmüll, nicht in den Biomüll, wegen der Leichenstarre.“
Mit dem Buch wolle er unterhalten, aber auch zeigen, wie vielfältig die Aufgaben eines Hausverwalters seien, sagt Riha. Oder wie es einer seiner Interviewpartner formulierte: „Man lernt nie richtig Golfspielen und man lernt nie richtig Hausverwalten. Es kommt immer irgendetwas Neues dazu.“
Clemens und Bernhard Riha: „Hausverwaltung im Rampenlicht“, Kremayr & Scheriau. 240 Seiten. 26 Euro
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