Die Schubertlinde hat nur noch zehn Jahre zu leben
Eigentlich hatte der Baumchirurg Manfred Saller am Sonntag gute Nachrichten: Er habe sich nun doch dazu entschlossen, der Stadt eine kostenlose Übersiedlung der Schubertlinde am Augustinplatz anzubieten, teilte er dem KURIER mit. Wie berichtet, soll der 62 Jahre alte und zu Ehren des Komponisten Franz Schubert gepflanzte Baum für einen Notausgang der verlängerten U2 Platz machen. Dagegen regt sich Widerstand.
Die ÖVP verlangt, dass die Linde ausgegraben und an einen neuen Standort übersiedelt wird – so wie im Februar die 80-jährige Platane vor dem Café Eiles auf den Schmerlingplatz. Die Wiener Linien bezahlten im Fall der Platane die Transportkosten in der Höhe von 50.000 Euro, Baumchirurg Saller übernahm mit seiner Firma kostenlos die Vorbereitung am alten und die Nachsorge am neuen Standort. Seine Leistungen haben einen Gegenwert von 250.000 Euro.
Einen Umzug der Schubertlinde erachtet Saller – im Unterschied zu den Wiener Linien – zwar technisch für möglich. Erneut gratis arbeiten könne er aber nicht, sagte Saller in der Sonntagsausgabe des KURIER. Unmittelbar nach dem Bericht überlegte er es sich aber noch einmal: „Wir stellen unsere Leistung kostenlos zur Verfügung“, ließ er am Sonntag wissen. Der Grund: „Wir leben dafür, Bäume zu erhalten.“
Zwei Voraussetzungen
Dafür gebe es aber zwei Bedingungen: Die Wiener Linien müssten wieder den Transport bezahlen. Und die Stadt müsse für die aufwendige Pflege am neuen Standort aufkommen. Ein umgesiedelter Baum braucht nämlich drei Jahre lang Betreuung: Damit er gedeiht, muss er gedüngt und gegossen werden. Bis der Baum fest verwurzelt ist, wird er von Stahlseilen in Position gehalten. Diese müssen regelmäßig nachgespannt werden. Bei der Platane sind Saller und seine Mitarbeiter drei Mal pro Woche zugegen, um all das zu erledigen.
Wenige Stunden nach seiner Ankündigung meldete sich Saller allerdings noch einmal – mit schlechten Nachrichten: Er war zum Augustinplatz gefahren, um die Schubertlinde zu begutachten. Der ernüchternde Befund: Der Baum hat maximal noch zehn Jahre zu leben. „Er ist bereits im Absterben begriffen“, so Saller. „Das sieht man daran, dass sie Endtriebe bereits trocken werden.“
Sein Angebot stehe nach wie vor, sagt Saller. Aber selbst der Baumliebhaber gibt zu: „Das Kosten-Nutzen-Verhältnis muss man sich sehr genau überlegen.“
Kommentare