Der rote Hahn verliert einen Flügel: Im Hotel-Hof wird abgerissen
Das frühere Gasthaus und Hotel in der Landstraßer Hauptstraße steht seit Jahren leer. Fast genauso lange geht die Angst vor einem Abriss um. Jetzt tut sich etwas: Im Hof wird ein Teil abgetragen.
Im Gasthof Zum roten Hahn, einem der ältesten Einkehrwirtshäuser der früheren Vorstadt Landstraße, war einst immer etwas los. Ganz zu Beginn eher Unrühmliches: Streite, Raufhändel, Konkurse und Verhaftungen zum Beispiel.
Ab Ende des 18. Jahrhunderts, als ein neuer Wirt den Gasthof in der Landstraßer Hauptstraße 40 übernahm, zog Stabilität ein – und mit ihr prominentes Publikum. Wolfgang Amadeus Mozart, Adalbert Stifter und Ludwig van Beethoven nächtigten dort.
Dieser Glanz ist schon lange verblichen. In etwa bis zum Jahr 2000 wurde an der geschichtsträchtigen Adresse ein Hotel betrieben. In der Folge stand der Gebäudekomplex leer. Ruhig ist es um ihn deshalb aber nicht geworden.
Regelmäßig werden Spekulationen laut, wonach der neue Eigentümer das Haus abreißen möchte – obwohl es in einer Schutzzone steht. Damit ist der rote Hahn einer der Dauerbrenner in der Diskussion um geschützte Häuser.
Und diese wird nun aufs Neue befeuert. Denn in dem Trakt zur Landstraßer Hauptstraße hin klafft neuerdings eine Lücke.
Die Baupolizei beruhigt: „Das ist nur temporär und wird rückgebaut“, sagt Leiter Gerhard Cech auf Anfrage. Wozu aber dann die Lücke in der Gebäudefront?
Teilabbruch ist genehmigt
Sie dient als Einfahrt für eine Baustelle im Innenhof. Dort wird ein Gebäudeflügel abgerissen. „Der Teil liegt bereits zu 80 Prozent“, so Alexander Proschofsky im Gespräch mit dem KURIER.
Er ist Investor und seit 2009 über seine L40-GmbH Eigentümer der Liegenschaft. Auch wenn der Abriss mitten in der Schutzzone eigenartig anmuten mag, ist er rechtlich in Ordnung.
Um charakteristische Ensembles zu bewahren, dürfen Gebäude in derartigen Zonen zwar nur in Ausnahmefällen geschleift werden. Diese Bestimmung zielt aber auf das äußere Erscheinungsbild eines Objektes – also jenes zur Straße hin – ab. Daher hat die Baupolizei den Abriss des Flügels im Hof auch genehmigt.
Auftakt für Veränderung
Proschofsky beteuert, dass er den roten Hahn – anders als oft behauptet – nicht abreißen wolle: „Wir halten uns an alle Regeln“. Und das Grundstück teuer zu verkaufen, das komme „in mindestens den nächsten 100 Jahren nicht infrage“.
Dennoch markieren die Arbeiten im Hof den Auftakt für eine Veränderung. Langfristig soll der Komplex wiederbelebt werden. Was Proschofsky vorschwebt, verrät er (noch) nicht: „Es wird sicher etwas Schönes entstehen.“
Abriss auf anderer Parzelle
Seine Zurückhaltung liegt wohl auch daran, dass die Basis seiner Pläne noch etwas wackelig ist. Diese umfassen nämlich auch die angrenzende Parzelle in der Ungargasse 25.
Diese gehört seiner Gesellschaft ebenfalls, in den dortigen Häusern sind Wohnungen und Gewerbeflächen vermietet. Diese Gebäude will die L40-GmbH offensichtlich sehr wohl schleifen.
Sie strebt einen Abriss aufgrund einer Ausnahmebestimmung, der sogenannten wirtschaftlichen Abbruchreife, an. Ist diese gegeben, darf ein Gebäude auch in einer Schutzzone planiert werden.
Ob dies in der Ungargasse 25 zutrifft, fechten Proschofsky und die Baupolizei derzeit bei Gericht aus. Als nächste Instanz ist der Verwaltungsgerichtshof am Zug. Proschofsky rechnet für 2024 mit einem finalen Urteil.
Dieses Verfahren ist übrigens nicht der einzige Grund, warum sich die Wiederbelebung des Blocks zieht: Damit das Grundstück zu gegebener Zeit für baureif erklärt werden kann, musste Proschofsky einem Nachbarn zu Erschließungszwecken einen Fußweg abkaufen. Dies artete in einen langen Konflikt aus.
Dieser wurde zwar mittlerweile beigelegt. Zumindest ein bisschen scheint der Geist der wilden Anfänge des roten Hahns aber weiterzuleben.
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