Über eine Wiener Institution wie diese (die gleichzeitig eine beliebte Touristen-Attraktion ist) lässt sich eben gut politisches Kleingeld wechseln.
Herausgewachsen
Seit dem 2. Juli 1977 findet der Flohmarkt an Samstagen auf dem Naschmarkt-Parkplatz statt. Der ursprünglich dort angesiedelte Obst- und Gemüsegroßmarkt war kurz zuvor nach Inzersdorf verlegt worden.
Wenn nicht gerade Pandemie ist, gibt es dort 250 Stände für Private und 200 für gewerbliche Händler wie Branislav J.
Seinen Ursprung hat der Naschmarkt-Flohmarkt allerdings woanders: Sein Vorläufer ist ein kleiner Kunst- und Antiquitätenmarkt mit 30 Ständen, der ab 1972 im 1. Bezirk am Hof abgehalten wurde.
Zunächst wurde er von einem privaten Verein organisiert, ab 1973 dann vom Marktamt. Aufgrund des steigenden Interesses wurde der Flohmarkt kontinuierlich ausgeweitet – und schließlich zum Naschmarkt übersiedelt.
Rote Beteuerungen
Heute erfreut sich der Flohmarkt (befördert vom aktuellen Vintage-Boom) nach wie vor großer Beliebtheit – und ist deswegen heikles Terrain.
Wie heikel, das zeigte sich etwa daran, dass Stadträtin Sima in Zusammenhang mit ihren Markthallen-Plänen stets betont: „Der Flohmarkt bleibt erhalten.“ Ängste, wonach der Altwaren-Umschlagplatz zugunsten der Halle aufgelassen oder verkleinert werden könnte, sollten ihr Vorhaben offenbar nicht gefährden.
Genau diese Ängste versuchen jetzt Simas Konkurrenten für sich zu nutzen. Allen voran die Mariahilfer FPÖ – die den Naschmarkt-Flohmarkt zu einem ihrer Lieblingsthemen auserkoren hat. Sie gibt sich – wie auch aktuell – gerne als Anwalt der gewerblichen Händler. So war es Kohlbauer, der J. riet, sich ans Verwaltungsgericht zu wenden.
Vor der Pandemie störte sie sich vor allem an den Müllbergen, die illegale Händler zurückließen. Mit Erfolg: Die Stadt änderte die Öffnungszeiten, um das Ablagern von Unrat zu erschweren.
Beliebte Retter-Rolle
In der Rolle der Flohmarkt-Retter fühlen sich zunehmend auch die Grünen wohl: Sollte auf dem Parkplatz der von ihnen präferierte Park umgesetzt werden, sei der Flohmarkt jedenfalls gesichert.
Bei der Markthalle sei das nicht so sicher, so der grüne Tenor. Weiterer Streit dazu ist übrigens in der heutigen Sitzung des Gemeinderats zu erwarten.
Und der Streit zwischen Standler Branislav J. und dem Marktamt? Der ist für J. gut ausgegangen. Der Standler hat sich beim Wiener Verwaltungsgericht gewehrt – und recht bekommen.
Zum einen, weil es sich bei den 23 Verkehrsstrafen großteils um Parkstrafen handelte, die nicht im Zusammenhang mit J.s Tätigkeit als Standler standen.
Und zum anderen, weil man nicht einmal mit Sicherheit sagen konnte, ob J. die Strafen selbst verursacht hatte, wie sein Anwalt Gerald David sagt. J. habe insgesamt drei Autos, die von seiner ganzen Familie genutzt würden.
Allerdings sollte auch das Motiv des Marktamts nicht unerwähnt bleiben. Gegen J. sei man nicht vorgegangen, um die Zahl der Verkaufsstände zu reduzieren, betont Sprecher Alexander Hengl.
Sondern weil es gegen den Marktstandler zahlreiche Beschwerden gegeben habe: Weil er sich kategorisch weigere, in Pandemiezeiten eine FFP2-Maske zu tragen und weil er mehrfach gegen Kunden aggressiv geworden sein soll. Darum habe man seine Zuverlässigkeit infrage gestellt und dafür seine Verwaltungsstrafen herangezogen.
Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts nehmen man zur Kenntnis. Anfechten werde man sie nicht.
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