Der Anfang von Maria Vassilakous Ende

Für die grüne Wiener Vizebürgermeisterin wird es ernst. Sie nimmt dieser Tage Abschied.

Als Maria Vassilakou die drei Stufen zur Bühne hinaufsteigt, ist der Veranstaltungssaal leer. „Wenn ich hinfalle, das wäre peinlich“, sagt sie zu ihrem Pressesprecher.

Die 50-Jährige stellt sich hinter das Stehpult, biegt eines der beiden Mikrofone von sich weg und blickt kurz in den Raum.

Der Anfang von Maria Vassilakous Ende

Noch ist der Saal leer: Maria Vassilakou auf dem Weg zur Bühne.

Vor acht Jahren schlug sie hier, im Architekturzentrums (AZW) Wien im Museumsquartier, die ersten Pflöcke für ihre Arbeit als Vizebürgermeisterin und Planungsstadträtin ein.

In einem voll besetzten Saal präsentierte sie damals zehn Thesen zur Stadtplanung – quasi ihre Antrittsrede.

Erst wenige Wochen zuvor hatte sie mit Michael Häupl die erste rot-grüne Landesregierung geschmiedet. Nun ist sie zurück, um Bilanz zu ziehen. Auf ihre Arbeit zurückblicken wird Vassilakou in den nächsten Tagen noch öfter.

Am Samstag im Studio 44 am Rennweg etwa vor der grünen Basis. Die dortige 81. Landesversammlung der Wiener Grünen wird für Vassilakou die letzte als Stadträtin sein.

Hebein übernimmt offiziell

Dann übernimmt Birgit Hebein das Ruder: Der Gemeinderat wird sie am 26. Juni offiziell zur Nachfolgerin Vassilakous wählen – nach Monaten in der Warteschleife.

Denn die Partei kürte Hebein schon im November zur neuen Front-Frau. Vassilakou räumt aber erst jetzt ihren Sessel.

Ihr Abschied auf Raten ist nun in der Zielgeraden.

Den letzten Spatenstich (Rotenturmstraße), die letzte Pressekonferenz (mit Walter Ruck, Wirtschaftskammerpräsident und oftmaliger Verbündeter) und den letzten Fototermin (zu den E-Scootern) hat die Planungsstadträtin bereits hinter sich gebracht.

Wie sie ihre letzten Tage im Amt verbringe? „Ich habe ganz normale Termine – und tschüss“, weicht Vassilakou aus. Sie ist inzwischen wieder von der Bühne heruntergekommen. Bevor sie vor der Fachwelt Abschied nimmt, geht sie noch einmal ins Freie.

Etwas redseliger sind ihre Mitarbeiter: Der eine oder andere Spritzer mehr als üblich sei bei ihnen schon dabei, erzählen sie.

Tränen gleich zu Beginn

Als es Zeit für Vassilakous Auftritt ist, ist der Saal voll. In der ersten Reihe sitzen Parteifreunde: Thomas Blimlinger, ehemaliger Bezirkschef in Neubau, daneben Vassilakous Intimus Peter Kraus. Ihr Nachfolger wurde er zwar nicht, dafür löste er Christoph Chorherr als Planungssprecher ab.

Auch Chorherr ist gekommen: Er war es, der Vassilakou stets förderte.

Die Tränen fließen an diesem Abend gleich zu Beginn: Als AZW-Direktorin Angelika Fitz Vassilakous Handschlagqualität und Empathie lobt.

 

Der Anfang von Maria Vassilakous Ende

Die eine oder andere Träne war dabei.

Bis sie an der Reihe ist, weint Vassilakou zwar nicht mehr. Aber sie sagt: „Ich bin bewegt und nervös.“ Das zeigt, dass diese Tage für Vassilakou ein Ausnahmezustand sind.

Ein 23-jähriges Leben in der Kommunalpolitik zu beenden, steckt nicht einmal eine Maria Vassilakou einfach so weg. Und sie hat gelernt, vieles wegzustecken.

Kollektive Anstrengung

Doch sie hat sich schnell gefangen: Je länger sie über Lebensqualität, die Aufteilung des öffentlichen Raums und Klimaschutz spricht, desto sicherer wird sie.

Die Seestadt Aspern, den Nordbahnhof, die Novelle der Bauordnung: Es sind Themen, die Vassilakou jahrelang beschäftigt haben und über die sie unzählige Male gesprochen – und wohl auch gestritten – hat. Mit Parteikollegen, Fachleuten, Journalisten.

Der Anfang von Maria Vassilakous Ende

Je länger Vassilakou spricht, desto sicherer wird sie.

Als sie vor acht Jahren im AZW ihre Antrittsrede hielt, berichtete übrigens kaum eine Zeitung darüber. Auch dieser Tage gilt ihr nicht die volle Aufmerksamkeit. Denn Hebein beginnt, sich mit Interviews in Stellung zu bringen.

Einmal merkt man Vassilakou den Ausnahmezustand an diesem Abend noch an. „Alles was wir schaffen, ist eine kollektive Anstrengung“, sagt sie und bedankt sich mit brüchiger Stimme bei ihrem Team und ihren Unterstützern.

Der Anfang von Maria Vassilakous Ende

„Alles was wir schaffen, ist eine kollektive Anstrengung“, sagt Vassilakou.

„Jetzt nicht weinen“, flüstert eine Frau im Publikum.

Und dann hat es Vassilakou schon geschafft: „Die Stadt, das sind wir alle“, sagt sie und verlässt die Bühne.

Weil das Publikum nicht zu applaudieren aufhört, geht Vassilakou noch einmal zum Mikrofon. „Und jetzt hörts auf zu klatschen“, sagt sie. „Ich hab nämlich hohe Schuhe an, noch einmal schaffe ich es nicht herauf.“

Kommentare