Corona: Kinder-Testpflicht in Wien sorgt für Kontroversen
Von "symbolischen Schritten", die Wien begleitend zu den Öffnungsmaßnahmen des Bundes setzen werde, hat Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) noch am Montag gesprochen. Letztlich wurden es aber doch vier handfeste Regeln, mit denen Wien im Kampf gegen die Pandemie nun deutlich strenger vorgeht, als es der Bund vorgibt.
Vor allem eine sorgt für Aufregung: Zumindest den Sommer hindurch müssen auch 6- bis 12-jährige Kinder an Orten, an denen die 3-G-Regel gilt (z.B. Lokale, Bäder etc.) einen negativen Test vorweisen. Viele Eltern sprechen von einer unnötigen Schikane angesichts der aktuell niedrigen Infektionsraten. Die wichtigsten Fragen und Antworten dazu:
Wie begründet die Stadt die Testpflicht für Kinder?
"Wir machen das nicht aus Jux und Tollerei", sagt Ludwig und verweist auf die Ausbreitung der Delta-Variante.
Ein Sprecher von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) betont, dass schon bisher die Kinder zwei Mal pro Woche in der Schule getestet worden seien. Mit der Testpflicht führe man die Tests die Ferien hindurch einfach fort. "Das ist wichtig für das Monitoring: Würden wir die Kinder nicht testen, wüssten wir nichts über das Infektionsgeschehen in dieser Altersgruppe. Wir wären über den Sommer komplett im Blindflug unterwegs."
Ganz anders Epidemiologin Eva Schernhammer von der MedUni Wien: "Ich wäre nie auf die Idee gekommen, eine Testpflicht für die 6- bis 12-Jährigen einzuführen", sagt sie zum KURIER. "Es weist nichts darauf hin, dass derzeit eine besondere Gefahrensituation von Kindern ausgeht." Hinzu komme noch: Kinder hätten gerade im Sommer weniger Kontakte, weil die Schulen ferienbedingt geschlossenen sind. "Wichtiger wäre es, bei Urlaubsrückkehrern aus Ländern mit höheren Infektionsraten genauer hinzuschauen", sagt die Expertin.
Wie wird die Testpflicht politisch bewertet?
Dazu herrscht nicht einmal innerhalb der Bundesregierung Einigkeit: "Im urbanen Raum ist das Testangebot ein besonders gutes. Ich begrüße daher die Initiative", sagt Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne). "Wir müssen einen sicheren Herbst immer im Blick haben." "Absurd" und "vollkommen unprofessionell" sei das Vorgehen Wiens, wettert hingegen ÖVP-Tourismusministerin Elisabeth Köstinger: "Dass Wien nun die 3G-Regel auf Kinder ab 6 Jahren ausweitet, macht die Planungen für viele Familien extrem schwierig."
Die Frau Köstinger verwechselt offensichtlich die Pandemie mit einem Jungscharlager der Jungen ÖVP", kontert Hacker auf Ö1.
Wie gehen Veranstalter von Ferienbetreuung mit der neuen Situation um?
Kein Problem sieht man bei den Veranstaltern der Kinderuni. Dort hätte ohnehin eine Testpflicht gegolten, weil viele der Studenten, die die Kinder betreuen, noch nicht geimpft sind.
Weniger entspannt sieht man die Lage bei den kleineren Anbietern. Es sei ein riesiger Aufwand, von dem man hoffe, ihn bewältigen zu können, heißt es bei „Kids on Marswiese“, die ab nächster Woche Sportkurse für rund 100 Kinder anbieten. Im Notfall könne man nicht einmal einen Schnelltest anbieten, sondern müsse Kinder heimschicken. Auch bei der City Farm Augarten ist man unglücklich. Hier werden ab 12. Juli 16 Kinder bei den Gartenspaßwochen betreut. "Wir wissen nicht, ob jetzt Eltern abspringen, weil sie da nicht mitmachen wollen", heißt es.
Welche Testmöglichkeiten gibt es für Kinder?
Nicht mehr als Eintrittstest gültig sind in Wien die unbeaufsichtigten Antigen-Schnelltests (sogenannte "Nasenbohrertests"). Sehr wohl aber jene in den Teststraßen mit einer Gültigkeitsdauer von 48 Stunden. 72 Stunden gültig – und damit wohl am praxistauglichsten – sind die PCR-Gurgeltests. Von ihnen werden jetzt in den Bipa-Filialen, die für die Ausgabe der Testkits zuständig sind, acht Sets (statt bisher vier) pro Person und Woche ausgegeben. Auch die städtischen Jugendzentren sowie Organisationen, die Sommerlager veranstalten – also etwa die Pfadfinder oder die Jungschar – werden mit Kits ausgestattet, kündigt das Büro Hacker an.
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