Corona-Impfung bis Pferdeleberkäs: Die erste Elefantenrunde im Wien-Wahlkampf
Für alle Polit- und Wahlkampf-Fans war es am Mittwochabend wohl endlich soweit: Die Spitzenkandidaten waren zur ersten Elefantenrunde im aktuellen Wien-Wahlkampf geladen.
Im ORF-Radiokulturhaus trafen Michael Ludwig (SPÖ), Dominik Nepp (FPÖ), Birgit Hebein (Grüne), Gernot Blümel (ÖVP), Christoph Wiederkehr (Neos), und Heinz-Christan Strache (Team HC Strache) für die Ö1-Radiosendung "Im Klartext" bei Edgar Weinzettl aufeinander.
Erstes Thema der Runde - natürlich - Corona. Konkret die Corona-Ampel. Die hat der Bund am Freitag voriger Woche eingeführt und seit sie gilt, gibt es vor allem einen Kritikpunkt daran: Dass die Ampelfarben politisch gefärbt sein sollen. Während die grüne Vizebürgermeisterin noch die gute Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsminister (und ihrem grünen Parteikollgen) Rudolf Anschober lobte, hagelte es Kritik von Neos und FPÖ.
Laut Christoph Wiederkehr, Spitzenkandidat der Neos, werde "politisch ausgehandelt, welche Farbe die Ampel hat". Das sei ein "politischer Bazar", es fehle die Grundlage für die Entscheidung, wann und warum auf "gelb" gestuft werde.
Dominik Nepp, Spitzenkandidat der FPÖ, sprach gar von einem "Symbol der Panik" und "Angstmache". Die Aufregung wegen Corona hab sich auch auf den ersten Schultag seiner beiden Töchter ausgewirkt, dem Tag, der laut Nepp eigentlich „der schönste Tag des Lebens sein sollte“.
Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) gab sich ganz Amtsinhaber-mäßig: "Die Angriffe waren ganz einfach ungerecht", sagte er. Das entspreche nicht einer guten Zusammenarbeit. Wien hätte "oft Grund gehabt", die Entscheidungen des Bundes während der Corona-Krise zu zu kritiseren, habe sich aber um Zusammenarbeit bemüht. Der Bund hätte stattdessen „Wien-Bashing“ betrieben, es habe "Fingerzeig und Mahnungen" gegeben, auch wenn sie nicht gereechtertigt gewesen seien.
Strache will fair mit Nepp umgehen
Für den ersten Oho!-Moment, sorgte übrigens Heinz-Christian Strache. Denn Strache, immerhin kapital gescheiterter Ex-FPÖ-Chef, streckte die Hand nach seinem Nachfolger aus - im übertragenen Sinn natürlich: „Sie haben einen Mitbewerber bis jetzt vergessen, den Dominik Nepp", sagte Strache zum Moderator. Nachsatz: "So viel Fairness muss ein.“
Nepp konnte im Anschluss übrigens nicht davon ablassen, sein "Fahndungsfoto" zu thematisieren. Wie berichtet, hatten die Wiener Linien ja auf Twitter ein Foto von Nepp gepostet, auf dem er - entgegen der Hausordnung der Wiener Linien - ohne Maske am Bahnsteig abgelichtet wurde.
Daraufhin konterte die FPÖ mit einem Foto von Öffi-Stadträtin Ulli Sima und dem Bezikrsvorsteher der Donaustadt, Ernst Nevrivy (beide SPÖ), die am 31.8. ein Foto ausgeschickt haben, auf dem sie ebenfalls ohne Maske auf einem Bahnsteig zu sehen waren (aufgenommen wurde das Foto allerdings vor Corona).
Und darauf konterte Nepp erneut. Und zwar mit dem sanften Hinweis, dass Nevrivy erst unlängst ein Foto von sich selbst postete, auf dem er ohne Maske eine Pferdefleischerei besuchte.
Finanzminister und ÖVP-Spitzenkandidat Gernot Blümel bekam eine Steilvorlage. "Tut Wien genug?" fragte Ö1-Innenpolitik-Chef Edgar Weinzettel, wohl angelehnt an Blümels viel diskutieres Wahlkampfvideo. Und Blümel präsentierte sein 238-Millionen umfassendes "Gemeindepaket".
Erster Applaus
Den ersten Applaus des Abends bekam FPÖ-Chef Nepp für seinen Sager: "Die Firmen sind kein Corona-Opfer sondern Blümel-Opfer".
Danach ging es lange um die Corona-Hilfen der Stadt und die Vorschläge der einzelnen Parteien, der Arbeitslosigkeit entgegenzuwirken. Ludwig verwies auf das dritte Corona-Hilfspaket, das die Stadt am Donnertag präsentiert, auf die überbetrieblichen Lehrwerkstätten der Stadt, die Aktion 20.000 (bei der Arbeiternehmerinnen und Arbeitnehmer im Alter von 50+ wieder in den Arbeitsmarkt integriert werden sollen) und die der Bund "bedauerlicheweise" beendet habe.
Hebein betonte, dass diese Pakete in der Stadtregierung gemeinsam geschnürt worden seien und fokussierte sich auf die Rolle der Frauen in der Krise. Sie seien nämlich besonders von der Corona-Krise betroffen. "Viele der Frauen, die wir beklatscht haben, sind Pflegerinnnen, Kindergartenpädagoginnen. Das sind Frauen, die nicht viel verdienen." Dann brachte Hebein erneut die grüne Forderung nach einer 35-Stunden-Woche für Stadt-Wien-Mitarbeiter ins Spiel.
Ludwig: "Arbeitszeitverkürzung wird immer Thema sein"
Das Erstaunliche daran war aber nicht Hebeins Vorschlag, sondern Ludwigs Antwort. "Arbeitszeitsverkürzung wird in Zukunft immer ein Thema sein", sagte Ludwig. Es sei "mittelfristig anzustreben", wenn die Finanzierung geklärt sei - und die Maßnahme müsse man "sozialpartnerschaftlich verhandeln". Stadtrat Peter Hanke hatte erst kürzlich der 35-Stunden-Woche eine Absage erteilt.
Corona-Impfung: Ja oder Nein?
Spannend waren die Antworten jedenfalls auf die Frage, ob sich die Spitzenkandidaten und die Spitzenkandidatin gegen Corona impfen lassen würden, die eigentlich mit einem einfach Ja oder Nein zu beantworten gewesen wären.
Strache gab an, sich und seine Kinder "niemals" einem Impfstoff auszusetzen, den er nicht geprüft habe. Auf die Frage des Moderators "Wie wollen Sie einen Impfstoff prüfen?", lachte das Publikum und Wiederkehr "kann darauf nur den Kopf schütteln", wie er sagt. Er würde sich "auf jeden Fall impfen lassen".
Blümel antwortete mit einem einfach Ja. Hebein erklärte, sie würde sich impfen lassen, weil ihr bei Polit-Terminen "alte Menschen gerne auf den Arm greifen wollen". Sie hätten das Bedürfnis, sich festzuhalten.
Nepp gab an, gegen Zecken und Tetanus geimpft zu sein, er brauche aber keinen "Impfzwang", man müsse auch ohne Impfung ins Theater gehen können.
Ludwig sagte einfach Ja und verdiente sich nach den durchaus erstaunlichen Antworten vor ihm so den zweiter Lacher des Abends.
Beim Thema Integration wurde es trotz ernsthafter Debatte emotional - zum Teil. Bürgermeister Ludwig verwies auf den Ausbau der Gratis-Ganztagesschule und auf den Gratis-Kindergarten. Wiederkehr wies auf Mängel in den Schulen hin.
ÖVP-Chef Blümel erklärte, er könne nicht verstehen, warum die Stadt, die ja - sinngemäß - schon jetzt nicht mit der Integration nachkomme, noch weitere Flüchtlinge aufnehme wolle. Das brachte ihm eine deutliche Rüge der Vizebürgermeisterin ein, die sich dafür ausgesprochen hatte, Kinder aus dem überfüllten Flüchtlingslager in Moria in Wien aufzunehmen - und eine Seitenhieb des Bürgermeisters an FPÖ-Chef Dominik Nepp. "Die wollen eure Wähler", sagte er.
Und damit ist zu diesem Wahlkampf auch schon sehr viel gesagt.
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