Causa Wien Energie: Ein Bürgermeister mit Erinnerungslücken

Causa Wien Energie: Ein Bürgermeister mit Erinnerungslücken
In der U-Kommission bekräftigte Michael Ludwig, erst kurz vor Freigabe der Hilfsgelder Details zur Finanzkrise des Unternehmens erfahren zu haben.

Allein schon die illuster besetzten Besucherreihen ließen keinen Zweifel aufkommen, dass die diesmalige Sitzung der U-Kommission zur Causa Wien Energie eine besondere ist. Die halbe Führungsriege der Wiener SPÖ – Landesparteisekretärin Barbara Novak, Klubobmann Josef Taucher, Klubdirektor Andreas Höferl – weiters Walter Hillerer, Leiter des Büros für Sofortmaßnahmen, hatten Platz genommen, um dem prominenten Zeugen zumindest symbolisch beizustehen.

Wobei dieser tunlichst den Eindruck zu vermitteln versuchte, keine große Unterstützung zu benötigen. Betont entspannt betrat Bürgermeister Michael Ludwig kurz vor zehn Uhr den Sitzungssaal im Rathaus: Lächelnd, winkend, scherzend – so, als ob es hier nicht um die Finanzkrise des städtischen Energieversorgers gehe, sondern um die Eröffnung des Donauinselfests. „Sitzen die Schlimmen hinten?“, feixte Ludwig in Richtung der roten Pressemitarbeiter in der letzten Reihe.

Viereinhalb Stunden

Ob im Umkehrschluss an diesem Tag die Braven vorne im Zeugenstand saßen, bleibt unklar. Denn nach der Heiterkeit zu Beginn gestaltete sich die viereinhalbstündige Befragung des Bürgermeisters eher zäh und wenig aufschlussreich.

Dabei war Ludwigs Auftritt mit großer Spannung entgegengesehen worden. Wer er es doch, der im Sommer zweimal per Notkompetenz (mittlerweile wieder zurückgezahlte) 700 Millionen Euro für die Wien Energie freigegeben hatte, weil das Unternehmen aufgrund der Preisausschläge die Sicherheiten an der Energie-Börse nicht mehr bedienen konnte.

Seit Monaten versucht die Opposition nachzuweisen, dass damals Ludwig genügend Spielraum gehabt hätte, um auf die Notkompetenz zu verzichten, Stadtregierung und Gemeinderat einzubinden sowie die Öffentlichkeit zu informieren.

Keine Alternativen

Zur Rechtfertigung wählte Ludwig am Freitag Argumente, die man seitens der SPÖ schon mehrfach gehört hat: Die Anwendung der Notkompetenz sei aufgrund der Dringlichkeit alternativlos gewesen, fünf Rathaus-Abteilungen hätten den Antrag als korrekt befunden, eher er am 15. Juli auf dem Schreibtisch des Bürgermeisters landete. Auf die Frage, warum er auf die Information der Öffentlichkeit verzichtet habe, antwortete er ähnlich wie bereits Finanzstadtrat Peter Hanke (SPÖ) vor zwei Wochen: „Vertraulichkeit ist gerade bei komplexen Dingen nötig, um nicht für Irritationen am Markt oder in der Öffentlichkeit zu sorgen.“

Causa Wien Energie: Ein Bürgermeister mit Erinnerungslücken

Ludwig gab sich gelassen

Interessant wurde es, als die Opposition wissen wollte, wann Ludwig über die Probleme der Wien Energie Bescheid wusste. Dazu gab es zuletzt widersprüchliche Angaben. Ludwig betonte, dass er bis zum 15. Juli von Hanke und den Beamten nur sehr allgemein über die globale Marktlage und den Finanzierungsbedarf des Unternehmens informiert worden sei. Offenbar machte er sich auch nicht proaktiv zu Details kundig, denn diese seien ihm erst mit dem fertigen Antrag bekannt geworden.

Ob er überrascht gewesen sei, als man ihm den Akt vorgelegt habe, wollte daher der Vorsitzende Martin Pühringer wissen: „Nachdem ich so lange politisch tätig bin, gibt’s nicht viele Dinge, die mich überraschen können“, ließ der Stadtchef wissen.

Bemerkenswert war, dass Ludwig eine Reihe von Fragen mangels Erinnerung nicht beantworten konnte. Etwa, ob bei einem Gespräch mit Hanke am 12. Juli die Notkompetenz oder die ursprüngliche Forderung der Wien Energie nach einer Finanzhilfe von zwei Milliarden Euro Thema waren.

Ludwig konnte auch nicht erklären, warum an diesem Tag in einem eMail-Verkehr zwischen Stadtwerken und MA 5 (Finanzen) von einer „vom Bürgermeister gewünschten Ergänzung (,Freistellung‘)“ die Rede ist. „Mir ist der Absender nicht bekannt, ich hatte keinerlei Gespräche mit ihm geführt“, beteuerte er. Er vermute, dass der Vermerk im Zusammenhang mit seiner weithin bekannten Ablehnung gegenüber städtischen Haftungen stehe.

Kein Handy

Vergeblich bleibt indes der Wunsch der Opposition nach Auswertung von Ludwigs Diensthandy. Auch hier argumentierte er wie Hanke: Die Anruflisten würden nur drei Monate gespeichert und somit nicht den Untersuchungszeitraum umfassen.

Nach Ostern, am 11. April, muss Ludwigs Neos-Vizebürgermeister in den Zeugenstand. Ob er in Begleitung pinker Schlachtenbummler kommt, ist noch ungewiss.

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