Bürgermeister Michael Ludwig wird nicht der einzige sein, der von der Klubklausur der Wiener SPÖ, die heute und morgen im Burgenland über die Bühne geht, vorzeitig abreisen muss. Während Ludwig am Mittwoch im Sonderparteipräsidium über die Zukunft von Parteichefin Pamela Rendi-Wagner mitentscheidet, steht Finanzstadtrat Peter Hanke eine ganz andere Herausforderung bevor.
Hanke muss Donnerstag vor die U-Kommission treten, die sich mit der Finanzmisere der Wien Energie beschäftigt. Er ist der erste Politiker, der dort unter Wahrheitspflicht aussagen muss, bisher waren Experten, Beamte und Manager geladen. Umso größer wird die öffentliche Aufmerksamkeit sein.
Vorzeitige Abreise
Hanke bereitet sich dem Vernehmen nach akribisch auf die Befragung vor, daher auch die vorzeitige Abreise von der Klubtagung. Er will der Opposition, die in den bisherigen Aussagen der Wien-Energie-Manager schon mehrere Unstimmigkeiten entdeckt haben will, keine weitere Munition bieten.
Von Hanke seien knappe, unmissverständliche Aussagen zu erwarten, ist aus dem Rathaus zu hören. Was passiert, wenn man vor einem Untersuchungsgremium etwas zu ausschweifend erzählt, das hat man zuletzt etwa bei Ex-Kanzler Sebastian Kurz erlebt: Er verstrickte sich in mutmaßliche Widersprüche – und kassierte eine Anzeige.
Wer wusste wovon?
Spannend wird vor allem die Rolle Hankes während der Sommermonate – ob er in die ersten, geheimen Hilfszahlungen Ludwigs eingeweiht war, darüber herrscht keine Klarheit – und während der heißen Phase im August. Man erinnert sich: Als Kanzler Karl Nehammer zum Krisengipfel lud, weilte Hanke auf Urlaub. Als er eilig und vorzeitig zurückgekehrt war, war das Unglück schon geschehen.
Als „Schlüsselfigur“ in der Causa sieht der grüne Klubobmann David Ellensohn den Finanzstadtrat. Was den Grünen nicht einleuchten will: Warum Hanke jetzt plötzlich die Errichtung eines städtischen „Schutzschirms“ über insgesamt 3,7 Mrd. Euro für den Energieversorger ankündigt, während im Sommer die zwei Mal 700 Mio. Euro an städtischer Finanzhilfe nur in aller Heimlichkeit per Notkompetenz freigegeben wurden.
Wieso die Stadt heute anders handle als damals, wird man von Hanke wissen wollen. Zumal laut Stadtwerke-Vizechef Peter Weinelt die globale wirtschaftliche Lage heuer genauso kritisch sei wie im Vorjahr, wie der grüne Gemeinderat und Wirtschaftssprecher Hans Arsenovic zu bedenken gibt. Für Ellensohn ist das Motiv hinter dieser „politischen Zockerei“, dass man sich im Sommer auf keinen Fall „vom Bund helfen lassen wollte“.
Für die Grünen steht fest, dass die Liquiditätskrise „keineswegs wie ein Tsunami“ über das Unternehmen hereingebrochen sei, sondern dass sie sich über Monate abgezeichnet habe. Allein schon deshalb sei die Notkompetenz vom Bürgermeister zu Unrecht gezogen worden.
Die Grünen wollen von Hanke auch erfragen, warum weder er noch Ludwig beim Krisengipfel Ende August im Kanzleramt mit dabei oder zumindest zugeschaltet waren. Für Ellensohn sei es „völlig unglaubwürdig“, dass keiner der beiden eingeladen gewesen sein soll. Damit dürfte er nicht ganz falsch liegen: Wie immer wieder aus dem Rathaus zu hören ist, soll Ludwig eine Teilnahme roter Politiker aus taktischen Gründen untersagt haben.
Akten nicht geliefert
Schließlich wollen die Grünen Hanke wegen der spärlichen Lieferungen von Akten an die U-Kommission in die Pflicht nehmen. Die schlechte Aktenlage wurde, wie berichtet, auch schon vom Vorsitz der U-Kommission kritisiert. Hanke könne – notfalls per Weisung – dafür sorgen, dass die nötigen Dokumente herbeigeschafft werden, ist Ellensohn überzeugt.
Die ÖVP will am Donnerstag unter anderem Hankes Informationsaustausch mit dem Bürgermeister ab Kriegsbeginn ausleuchten.
Ludwig selbst wird übrigens Ende des Monats in der U-Kommission erwartet.
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