Causa Ott: ÖVP will Kickls Verwicklung im U-Ausschuss klären

Causa Ott: ÖVP will Kickls Verwicklung im U-Ausschuss klären
Kontakte der FPÖ und Vertretern anderer Parteien zum festgenommenen Ex-Verfassungsschützer sollen ausgeleuchtet werden.

Die Affäre rund um den am Karfreitag festgenommen Ex-Verfassungsschützer Egisto Ott wird nun auch zum Politikum. „Die Vorwürfe gegen ihn werfen auch politische Fragen auf, weil zwischen ihm Verbindungen zu aktiven und ehemaligen Politikern bestanden“, sagt ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker am Donnerstag. 

Er kündigt an, dass die Causa im aktuell laufenden U-Ausschuss „Rot-blauer Machtmissbrauch“ thematisiert wird. 

Stocker will allen voran die Rolle des ehemaligen FPÖ-Abgeordneten und Sicherheitssprechers Hansjörg Jenewein ausleuchten, der mittlerweile nicht mehr Parteimitglied ist. Bei ihm wurde im Zuge der BVT-Affäre 2021 eine Hausdurchsuchung durchgeführt. Ihm wurde wie berichtet vorgeworfen, BVT-Mitarbeiter zum Geheimnisverrat angestiftet zu haben. Jenewein galt als enger Kickl-Vertrauter. 

Mysteriöse Chats

Laut Stocker sei Jenewein via Chats mit Ott in Kontakt gewesen. Dabei sei auch eine mögliche Geldzahlung Thema gewesen. Es sei aber unklar, wofür sie gedacht war, wie hoch sie war und ob sie letztlich tatsächlich erfolgt sei. 

Die Hintergründe sollen laut Stocker nun im U-Ausschluss geklärt werden. „Ich gehe davon aus, dass die Akten schnell geliefert werden, weil es um schwere Vorwürfe geht“, so der ÖVP-Mann. Jenewein selbst soll als Zeuge geladen werden.

Für Stocker erscheine nun auch die Zerschlagung des BVT in der Amtszeit von FPÖ-Innenminister Herbert Kickl in einem neuen Licht: „Wurde die Behörde auch deshalb zerstört, um einen Parallelgeheimdienst im damals von FPÖ-Ministerin Karin Kneissl geleiteten Außenministerium aufzubauen, der aus Russland beeinflusst werden kann?“ 

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Karin Kneissl, Herbert Kickl

Wie berichtet sollen 2018 Pläne für den Aufbau einer eigenen nachrichtendienstlichen Behörde im Ressort bestanden haben. Kneissl, die mittlerweile in Russland lebt und als sehr Putin-nah gilt, hat bestritten, in diese Pläne involviert gewesen zu sein.

Im Fokus der ÖVP steht auch ein Kooperationsabkommen zwischen Innenminister Kickl und seinem russischen Amtskollegen im Jahr 2018, bei dem es unter anderem um einen unkomplizierten Info-Austausch zwischen der Exekutive beider Länder, Teams zur Ermittlung grenzübergreifender Fälle und eine sichere Kommunikation jenseits der Diplomatenpost gegangen sein soll.

Das führt Stocker zu der Frage: „Haben die FPÖ und Kickl Österreich verraten?“

FPÖ ortet "Falschbehauptungen"

Seitens der FPÖ weist man Stockers Darstellungen scharf zurück: Die ÖVP wolle „mit Falschbehauptungen aus dem schwarzen Paralleluniversum vom eigenen Versagen ablenken“, so Generalsekretär Christian Hafenecker. Der seit Tagen laufende Versuch der ÖVP, die politische Verantwortung für den Spionageskandal anderen in die Schuhe zu schieben, sei „an den Haare herbeigezogen“.

Causa Ott: ÖVP will Kickls Verwicklung im U-Ausschuss klären

Christian Hafenecker (FPÖ)

Vielmehr sei Ott unter ÖVP-Führung im Innenministerium die Karriereleiter nach oben geschickt worden. Seine Spionagetätigkeiten hätten unter BVT-Direktor Peter Gridling ihren Höhepunkt erreicht, betont Hafenecker. Und dieser sei unter ÖVP-Innenminister Günther Platter bestellt worden.

Schon 2017 habe es einen Spionageverdacht gegen Ott gegeben, dennoch hätten ihn Gridling und seine Nachfolger nicht überwachen lassen. 

Pilz und Brandstätter

Aufgeklärt will die ÖVP auch die Verbindung zwischen Ott und dem früheren Abgeordneten Peter Pilz (Grüne, Jetzt) wissen. Hier gehe es unter anderem um Infos, die auf Pilz‘ Plattform zackzack veröffentlicht wurden und laut Stocker möglicherweise unrechtmäßig von Ott erlangt wurden. 

Pilz hatte sich bereits am Mittwoch via X zu den Vorwürfen der ÖVP in seine Richtung geäußert: "Eigentlich ist es ganz einfach: Wir recherchieren, bringen etwas ans Tageslicht, die ÖVP ärgert sich, füllt ihr Küberl und zeigt, was sie kann."

Auch zu Neos-Mandatar Helmut Brandstätter hatte Ott Kontakt. Wie berichtet spricht der Neos-Mann von einem einmaligen Treffen, weil Ott Informationen im Zuge des Ibiza-U-Ausschuss angeboten habe.  

Harsche Neos-Kritik

Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger verwies am Donnerstag auf das berühmt-berüchtigte anonyme Konvolut, in dem Anschuldigungen gegen BVT-Beamte aufgelistet waren und das Ausgangspunkt der Razzia im BVT am 28. Februar 2018 war.

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Beate Meinl-Reisinger (Neos)

„Wenn sich herausstellen sollte, dass das wirklich auf Grundlage eines Konvoluts von Martin Weiss (Ex-Spionageabwehrchef des mittlerweile aufgelösten BVT, Anm.) und Egisto Ott passiert ist und die beiden im Auftrag Russlands tätig waren und wir drauf kommen, dass diese ganze Razzia im BVT nichts anderes ist als eine gezielte Zerstörung unserer Verfassungsschutzes und Nachrichtendienstes im Auftrag Russlands, dann werden wir die FPÖ, dann werden wir Herbert Kickl zur Verantwortung ziehen", kündigt sie an.

Die letzten Tage und Wochen hätten gezeigt, dass man so nicht weitermachen könne, so Meinl-Reisinger. Österreich sei völlig wehrlos gegen Spionage. Auch verwies sie auf den bulgarischen Investigativ-Journalisten Christo Grozev, der bis Anfang des Vorjahres in Wien lebte und der von russischen Aktivitäten gegen ihn betroffen war, in die Ott offenbar involviert gewesen ist. „Grozev musste Wien vor über einem Jahr verlassen, weil er gewarnt wurde, dass er hier in Wien nicht mehr sicher ist“, betonte Meinl-Reisinger. „Niemand war so auf der Abschussliste von Putin wie Grozev“, so Meinl-Reisinger. „Hier geht es um Leben und Tod“ - und auch um die Sicherheitslage in Österreich.

Putins "Krieg gegen Österreich"

Putins Russland führe „schon lange Krieg gegen den Westen, auch gegen Österreich“ - nicht mit militärischen Mitteln, aber mit Fake News- und Desinformationskampagnen. Warnungen habe es seit Jahren gegeben, auch von den Neos. „Viel zu viele Jahre haben die verantwortlichen Politiker von SPÖ, ÖVP, FPÖ, aber auch den Grünen weggeschaut. Es ist höchst an der Zeit, dass wir wehrhaft sind und diese Untätigkeit beenden.“

Neos fordern drei Maßnahmen

Die Neos forderten ihrerseits drei konkrete Schritte, wozu sie auch bei der nächsten Sitzung des Nationalrates entsprechende Anträge einbringen werden. Der Verfassungsschutz müsse massiv gestärkt werden: Die Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) (die Nachfolgeorganisation des BVT) müsse „mit den entsprechenden personellen, finanziellen und sonstigen Mitteln ausgestattet werden“, damit eine schlagkräftige Spionageabwehr betrieben werden kann, so Meinl-Reisinger.

Darüber hinaus brauche es - wie auch von Justizministerin Alma Zadic (Grüne) angekündigt - eine Verschärfung des Strafrechtes. Meinl-Reisinger sagte, sie verstehe nicht, warum in Österreich immer erst etwas passieren müsse, damit die Politik tätig werde - sie verwies auf zwei entsprechende Anträge ihrer Fraktion aus den Jahren 2021 und 2023: „Wir machen seit Jahren Druck“.

Als dritten Punkt nannte die Neos-Chefin die Forderung, dass die Zahl der russischen Diplomaten in Österreich auf das „absolut notwendige Minimum“ reduziert werden müsse. Denn bei diesen handle es sich in Wahrheit oft um Spione. Auch wies sie auf die auf dem Dach der russischen Botschaft in Wien installierten Parabolantennen hin. „Österreich hat nichts getan.“ 

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