Causa Nevrivy: Mails bringen Bezirksvorsteher in Bedrängnis

Causa Nevrivy: Mails bringen Bezirksvorsteher in Bedrängnis
Vorwurf der Bestechlichkeit: Mails legen nahe, dass Infos zu Bauprojet der Wiener Linien vom Bezirksvorsteher an Immo-Investor gingen.

„intern.pdf“ – So heißt ein Dokument, das die zentrale Rolle bei den Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gegen den Donaustädter Bezirksvorsteher Ernst Nevrivy (SPÖ) spielt. Wie berichtet, geht es um den Vorwurf der Bestechlichkeit, des Beitrags zur Untreue und der Vorteilsannahme zur Beeinflussung in Zusammenhang mit einem Immobilienkauf durch den Vorstand der mittlerweile insolventen Immobiliengruppe Wienwert.

Mit der Weiterleitung des Dokuments soll Nevrivy 2017 den damaligen Wienwert-Vorstand Stefan Gruze über die Pläne der Wiener Linien informiert haben, in der Attemsgasse ein Grundstück zu kaufen und zu bebauen, um die benachbarte Remise zu erweitern. Ein möglicher Info-Vorsprung, der sich geschäftlich hätte ausnützen lassen können.
 

Causa Nevrivy: Mails bringen Bezirksvorsteher in Bedrängnis

Stefan Gruze

Im Dokument, das mit 26. Juni 2017 datiert und nun dem KURIER vorliegt, ist eine Kernteamsitzung der MA 21 (Stadtteilplanung) vom 11. Mai 2017 protokolliert, in dem es tatsächlich unter anderem auch um dieses Projekt geht. Wörtlich heißt es darin: „Der Ausbau der Remise wird seitens der Wiener Linien als unbedingt erforderlich für den Ausbau des Wiener Straßenbahnnetzes gesehen […] Die Inbetriebnahme der neuen Remise wäre für 2024 angedacht […] Vom Ausbau der Remise sind unter anderem auch Privatgrundstücke betroffen – der Sicherstellung der Grundverfügbarkeit kommt daher eine sehr hohe Priorität zu.“ Gemeint ist damit ein Grundstück an der Adresse Attemsgasse 4.

"Streng vertraulich"

Dass Nevrivy dieses Protokoll tatsächlich an Gruze geschickt hat, legt zumindest ein Mail nahe, dass dieser am 21. Oktober 2017 an seinen Bankbetreuer geschickt hat und ebenfalls dem KURIER vorliegt. Unter dem Betreff „Attemsgasse // streng vertraulich“ heißt es: „angeschlossen der Aktenvermerk der MA 21 vom 26. Juni 2017. Bitte streng vertraulich verhandeln […], da ich diesen Aktenvermerk von Herrn Bezirksvorsteher Ernst Nevrivy […] erhalten habe.“  

 

Causa Nevrivy: Mails bringen Bezirksvorsteher in Bedrängnis

Laut den Unterlagen der WKStA wird Nevrivy vorgeworfen, besagtes Dokument schon am 21. Juli an Gruze geschickt zu haben. Dieser kaufte dann wie berichtet am 11. Oktober  über seine Firma „Attemsgasse 4 Projektentwicklung GmbH“ das Grundstück um 1,3 Millionen Euro, nur um es wenige Monate später, am 6. September 2018, um 850.000 Euro teurer an die Wiener Linien weiterzuverkaufen, die das Areal so dringend für ihre Ausbaupläne brauchen.

 

Dem Bezirksvorsteher wird vorgeworfen, als Gegenleistung ein Sponsoring über 30.000 Euro von Wienwert für die Donaustädter Band „Wiener Wahnsinn“ verlangt zu haben. Weiters habe das Unternehmen Nevrivy zu Fußballmatches eingeladen.

Zuletzt hatte Nevrivys Anwalt die Vorwürfe massiv bestritten: Sie seien bereits „eindeutig widerlegt“. Der von den Wiener Linien geplante Grundstückskauf sei schon in den Jahren davor ein offenes Geheimnis gewesen, weshalb der Bezirkschef „schon rein faktisch“ kein Amtsgeheimnis verraten habe können.

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Dominik Nepp (FPÖ)

Angesichts der nun aufgetauchten Mails sieht das FPÖ-Stadtrat Dominik Nepp anders: „Wir haben es schwarz auf weiß, dass Nevrivy als SPÖ-Bezirksvorsteher ein streng vertrauliches Dokument an den damaligen Wienwert Geschäftsführer weitergegeben hat und dieser aufgrund der Nevrivy-Insiderinfos einen Megadeal landen konnte. Damit hat Bürgermeister und SPÖ-Vorsitzender Michael Ludwig Handlungsbedarf und muss Nevrivy zum sofortigen Rücktritt bewegen. Wie lange will Ludwig da noch zuschauen?“

"Viel Lärm um nichts", kontert Nevrivys Anwalt Volkert Sackmann. Sein Mandant habe das Dokument Gruze keinesfalls mit der Klassifizierung "streng geheim" weitergeschickt. Warum er es ihm überhaupt weitergeleitet habe, könne er aber nicht beantworten. Er betont jedenfalls nochmal, dass die Baupläne der Wiener Linien kein Amtsgeheimnis gewesen seien: Bei besagter Sitzung seien auch Vertreter privater Firmen anwesend gewesen, viele hätten seit langer Zeit gewusst, dass die Wiener Linien dort einen Ausbau beabsichtigen.

Und Gruze lässt am Dienstag über seinen Anwalt Norbert Wess ausrichten, dass ihm "seitens des Bezirksvorstehers des 22. Bezirks, Ernst Nevrivy, keine Amtsgeheimnisse weitergegeben wurden und dass das geplante Immobilienprojekt der Wiener Linien zu diesem Zeitpunkt im Markt schon längst bekannt gewesen ist". Nevrivy habe auch zu keinem Zeitpunkt irgendwelche Sponsorings, etc. von Gruze gefordert.

Beim Kauf der Liegenschaft habe es sich ausschließlich um ein privates Investment gehandelt, ohne Verbindung zur Wienwert-Gruppe. Und weiter: „Es handelt sich hierbei um ein völlig marktübliches Geschäft, das in keiner Weise mit Bezirksvorsteher Ernst Nevrivy in Verbindung steht.“

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