Burgenland-Wahl: Eine starke Vorlage für Michael Ludwig
Der Plan von Michael Ludwig, möglichst viel Zeit und Raum zwischen das rote Wahldebakel im Bund und seine eigene Wahl zu bringen, dürfte aufgegangen sein. Vielleicht ist der Plan sogar zu gut aufgegangen.
Denn der Erdrutschsieg des burgenländischen SPÖ-Chefs Hans Peter Doskozil, der die absolute Mehrheit holt, lässt mehrere Deutungen zu. Und nicht alle sind so erfreulich für die Wiener SPÖ, die im Herbst das Rathaus verteidigen muss, wie das rote Ergebnis auf den ersten Blick nahelegt.
Daran kann auch der demonstrative Jubel Ludwigs, der eigens zu seinem Amtskollegen gereist ist, nichts ändern.
Die für den Wiener Bürgermeister Ludwig positivere Deutung: Doskozil hat bewiesen, dass die SPÖ (zumindest auf Landesebene) sehr wohl noch gewinnen kann. Das sollte auch in Wien helfen, die roten Funktionäre zu motivieren. Eine Durststrecke ist zu Ende gegangen.
Wer ist die Nummer 1?
Dann wäre da noch die weniger erfreuliche Deutung: Dass Doskozil nicht nur zugelegt, sondern die absolute Mehrheit geholt hat, setzt Michael Ludwig unter Druck. Bisher waren die Wiener Sozialdemokraten immer die stärkste innerparteiliche Macht. Diese Position macht ihnen Doskozil aus dem deutlich kleineren Burgenland jetzt strittig.
Glaubt man den parteiinternen Umfragen zur Wien-Wahl, die derzeit kursieren, dann liegt die SPÖ zwar komfortabel in Führung. Die absolute Mehrheit ist aber außer Reichweite. Rund 35 Prozent der Wählerstimmen könnte die Wiener SPÖ im Moment holen. Das wäre ein Minus im Vergleich zur vergangenen Wahl im Jahr 2015, wo man auf 39,6 Prozent kam.
Hinzu kommt, dass Doskozil einen ganz persönlichen Sieg davonträgt: Er selbst war Befragungen zufolge für mehr als 40 Prozent der SPÖ-Anhänger das entscheidende Wahlmotiv. Das muss ihm Ludwig, der sich erstmals als amtierender Bürgermeister der Wahl stellt, nachmachen.
Die entscheidende Frage der kommenden Monate: Was schaut sich Ludwig von Doskozil, der sich gerne von der Linie der Bundes-SPÖ emanzipiert hat, ab? Derzeit positioniert sich Ludwig ja (noch) als starker Unterstützer der angeschlagenen Bundesparteichefin Pamela Rendi-Wagner. Ein interner Richtungsstreit ist nicht mehr auszuschließen.
Konsequenzen für andere Parteien
Was bedeutet das burgenländische Ergebnis für die anderen Wiener Stadtparteien? Wenig. Vor allem, weil es erwartbar ausfiel.
Die Wiener Wähler selbst blicken wohl kaum ins benachbarte Burgenland, um sich Inspiration für ihre Stimmabgabe zu holen. Zu unterschiedlich sind die Themen.
„Das burgenländische Ergebnis zeigt, dass man mit einer starken politischen Persönlichkeit, sozialdemokratischen Themen und der Konsequenz, diese durchzusetzen, erfolgreich sein kann.“
Michael Ludwig, Wiener Bürgermeister (SPÖ)
„Ich freue mich, dass die Grünen im Burgenland gegenüber der Landtagswahl 2015 zulegen konnten. Regina Petrik hat mit vollem Einsatz wahlgekämpft.“
Birgit Hebein, Wiener Vizebürgermeisterin (Grüne)
„Es ist, nüchtern betrachtet, niemals erfreulich, wenn man ein Minus macht, das ist ganz klar.“
Michael Stumpf, Landesparteisekretär der Wiener FPÖ
„Ich gratuliere Thomas Steiner. Bei der heurigen Wien-Wahl gibt es nach fast 100 Jahren die echte Chance, dass Wien neu regiert werden kann.“
Gernot Blümel, Landesparteichef der Wiener ÖVP
„Wir haben zuletzt viele Erfolge feiern dürfen. Es braucht aber manchmal auch Geduld.“
Christoph Wiederkehr, Klubchef der Wiener Neos
Die ÖVP hat im Burgenland wenig, aber doch dazugewonnen. Das reicht für den Wiener ÖVP-Chef Gernot Blümel, um sich darüber zu freuen, dass die türkise Siegesserie anhält.
Auch für die Grünen, die im urbanen Wien gut liegen, ist die Performance der Burgenländer nicht wirklich relevant. Für sie ist es wichtiger, dass die Bundes-Grünen in der Koalition mit der ÖVP nicht zu oft einknicken.
Und die FPÖ? Ihr Abwärtstrend wird sich in Wien fortsetzen. Hier haben die Blauen aber – unabhängig vom burgenländischen Ergebnis – ein spezielles Problem. Und das heißt Heinz-Christian Strache.
Womit wir wieder bei Michael Ludwig wären: Ihm kommt die Rückkehr Straches gelegen. Alles, was seine Kontrahenten rechts der Mitte schwächt, nützt ihm.
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