Biedermeierhaus schutzlos in der Schutzzone

Biedermeierhaus schutzlos in der Schutzzone
Der Abriss eines historischen Baus im 7. Bezirk zeigt einmal mehr auf, wie zahnlos die bestehenden Regeln zum Erhalt historischer Gebäude sind

Mehrfach hat die Stadt Wien in den vergangenen Jahren die Bauordnung verschärft, um den Abriss alter schützenswerter Gebäude zu verhindern. Dass dies nicht ausreicht, zeigt ein aktuelles Beispiel aus dem 7. Bezirk: Das Biedermeierhaus in der Kaiserstraße 31 soll demnächst abgerissen werden, obwohl zumindest Teile davon unter Denkmalschutz stehen und sich der Bau in einer Schutzzone befindet.

Möglich wird das, weil dem Haus von den Behörden die „wirtschaftliche Abbruchreife“ beschieden wurde. Sie liegt vor, wenn laut Gutachten die Sanierungskosten in keinem Verhältnis mit dem erwartbaren Ertrag nach der erfolgten Instandsetzung steht.

Für die Initiative Denkmalschutz ein untaugliches Instrument. Es sei benachteiligend für den Altbau, wo Mieteinnahmen gedeckelt sind.

Massiv verärgert zeigt sich angesichts der Causa Kaiserstraße aber vor allem Neubaus Bezirksvorsteher Markus Reiter (Grüne): Noch 2019 hätten die Eigentümer – eine Ordensgemeinschaft, zu der auch das angrenzende Bildungszentrum gehört – im Zuge eines Schulanbaus noch versprochen, dass das 1803 errichtete Haus erhalten bleibe. „Nun bin ich nicht einmal über den Abrissbescheid informiert worden – weder vom Eigentümer noch von der Baupolizei“, sagt er.

Biedermeierhaus schutzlos in der Schutzzone

Markus Reiter (Grüne)

Zwar habe er als Bezirksvorsteher keine Handhabe, den Abriss zu verhindern, sehr wohl hätte er aber seine politischen Möglichkeiten nutzen können, um eine Lösung zu finden.

Am Donnerstag hat Reiter  den Eigentümern einen vorläufigen Stopp der geplanten Abbrucharbeiten sowie einen Runden Tisch mit allen Beteiligten und den Anrainern vorgeschlagen. Ob der Orden einwilligt, ist jedoch noch offen.

Über den Anlassfall hinaus fordert er strengere Regeln zum Erhalt schützenswerter Häuser. Zum Beispiel ein regelmäßiges Monitoring durch die Baupolizei, ob der Eigentümer für die Instandhaltung sorgt.

Derzeit könne man häufig nur aktiv werden, wenn es entsprechende Beanstandungen (etwa durch Bewohner) gebe, betont man bei der Baupolizei (MA 37). Dass der Bezirksvorsteher nicht über den Abrissbescheid informiert wurde, sei indes „menschlichem Versagen“ geschuldet gewesen.

Wien vs. Bund

Im Büro von Wohnbaustadträtin Kathrin Gaál (SPÖ) sieht man nun bemerkenswertweise den Bund in der Verantwortung: „Dieser Fall zeigt einmal mehr, wie vordringlich eine Reform des Mietrechts ist“, sagt eine Sprecherin. „Momentan sind Neubauten im Mietrechtsgesetz bevorzugt, da sie nicht in den Vollanwendungsbereich fallen. Das ist auch einer der Gründe, warum es für Immobilienentwickler langfristig so lukrativ ist, Altbauhäuser abzureißen und durch Neubauten zu ersetzen.“

Der Eigentümer, der zu keiner Stellungnahme erreichbar war, will auf dem Grundstück ein Wohnhaus errichten. Gemäß bestehender Widmung darf auf dem Grundstück nur ein maximal neun Meter hohes Bau entstehen.

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