Betriebshilfe: Wenn die Chefin ins Spital muss
Im Friseursalon Hair Point im 14. Bezirk ist um 10 Uhr Vormittag schon einiges los. Eine Dame lässt gerade mit Folien in den Haaren Farbe einwirken, am Kopf eines Herren wird gerade herumgeschnippelt. Izvorinka Cvetkovic - alle nennen sie nur Jenny - und Nada Cirkovic, ihre Mitarbeiterin im Salon, haben alle Hände voll zu tun. Dazwischen wuselt der kleine weiße Hund Coco herum.
Zwanzig Jahre schon führt Cvetkovic den Salon in der Felzlgasse. "Ich bin als Jugendliche aus Serbien gekommen, habe hier Deutsch gelernt und 1987 mit der Lehre begonnen", erzählt sie. Bald träumte sie davon, sich selbstständig zu machen. "Ich hatte dann auch zwei kleine Kinder, und dachte, ich kann mir die Zeit dann besser einteilen", sagt Cvetkovic und lacht. Natürlich sehr viel leichter gesagt als getan.
Kurzfristiger OP-Termin
Und dann musste sie sich vor 12 Jahren auch noch einer Schilddrüsenoperation unterziehen. "Das ging ganz schnell, innerhalb von sieben Tagen hatte ich den OP-Termin", erinnert sie sich. Eine schnelle Lösung musste her - und damit kam die Betriebshilfe ins Spiel. Denn wenn ein Unternehmer, eine Unternehmerin für mehr als 14 Tage arbeitsunfähig wird - durch Krankheit, Unfall oder Schwangerschaft - stellen die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft und die Wirtschaftskammer Betriebshelfer zur Verfügung, die den Betrieb übergangsweise weiterführen.
"Theoretisch können wir mit der Expertise unserer Betriebshelfer alle Sparten abdecken. Besonders oft kommen unsere Betriebshelferinnen und -helfer aber da zum Einsatz, wo es ein Geschäftslokal gibt - sei es ein Handwerksbetrieb, ein Friseursalon oder eine kleine Boutique", erklärt Kasia Greco, Obfrau der Betriebshilfe der Wirtschaftskammer Wien.
Klein- und Kleinstbetriebe
Das Angebot wird konstant gut angenommen. Rund 40 Einsätze werden im Jahr abgewickelt, mehr als die Hälfte in Ein-Personen-Unternehmen, der Rest in Klein- und Mittelbetrieben. Also überall dort, wo ein längerer Ausfall des Chefs oder der Chefin existenzbedrohend ist, weil er nicht abgefedert werden kann. Bei Izvorinka Cvetkovic war das erst vor wenigen Monaten wieder der Fall. Mitte Dezember bekam sie einen Termin für eine Hüft-OP nur wenige Zeit später Anfang des Jahres. Sechs Wochen würde sie ausfallen. Es musste also wieder schnell gehen.
Aber sie hatte schon jemanden im Kopf: Nada Cirkovic. "Ich kenne Nada schon lange, vor 19 Jahren hat sie bei mir ihre Lehre begonnen." Die Wege trennten sich, doch man blieb immer befreundet. Cirkovics ihrerseits war gerade auf Arbeitssuche. Ihre letzte Anstellung hatte sie gekündigt, um ihre erkrankte Mutter zu pflegen, der es inzwischen wieder besser ging. Und dann kam das Angebot.
Loslassen müssen
Cvetkovic erinnert sich: "Ich habe die Formulare noch im Krankenhaus ausgefüllt, und die Nada konnte sofort anfangen." Das Loslassen fiel ihr zwar nicht leicht, aber das Vertrauen war groß - und der Kontakt eng. "Ich hatte ja im Spital genug Zeit", sagt die Friseurin und lacht. Die Rückmeldungen von Kundenseite war durchwegs positiv. "Ich habe hier hauptsächlich Stammkunden, darum war es auch so wichtig, dass das Geschäft nicht geschlossen wird. Dann wären die Kunden wohl woanders hingegangen - aber so habe ich alle Stammkunden behalten können." Und Nada Cirkovic gehört nun fest zum Hair-Point-Team.
"Wir freuen uns immer, wenn wir Menschen zusammenbringen können", sagt Greco. Viele der Betriebshelferinnen und Betriebshelfer werden nach ihrem Einsatz übernommen. Und dass Unternehmerinnen und Unternehmer manchmal schon konkrete Vorschläge für Betriebshelfer haben, wie im Fall von Cvetkovic, erleichtere und beschleunige die Abwicklung.
Schwierige Suche
Wenn das nicht der Fall ist: dann wird nach der richtigen Person gesucht. "Wir arbeiten eng mit dem AMS zusammen und arbeiten außerdem an einem Programm für Pensionistinnen und Pensionisten." Da ein Einsatz im Schnitt um die 70 Tage dauere, ginge sich das mit den Zuverdienstgrenzen, auf ein Jahr gerechnet, gut aus. Generell könne man aber sagen: "Der Pool an Betriebshelferinnen und Betriebshelfern ist immer zu klein." Und auch Cvetkovic schließt sich mit einem Appell an: "Wir sind momentan zu zweit, aber wir waren auch schon zu fünft. Es ist gerade wirklich schwer, Leute zu finden. Aber wir würden uns sehr über eine Kollegin oder einen Kollegen freuen, der zu uns passt."
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