Misshandlung fiel nicht auf
Am 2. Juni soll Leylana in der kleinen Wohnung in Wien-Liesing von ihrem Vater so stark geschüttelt worden sein, dass sie erbrach. Im Krankenhaus Hietzing wird das Mädchen daraufhin zwar oberflächlich untersucht. Eine Misshandlung fällt aber nicht auf.
"Das Martyrium wiederholt sich zwei Tage später", sagt die Staatsanwältin. "Der Vater kommt nach Hause, schüttelt das Baby wieder, bis es erbricht. Erst als es bewusstlos wird, hört er damit auf." Wenig später laufen Leylanas Lippen blau an. Die Mutter alarmiert die Rettung. Einige Tage später stirbt das Mädchen auf der Intensivstation.
Leylana war kein Wunschkind. Leylanas Mutter, 23 Jahre alt, wurde ungewollt schwanger. Als sie abtreiben wollte, war es bereits zu spät. "Aber als wir erfahren haben, dass das nicht geht, haben wir uns beide auf das Kind gefreut. Wir haben gedacht, es hat einen Grund, warum", schildert die junge Frau. Doch die finanzielle Situation des Paares war trist. Eine Delogierung stand bevor. Das Paar wurde vom Jugendamt und von einer Hebamme betreut.
Schüchtern
Die 23-Jährige ist auffallend zart, ihre langen, dunklen Haare fallen über ihr Gesicht. "Sie ist ein schüchternes, zurückhaltendes Mädchen", beschreibt Verteidiger Timo Gerersdorfer. "Der Erstangeklagte war ihr erster Freund, er ist neun Jahre älter." Und er habe den Ton in der Beziehung angegeben.
"Ich wusste nicht, dass er sie geschüttelt hat", beteuert die junge Frau. Doch das Einvernahmeprotokoll bei der Polizei liest sich anders. Dort hatte sie angegeben, sehr wohl Zeugin des Schüttelns geworden zu sein und ihren Lebensgefährten aufgefordert zu haben, aufzuhören. "Das war eine Falschaussage", erklärt sie im Gericht. Doch die Ungereimtheiten fallen auch den Richtern auf. "Sie haben auch jetzt noch eine moralische Verantwortung gegenüber ihrer Tochter. Überlegen Sie sich gut, was Sie sagen", redet ihr der beisitzende Richter Friedrich Forsthuber ins Gewissen.
Die junge Frau bleibt dabei. Sie habe in der kleinen Ein-Zimmer-Wohnung nichts mitbekommen. "Ich rede jeden Tag mit meinem Kind - auch jetzt noch. Ich streichle sie, sage ihr, wie sehr ich sie liebe."
"Geschämt"
Ihr ehemaliger Lebensgefährte nimmt die Schuld auf sich. "Ja, ich habe sie geschüttelt", erklärt er. "Damit sie ruhig wird." Er habe nicht gewusst, welche Auswirkungen das haben könne. Und er betont: "Ich habe sie geliebt. Ich habe alles für meine Tochter getan."
Doch dass er sein Kind geschüttelt hatte, gab er zunächst nicht zu. "Ich habe mich geschämt. Ich war enttäuscht von mir selbst. Aber jetzt nehme ich alles auf mich."
Drei Mal habe er das Baby geschüttelt. In einem Brief, den er in der U-Haft an seine Lebensgefährtin schrieb, erklärt er allerdings auch, dass die junge Frau geschüttelt haben soll. "Aber nicht so wie ich", schränkt er im Gericht ein. Außerdem schrieb er ihr: "Wir sind keine schlechten Eltern. Das weißt du."
Das wundert die vorsitzende Richterin: "Ihr Kind ist tot".
Fortsetzung der Verhandlung in der kommenden Woche.
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