Amtshaus Donaustadt vor dem Abriss: Nun wird Kritik laut

Amtshaus Donaustadt vor dem Abriss: Nun wird Kritik laut
Die Bezirksvorstehung zog in ein modernes Mietshaus, das Gebäude am Schrödingerplatz soll weichen. Architekten üben nun Kritik: Die Sanierung sei finanziell und energiespartechnisch möglich.

Zugegeben: Es gibt schönere Gebäude in Wien als das ehemalige Amtsgebäude am Schrödingerplatz im 22. Bezirk. Das Haus stammt aus den 1970er-Jahren, es ist ein schmuckloser Brutalismus-Betonbau mit braunen Fensterrahmen. Und es zieht im Winter, Dämmung gibt es keine.

Amtshaus Donaustadt vor dem Abriss: Nun wird Kritik laut

50 Jahre fungierte der Brutalismus-Bau in Kagran als Amtshaus für den 22. Bezirk, nun soll er weichen

50 Jahre war in dem Gebäude nicht nur die Bezirksvorstehung untergebracht, sondern auch das Standesamt, ein Jugendzentrum, die Volkshochschule. Ende vorigen Jahres ist die Bezirksvorstehung aus- und in ihre neue Bleibe eingezogen: ein acht-stöckiges Hochhaus im von den Bauträgern Signa und Are errichteten Gebäudekomplex „Vienna Twentytwo“ am Dr.-Adolf-Schärf-Platz. Dort, bei der U1-Station Kagran, will man „die neue Donaustadt“ entstehen lassen.

Amtshaus Donaustadt vor dem Abriss: Nun wird Kritik laut

Die Bezirksvorstehung befindet sich nun im Vienna Twentytwo

Amtshaus Donaustadt vor dem Abriss: Nun wird Kritik laut

Amtshaus Donaustadt vor dem Abriss: Nun wird Kritik laut

Amtshaus Donaustadt vor dem Abriss: Nun wird Kritik laut

Das alte Amtsgebäude am Schrödingerplatz wird die Stadt abreißen. Was „die Adaptierung auf heutige Standards“ – Stichwort Barrierefreiheit und Wärmedämmung – betrifft, entspreche der Baukörper „nicht den langfristigen Zielen für ein Entwicklungsgebiet in so zentraler Lage“, sagt ein Sprecher der MA 21 (Stadtteilplanung und Flächenwidmung) zum KURIER. Der Bau sei „in die Jahre gekommen und entspricht nicht mehr den heutigen Ansprüchen einer klimagerechten Stadtplanung.“ Zudem sei der Investitionsbedarf hoch, heißt es von der für das Gebäudemanagement zuständigen MA 34.

Roland-Rainer-Erbe

Allerdings: Schon im September des vorigen Jahres sprach sich die Initiative „Bauten in Not“ gegen den bevorstehenden Abriss aus. Nicht nur stehe der Komplex im Erbe der städteplanerischen Ideen des Architekten Roland Rainer, sondern biete eine unglaubliche Anpassbarkeit, sagt Stadtplaner und Architekturhistoriker Norbert Mayr. „Das Amtshaus ist ein extrem flexibles Gebäude. Es hat nur wenige statische Elemente, was bedeutet, dass man die Wände im Inneren so platzieren kann, wie man möchte.“ Das ermögliche eine vielfältige Nutzung.

Für die Volkshochschulen ist das Gebäude ein Unikat, sagen Carina Sacher und Lukas Vejnik, die derzeit an einem Forschungsprojekt zu den Wiener Volkshochulen arbeiten.

Amtshaus Donaustadt vor dem Abriss: Nun wird Kritik laut

Die Volkshochschule befindet sich ebenfalls in dem Gebäude

Amtshaus Donaustadt vor dem Abriss: Nun wird Kritik laut

Der Innenhof wird von der Volkshochschule mitgenutzt

Ganz ähnlich sieht das auch ein Architekten-Duo, das mit solchen Gebäuden Erfahrung hat: „Betonbauten galten lange Zeit als unsanierbar. Die Technologie ist mittlerweile aber so weit, dass man diese Bauten innen mit Recyclingplatten aus Schaumglas dämmen kann“, sagt Anja Fischer vom Studio Beneder und Fischer. Eine Sanierung rentiere sich sowohl finanziell als auch energiespartechnisch.

Dass es funktionieren kann, hat das Duo bei der Generalsanierung des Rathauses in Prinzersdorf in Niederösterreich gezeigt. „Mittlerweile haben wir dort Energieeinsparungen von 40 Prozent. Und wir rechnen mit noch mehr.“

Eine ähnliche Vorgehensweise sei auch für das Amtshaus am Schrödingerplatz denkbar. Man dürfe sich nicht von der abgenutzten Oberfläche täuschen lassen: „Wenn man das Gebäude durchbürsten würde, käme eine Frische zutage, die man in Kagran überhaupt erst einmal suchen müsste“, sagt Fischer. Die Energiebilanz sei eindeutig: „Ein Neubau könnte gar nicht so viel Energie einsparen, wie es für den Abriss des bestehenden Gebäudes und den Wiederaufbau benötigt“, sagt Beneder. Darüber sei sich die Fachwelt längst einig: „Die Nachnutzung von bestehenden Strukturen ist das Nachhaltigste. Nur in der Politik ist das noch nicht angekommen.“

"Klimafit und sozial"

Die Politik, in dem Fall das Ressort von Planungsstadträtin Ulli Sima (SPÖ), will am Schrödingerplatz einen „klimafitten Stadtteil“ bauen. Mit „leistbarem Wohnraum und vielen Begegnungen“, wie es heißt. Auf Nachfrage konkretisiert man: Sozial- und Kultureinrichtungen, eine Bücherei, ein Jugendzentrum und ein Veranstaltungssaal, Grünraum mit schattenspendenden Bäumen und Beeten. Die Stadt spricht von einem „bestmöglicher Nutzungsmix in angemessener Höhe und Dichte“. Noch heuer will man mit der Umwidmung beginnen.

Die Bezirksvorstehung ist befristet im Vienna Twentytwo eingemietet. Wie hoch die Miete ist, will man aus Datenschutzgründen nicht sagen. Von der amtssachverständigen Dienststelle der Stadt sei sie als „angemessen“ bewertet worden, heißt es zum KURIER.

Kommentare