Akademikerball: Schwere Krawalle nach Demo
Der Wiener Verfassungsschutzchef Erich Zwettler hatte leider recht mit seiner düsteren Prognose, wonach diesmal besonders gewaltbereite Demonstranten gegen den Akademikerball der FPÖ Wien zu erwarten seien. Freitag zogen unter anderem deutsche Anarchos eine Spur der Verwüstung durch die Wiener City und attackierten Polizisten in einem noch nie dagewesenen Ausmaß. Der Schaden geht laut Polizei "in die 100.000 Euro".
Es gingen zahlreiche Auslagen zu Bruch. Eine wurde geplündert. Unter den Opfern waren prominente Adressen wie das „Schwarze Kameel“: Während Gäste dinierten, barsten die Fenster. Und selbst bei der Bundespolizeidirektion am Schottenring schlugen vorerst Unbekannte Fenster ein, zerstörten zumindest ein Polizeiauto.
Bilder: Proteste gegen rechten Burschenschafterball
Polizisten gerieten zwischen die Fronten, und wurden plötzlich von beiden Seiten angegriffen. Die Verletztenbilanz: 17 auf Seiten der Demonstranten und fünf bei der Polizei.
Die Anarchos splitterten sich nach der Auseinandersetzung am Stephansplatz rund um die Hofburg auf. Bei der Albertina durchbrachen sie eine Straßensperre, vor dem Parlament veranstalteten sie ein illegales Feuerwerk. Vor dem Burgtheater versuchten sie, eine Sperre zu durchbrechen. Aber hier schaltete die Polizei auf stur: Denn die offizielle Demo-Zeit war längst abgelaufen. Nach dem Paragrafen „Landfriedensbruch“ kesselten Beamte die Demonstranten ein. Per Lautsprecher wurden sie aufgefordert, die Versammlung zu verlassen. Polizei-Kräfte kreisten auch vor der dem Parlament rund hundert Personen ein, kontrollierten dann ihre Ausweise.
Angriffsziel
Es gab auch den Einsatz von Pfefferspray und insgesamt 14 Festnahmen. Ebenso wird erst später eine kriminalpolizeiliche Analyse zeigen, wie viele der 6000 Demonstranten gewaltbereit waren.
Ans eigentliche „Angriffsziel“ kamen sie diesmal wegen der weitläufigen Absperrungen nicht heran. Aber an allen Schauplätzen kam es zu Sachbeschädigungen laut Polizeisprecher Roman Hahslinger in einem „noch nie dagewesenen Ausmaß“.
Polizeiaktion vor der Akademie der Bildenden Künste
Gegen 22 Uhr zog sich der harte Kern in die Akademie der Bildenden Künste am Schillerpark zur „Afterparty“ zurück. Doch gerade unter diesen Teilnehmern ortete die Polizei aufgrund ihrer Erkenntnisse der Doku-Trupps die meisten der erkannten Gewalttäter. Daher wurde die Akademie von Sondereinheiten umstellt und die Teilnehmer wurden zum Herauskommen aufgefordert – andernfalls würden die Polizisten hineingehen.
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Bilder: Die FPÖ tanzt
Noch nie war ein eintägiger Einsatz der Polizei teurer. Um Demonstranten, Burschenschafter und die Besucher des umstrittenen FPÖ-Akademikerballs in der Wiener Hofburg zu trennen, wurden gestern, Freitag, 2000 Beamte aus ganz Österreich zusammengezogen. Dieser Einsatz soll in etwa so viel kosten wie jener beim zweitägigen Besuch von US-Präsidenten Georg W. Bush im Jahre 2006, bestätigen Polizei-Insider dem KURIER.
Pro Beamten sind durchschnittlich 300 Euro für Überstunden zu berechnen, heißt es. In Summe werden allein diese Personalkosten knapp 600.000 Euro ausmachen. Dazu kommen noch Ausgaben für Hubschrauber oder diverse Spezialfahrzeuge (wie den Wasserwerfer oder den Polizei-Panzer) und die Übernachtungskosten für die rund 400 Beamten aus den Bundesländern.
„Eine Million Euro als Gesamtkosten sind sicher keine falsche Zahl“, heißt es aus Polizeikreisen. Selbst bei den Opernballdemonstrationen wurden nur rund 1000 Beamte eingesetzt, also halb so viele wie jetzt beim Akademikerball. Kostenintensiver waren nur die mehrtägigen Einsätze rund um den Weltwirtschaftsgipfel in Salzburg und die Fußball-Europameisterschaft in Wien.
„Gefährdungslage“
Grund für diesen enormen Aufwand war, dass die Verfassungsschützer diesmal von einer erhöhten Gefährdungslage ausgingen. Allein 13 Sachbeschädigungen wurden schon in den Tagen vor der Demo gezählt, sie betrafen vor allem Burschenschafter-Lokale sowie ein Polizeifahrzeug. Auch mehrere Internetseiten von Burschenschaften waren Opfer von gezielten Attacken. Vereinzelt wurden Warnschilder in der Innenstadt überklebt – mit Bildern, die prügelnde Polizisten zeigten.
Unterstützung für die heimische Exekutive gab es im Vorfeld auch von der deutschen Polizei. Einer der angekündigten Busse mit Demonstranten wurde in München von 15 Fahrzeugen gestoppt und durchsucht. Auch nahe Salzburg filzte die heimische Exekutive den gleichen Demo-Bus aus München.
Keine Prominenz
Einen Teilerfolg scheinen die Proteste zu erzielen. In diesem Jahr war laut EU-Parlamentarier Andreas Mölzer (FPÖ) keine internationale Prominenz zu Gast. In den vergangenen Jahren besuchte etwa die bekannte französische Rechts-außen-Politikerin Marine Le Pen den Burschenschafterball. Prominentester Besucher war diesmal FP-Chef Heinz-Christian Strache, der frischgebräunt von den Malediven anreiste und sich auch mit einer Videobotschaft vom Ball zu Wort meldete. Es sei bedenklich, dass "Linke und Linksextremisten" gegen einen Wiener "Traditionsball" mobilisierten, kritisierte er. Den Ball werde man auch in Zukunft "mit Sicherheit nicht" aufgeben.
"Ende der Pressefreiheit"
Für Debatten sorgte das von der Polizei verhängte Vermummungsverbot. Grün-Mandatar Harald Walser meinte: „Das ist verfassungswidrig und führt zur Eskalation statt zur Deeskalation.“ Das Platzverbot galt auch für Journalisten, was harsche Kritik zur Folge hatte. Der ORF-Redakteursrat wandte sich am Freitag mit einem offenen Brief an den Wiener Polizeipräsidenten Gerhard Pürstl. Darin wurde gefordert, die Berichterstattung nicht zu behindern und "Journalisten den ungehinderten Zutritt zu ermöglichen". Ähnlich äußerte sich der Redakteursrat der Privatsender Puls 4, ProSieben Austria und Sat1 Österreich. Die Polizei begründet edas Platzverbot mit "der potenziellen Gefährdungslage".
Auch Reporter ohne Grenzen (ROG) übt escharfe Kritik an der Polizei. "Das ist das Ende der Pressefreiheit", erklärt ROG Österreich-Präsidentin Rubina Möhring. Akkreditierte Medienvertreter durften den abgesperrten Bereich nur von 20.15 bis 20.45 Uhr und in Begleitung eines Pressesprechers der Polizei betreten.
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